„Gehörsrügefalle“

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 10.05.2017
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht10|67122 Aufrufe

Den Begriff der Vollmachtsfalle kennt man ja schon. Gemeint sind hier Fälle, in denen eigentlich gar keine Falle gestellt wird, sondern etwa irgendwie beschränkte Vollmachten vorgelegt werden. Oder auch gar keine. In der Rechtsprechung findet sich dann gerne der unschöne Begriff der Falle. Eigentlich vertraut aber der Verteidiger in diesen Fällen nur darauf, dass die Richterin/der Richter/die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter der Verwaltungsbehörde die Akte nicht so richtig liest...und daraufhin einen Fehler macht, der schließlich zu einer Verjährung führt.

Nun scheint sich ein neuer Begriff gefunden zu haben: "Gehörsrügenfalle". Worum geht`s da? Gemeint sind hier wohl die Fälle, in denen der Verteidiger versucht, in Schriftsätzen versteckt irgenwelche Anträge zu stellen, die vom Amtsgericht übersehen werden sollen. In der Vergangenheit ging es etwa um lange, eng und klein gedruckte Schriftstücke, die kurz vor dem HVT an das Gericht gefaxt wurden. Das OLG Düsseldorf hatte einen Fall, in dem der Verteidiger wohl dem Betroffenen schöne Worte in den Mund gelegt hat:

I.
Die Stadt M. hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße von 132 Euro festgesetzt. Das Amtsgericht hat dessen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid gemäß § 74 Abs. 2 OWiG verworfen, nachdem der Betroffene im Hauptverhandlungstermin ohne Entschuldigung ausgeblieben war. Hiergegen richtet sich sein Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

Bei Verhängung einer Geldbuße von nicht mehr als 250 Euro ohne Nebenfolge ist die Rechtsbeschwerde nur zuzulassen, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben (§ 80 Abs. 1 OWiG). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

41. Die Gehörsrüge stützt sich auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Verteidigers und ist daher unzulässig.

a) Der Gehörsrüge liegt das folgende Verfahrensgeschehen zugrunde:

