Gesamtstrafenfähige Einzelgeldstrafe und Einzelfreiheitsstrafe: Trotzdem keine Gesamtstrafenbildung?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 28.01.2017
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|3271 Aufrufe

Der BGH musste sich mit einem Fall befassen, in dem mehrere Gesamtstrafenprobleme eine Rolle spielten, so etwa die unbeliebte "Zäsurwirkung". Aber auch die Problematik des Absehens von einer eigentlich vorzunehmenden Gesamtstrafenbildung hat der BGH behandelt. Da ist es ja oft so, dass sich gerichte schwer tun, alte Geldstrafen einfach in einer aufgrund einer neuen umfassenderen Freiheitsstrafe  zu bildenden Gesamtfreiheitsstrafe verschwinden zu lassen. Für den Laien im Strafrecht hierzu ein erfundenes Beispiel: Der gut verdienende Angeklagte hatte zunächst eine Trunkenheitsfahrt begangen, für die er mit 30 Tagessätzen zu je 150 Euro verurteilt wurde. Später beging er eine gesamtstrafenfähige Vergewaltigung, für die er 3 Jahre Freiheitsstrafe kassiert. Wird nun eine Gesamtfreiheitsstrafe gebildet, so wäre diese vielleicht 3 Jahre und 1 Woche. Manch einer sagt dann: "Die 1 Woche extra merkt der doch gar nicht mehr! Dann lassen wir einfach mal die Strafen einzeln bestehen, damit es auch schön weh tut." Ist aber nicht immer richtig. Der BGH dazu:

Ob beim Zusammentreffen einer Einzelfreiheitsstrafe mit Einzelgeldstrafen
eine Gesamtfreiheitsstrafe gebildet wird oder eine Geldstrafe oder Gesamtgeldstrafe
selbstständig neben der Freiheitsstrafe ausgesprochen wird,
liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (vgl. BGH, Urteil vom
17. Januar 1989 – 1 StR 730/88, BGHR StGB § 53 Abs. 2 Einbeziehung 1; Beschluss
vom 3. Dezember 2007 – 5 StR 504/07, NStZ 2009, 27). Dabei hat das
Gericht unter Berücksichtigung der allgemeinen Strafzumessungserwägungen
zu prüfen, ob eher eine längere Gesamtfreiheitsstrafe oder eine kürzere Freiheitsstrafe
neben einer Geldstrafe den Strafzwecken entspricht (vgl. BGH, Beschlüsse
vom 17. Dezember 2014 – 4 StR 486/14, NStZ 2015, 334 und vom
11. Juni 2002 – 1 StR 142/02, NStZ-RR 2002, 264; SSW-Eschelbach, StGB,
3. Aufl., § 53 Rn. 14). Aus Wortlaut und Systematik des § 53 Abs. 2 StGB
ergibt sich, dass die selbstständige Verhängung einer Geldstrafe neben einer
Freiheitsstrafe die Ausnahme bildet (vgl. SSW-Eschelbach aaO Rn. 13); sie
bedarf daher – anders als der Regelfall der Gesamtstrafenbildung (vgl. BGH,
Beschluss vom 7. Oktober 2010 – 1 StR 484/10, wistra 2011, 19) – regelmäßig
besonderer Begründung (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl., § 53 Rn. 5 mwN). 

 BGH, Beschluss vom 7.12.2016 - 1 StR 358/16 

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