Basiswissen StGB/StPO: Verjährung und Durchsuchung

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 02.01.2017
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|4095 Aufrufe

Im Rahmen des "Basiswissens" stelle ich immer Entscheidungsauszüge des BGH wieder, die textbausteinmäßig daherkommen und somit gut von Verteidigern/Gerichten genutzt werden können. Heute mal etwas zur Frage, wie konkret eigentlich ein Durchsuchungsbeschluss gefasst sein muss, vor allem um die Verjährung zu unterbrechen:

a) Nach der Vorschrift des § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB wird die Verjährung
durch jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung
unterbrochen, auch wenn diese gegen einen Dritten ergeht (vgl. BGH,
Urteil vom 22. August 2006 – 1 StR 547/05, Rn. 15, insoweit in NStZ 2007, 213
nicht abgedruckt; Beschluss vom 1. August 1995 – 1 StR 275/95, BGHR StGB
§ 78c Abs. 4 Bezug 1). Die rechtliche Fehlerhaftigkeit einer richterlichen Anordnung
lässt die dieser Anordnung zukommende Unterbrechungswirkung unberührt,
solange die Mängel nicht so schwer wiegen, dass sie die Unwirksamkeit
der Anordnung zur Folge haben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Oktober 1980
StB 29-31/80, BGHSt 29, 351, 357 f.; Urteil vom 9. April 1997 – 3 StR 584/96,
BGHR StGB § 78c Abs. 1 Nr. 7 Eröffnung 1; Beschluss vom 19. Juni 2008
3 StR 545/07, NStZ 2009, 205, 206; Schmid in LK-StGB, 12. Aufl., § 78c
Rn. 9 mwN). Von einer solchen eine Verjährungsunterbrechung ausschließenden
Unwirksamkeit der Anordnung geht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
bei richterlichen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen
aus, die den verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an die Konkretisierung
des Tatvorwurfs nicht genügen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. April 2000
5 StR 226/99, BGHR StGB § 78c Abs. 1 Nr. 4 Durchsuchung 1; vom 27. Mai
2003 – 4 StR 142/03, NStZ 2004, 275; Urteil vom 22. August 2006 – 1 StR
547/05, NStZ 2007, 213; Beschluss vom 25. April 2006 – 5 StR 42/06, wistra
2006, 306).

b) Angesichts der Schwere des mit einer Durchsuchung verbundenen
Eingriffs in das Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG ist der Richter zur Wahrung
der ihm durch den Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG zugewiesenen
Kontrollfunktion verpflichtet, durch eine geeignete Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses
im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sicherzustellen,
dass der Eingriff in die Grundrechte messbar und kontrollierbar bleibt. Der
Durchsuchungsbeschluss muss insbesondere den Tatvorwurf so umschreiben,
dass der äußere Rahmen abgedeckt wird, innerhalb dessen die Zwangsmaß-
nahme durchzuführen ist.
Dies versetzt den Betroffenen zugleich in den Stand,
die Durchsuchung seinerseits zu kontrollieren und etwaigen Ausuferungen im
Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten von vornherein entgegenzutreten (vgl.
BVerfGE 42, 212, 219 ff.; 44, 353, 371 f.; 103, 142, 151 f.). Um die Durchsuchung
rechtsstaatlich zu begrenzen, muss der Richter die aufzuklärende Tat,
wenn auch kurz, doch so genau umschreiben, wie es nach den Umständen des
Einzelfalls möglich ist. Hierfür sind jedenfalls knappe, aber aussagekräftige Tatsachenangaben
erforderlich, welche die wesentlichen Merkmale des gesetzlichen
Tatbestands berücksichtigen, die die Strafbarkeit des zu subsumierenden
Verhaltens kennzeichnen (vgl. BVerfG, NStZ 2002, 212; NJW 2006, 2974;
StraFo 2006, 450). Mängel in der Beschreibung der aufzuklärenden Tat können
durch die Bezeichnung der zu suchenden Beweismittel ausgeglichen werden,
sofern diese Rückschlüsse auf den konkreten Tatvorwurf zulassen (vgl. BVerfG,
NJW 2002, 1941, 1942; StraFo 2004, 413; NStZ-RR 2005, 203, 204; BVerfGK
14, 90). Für das Maß der erforderlichen Tatkonkretisierung können schließlich
auch außerhalb des Durchsuchungsbeschlusses liegende Umstände, wie etwa
die Kenntnis des Betroffenen vom Tatvorwurf, Bedeutung erlangen (vgl.
BVerfGE 20, 163, 227; 42, 212, 222; 44, 353, 372; BVerfG, Beschluss vom
16. Oktober 2002 – 2 BvR 1306/02). Ein Durchsuchungsbefehl, der keinerlei
tatsächliche Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs enthält und der zudem
den Inhalt der konkret gesuchten Beweismittel nicht erkennen lässt, wird
rechtsstaatlichen Anforderungen jedenfalls dann nicht gerecht, wenn solche
Kennzeichnungen nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen ohne weiteres
möglich und den Zwecken der Strafverfolgung nicht abträglich sind (vgl.
BVerfGE 42, 212, 220; 44, 353, 371; BVerfG, wistra 2009, 227 mwN).

BGH, Urteil vom 10.11.2016 - 4 StR 86/16 

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