Einmal quer durch`s Fahrverbot mit dem OLG Bamberg

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 16.12.2016
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|2375 Aufrufe

Diese Entscheidung liegt schon ein paar Monate zurück. Ich habe sie gerade im Rahmen anderer Recherchen auch nur zufällig gefunden. Es geht um den Fall eines Beharrlichkeitsfahrverbots nach Geschwindigkeitsverstößen. Etwa 14 Monate lagen zwischen der ersten Tat (30 km/h zu viel außerorts) und der Anlasstat (29 km/h Überschreitung). Anhan dieses Falles hat das OLG Bamberg einmal einen ganzen Rundumschlag an Leitsätzen produziert. Da die Leitsätze schon sehr ausführlich geraten sind, sollen auch nur diese hier eingerückt werden. Dabei geht es sowohl um die Frage der Beharrlichkeit (Leitsätze 1-3) als auch um die nötige kritische Würdigung von entlastenden Einlassungen des Betroffenen (Leitsatz 4):

1. Für die Verwirkung eines bußgeldrechtlichen Fahrverbots aufgrund eines Regelfalls im Sinne der §§ 25 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. StVG i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV kommt es weder darauf an, ob sich der neuerliche Verkehrsverstoß zugleich als Regelfall nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BKatV darstellt noch darauf, dass der Betroffene bislang erst eine einschlägige Voreintragung aufweist oder darauf, dass die Jahresfrist des § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV nur knapp unterschritten worden ist (amtlicher Leitsatz)

2. Dass der Betroffene als ‚Vielfahrer‘ berufsbedingt verstärkt am Straßenverkehr teilnimmt und nunmehr erst zum zweiten Mal wegen eines einschlägigen Verstoßes auffällig geworden ist, rechtfertigt ein Abweichen von der Regelahndung auch in Verbindung mit der Annahme einer günstigen Prognose hinsichtlich des künftigen Verkehrsverhaltens grundsätzlich nicht (u. a. Festhaltung an OLG Bamberg, Beschluss vom 01.12.2015 - 3 Ss OWi 834/15 = StraFo 2016, 116). (amtlicher Leitsatz)

3. Die Wertung eines Pflichtenverstoßes als beharrlich im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. StVG setzt nicht ausnahmslos die Feststellung wenigstens einer rechtskräftig abgeschlossenen Ahndung einer früheren Zuwiderhandlung im Zeitpunkt der neuerlichen Tat voraus. Häufig kann und wird es genügen, wenn dem Betroffenen vor der neuen Tat das Unrecht einer früheren Tat auf andere Weise bewusst geworden ist, etwa dann, wenn er durch die Zustellung eines Bußgeldbescheids positive Kenntnis von der Verfolgung der früheren Ordnungswidrigkeit erlangt hatte (OLG Bamberg, Beschluss vom 16.03.2015 - 3 Ss OWi 236/15 = VerkMitt 2015, Nr. 35 = DAR 2015, 392 = OLGSt StVG § 25 Nr. 59 m. w. N.). (amtlicher Leitsatz)

4. Angaben eines Betroffenen, es drohe bei Verhängung eines Fahrverbots der Verlust seiner wirtschaftlichen Existenzgrundlage, dürfen vom Tatgericht nicht ungeprüft übernommen werden. Vielmehr ist ein derartiger Vortrag nach st. Rspr.. vom Tatrichter kritisch zu hinterfragen, um das missbräuchliche Behaupten eines Ausnahmefalles auszuschließen. Zugleich wird das Rechtsbeschwerdegericht nur so in die Lage versetzt, die Rechtsanwendung nachzuprüfen (u. a. Anschluss an OLG Bamberg, Beschlüsse vom 11.04.2006 - 3 Ss OWi 354/06 = ZfS 2006, 533 = DAR 2006, 515 = VRS 111 [2006], 62 = SVR 2007, 65 und vom 28.12.2015 - 3 Ss OWi 1450/15 = BA 53 [2016], 192 = ZfS 2016, 290; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 10.12.2015 - 1 Ss Bs 57/15 = ZfS 2016, 294; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.07.2015 - 1 RBs 200/14 [bei juris]; KG, Beschluss vom 25.03.2015 - 162 Ss 4/15 [bei juris]). (amtlicher Leitsatz)

OLG Bamberg Beschl. v. 22.7.2016 – 3 Ss OWi 804/16, BeckRS 2016, 18783

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