Der Verteidiger hatte mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2016 mitgeteilt, er gebe eine Erklärung des Betroffenen weiter. Diese in den Schriftsatz in wörtlicher Rede eingerückte „Erklärung des Betroffenen“ lautet wie folgt (Schreibfehler und fehlende Wörter so auch im Original):
„Ich (Name/Wohnort) sehe mich entsprechend dem Bußgeldbescheid der Stadt M. dem Vorwurf ausgesetzt, am 02.12.2015 um 12.18 Uhr in M. eine Ordnungswidrigkeit begangen zu haben. Ich soll auf der A 46 bei Kilometer 43,686 in Richtung N. als Fahrer meines PKW statt mit der angeblich erlaubten Geschwindigkeit von 80 km/h mit einer Geschwindigkeit von 112 km/h gefahren sein, was zu dem Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 32 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften nach dem Bußgeldbescheid geführt hat. Hierzu stelle ich klar, dass ich den erhobenen Vorwurf zurückweise. So schnell bin ich nicht gefahren. Wie man auf dem Beweisfotos sieht, blicke ich im Augenblick der Auslösung der Kamera des Geschwindigkeitsmesssystems nach unten. Ich blicke nämlich auf den Tacho. Ich weiss deshalb, dass ich mit einer Geschwindigkeit von genau 100 km/h unterwegs war. Eine Geschwindigkeitsüberschreitung dieses Ausmaßes räume ich ein. Sie mag in dem vorgesehenen Umfang ausgeurteilt werden mit der Geldbuße unterhalb der Eintragungsgrenze.
Ich wiederhole, dass ich so schnell nicht unterwegs war. Es muss deshalb eine Falschmessung oder ein Fehler im System vorliegen. Zunächst mache ich mir den Hinweis meines Verteidigers in dessen Schreiben vom 07.06.2016 an die Stadt M. zu eigen. Den Hinweisen des Herstellers V. in W. ist zu entnehmen, dass Schulungsnachweise des Herstellers nur für drei Jahre gelten. Auch andere Hersteller von (angeblich) standardisierten Messverfahren haben solche Vorschriften. Da dies zutrifft, kann Entsprechendes auch nur zur Schulungsnachweise des Landesamts der Polizei in Nordrhein-Westfalen gelten. Danach war der Beamte S. bei dem Einsatz am 02.12.2015 nicht geschult. Ich halte es insoweit für bezeichnend, dass die Stadt M. trotz einer entsprechend geäußerten Bitte auf diesen Gesichtspunkt nicht eingegangen ist. Ich bitte das Gericht darum, sich hiermit gegebenenfalls zu beschäftigen.
In der Akte existiert das Messprotokoll, das der Beamte S. unterschrieben hat. Darin heisst es, er habe „Eichsiegel/Sicherungsmarken überprüft“, diese seien „in Ordnung“ gewesen. Das kann nicht sein. Eichsiegel und Sicherungsmarken kann der Beamte nämlich schon deshalb nicht überprüft haben, weil das Gerät solche Einrichtungen nach dem damaligen Eichrecht nicht hatte. Es verfügt vielmehr über einen Hauptstempel und Sicherungsstempel. Wer also beispielsweise nach einem Eichsiegel sucht, wird ein Eichsiegel nicht finden. da es ein Eichsiegel nicht gibt. Dementsprechend muss ich befürchten, dass der PHK S. sich lediglich den Text des Vordruckes zu eigen und den Text mit einem Kreuz im Kästchen bestätigt hat, ohne eine eigene Überprüfung vorzunehmen.
Merkwürdig kommt auch der Eichschein in der Akte daher. Aussteller des Eichscheins ist die hessische Eichdirektion (Blatt 7), die derartige Eichscheine in die Welt setzt. Gestempelt ist der Eichschein mit dem Dienstsiegel der hessischen Eichdirektion. Die Unterschrift hat geleistet der Eichoberrat Sch. Mein Verteidiger hat mir erklärt. dass er aus anderen Verfahren weiss, dass Herr Sch. Eichoberrat ist. Aus dem Eichschein ergibt sich kein Hinweis auf die Durchführung einer Eichung im Sinne der Beschaffenheitsprüfung und der messtechnischen Prüfung, die bei Nacheichungen durchzuführen sind. Vielmehr verweist der Eichschein nur auf eine Anlage. Die Anlagen sind aber nicht Bestandteil der Eichscheine, weil der Eichschein im Sinne einer Selbstbindung festhält, dass „Eichscheine ohne Unterschrift und Dienstsiegel (…) keine Gültigkeit“ haben. Dementsprechend beantrage ich, den Eichoberrat Sch., zu laden über die hessische Eichdirektion (Anschrift) als Zeugen dazu zu vernehmen, dass eine Eichung des Gerätes in Wirklichkeit am 15.10.2015 in dem Sinne nicht durchgeführt worden ist, dass nämlich keine Beschaffenheitsprüfung und keine messtechnische Prüfung erfolgreich durchgeführt wurden.
Die an Ort und Stelle eingesetzten Polizeibeamten sind der PHK S. und der POK G. Auch Herr G. war an Ort und Stelle anwesend, wie dem Umstand zu entnehmen ist, dass auch für ihn eine Ausbildungsbescheinigung vorgelegt wurde, die allerdings vollkommen veraltet ist und das Datum des 05.03.2010 trägt. Die Beamten haben ihre Dienststelle im Verkehrsdienst H. und gehören zum PP D. und dort zur Direktion Verkehr (Inspektion 3). Weder der PHK S. noch der POK G. haben überprüft, ob eine ordnungsgemäße Datei überhaupt vorliegt. Vielmehr haben sie nach dem Ende ihrer Sitzung am 02.12.2015 die Daten auf einen USB-Stick „gezogen“, sind anschließend zurück zur Dienststelle gefahren und haben dann den USB-Stick mit dem Messprotokoll im ersten Stockwerk (Flur, Flur links, Zimmer geradeaus) an dem Schreibtisch abgelegt, der der Tür gegenübersteht. Dort befindet sich nämlich eine Ablage, in welche die in dieser Dienststelle tätigen Beamten die Messprotokolle und die Sticks legen. Von dort hat sie ein anderer Beamter genommen und ist in ein gegenüberliegendes Zimmer gegangen, wo ein anderer PC steht. Dort hat er, ohne die Daten im Einzelnen anzusehen, die Daten auf den dort stehenden Server geladen. Ich beantrage deshalb, diesen weiteren Polizeibeamten, dessen Name sich aus den Einsatzplänen der Dienststelle ergibt und ihn deshalb ohne Weiteres durch einen Anruf bei der Leitung der Verkehrsdirektion ermittelt werden kann, als Zeugen zu vernehmen, dass er sich die einzelnen Dateien der Sitzung der Herren G. und S. bei der Übertragung nicht angesehen hat.
Die Daten wurden anschließend wiederum auf einen Datenträger überspielt und dann der Stadt M. übersandt worden. Das ist in der körperlichen Form der Versendung eines USB-Sticks oder eines anderen Datenträgers (CD oder DVD) geschehen oder in abweichender Form, sofern zwischen dem Dienst in H. und der Stadt M. eine Datenfernübertragung eingerichtet worden ist. Insoweit handelt es sich nicht um die Originaldaten. Ich beantrage deshalb. Frau H., Sachbearbeiterin in der Stadt M. und über diese zu laden (Adresse in der Akte), als Zeugin dazu zu vernehmen, dass Frau H. bei der Bearbeitung des mich betreffenden Vorganges nicht die Original-Messdatei gesehen und auf Richtigkeit der Sicherheitssymbole überprüft hat.
Bei dem Amtsgericht steht Hauptverhandlungstermin an am 19.12.2016. Angesichts der dargelegten Umstände würde ich es für nutzlos halten, zur Wahrnehmung dieses Termins von meiner Wohnung aus zum Amtsgericht nach R. zu fahren. Ich könnte nämlich in einem Termin nicht mehr als das sagen, was ich hiermit ausgeführt habe. Dazu muss ich aber nicht anwesend sein, weil ich eben schon das gesagt habe, was aus meiner Sicht zu sagen war. Weitere Erklärungen könnte und würde ich auch in einem Termin nicht abgeben.
Ich bitte darum, meine hiermit insgesamt gestellten Anträge zu bescheiden in absehbarer Zeit. Natürlich steht es mir nicht zu, dem Gericht eine Frist zu setzen. Ich bitte aber dringend darum, jedenfalls meinem Verteidiger eine Entscheidung bis zum 01.12.2016 zukommen lassen, damit mein Verteidiger und ich die Verteidigung eventuell entsprechend weiter einrichten können.“

Das Amtsgericht hat die „insgesamt gestellten Anträge“ weder bis zum 1. Dezember 2016 noch danach beschieden. Es hat den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid gemäß § 74 Abs. 2 OWiG verworfen, nachdem der Betroffene im Hauptverhandlungstermin vom 19. Dezember 2016 ohne Entschuldigung ausgeblieben war. Auch der Verteidiger war in der Hauptverhandlung nicht anwesend.
 

Aus den Ausführungen in dem vorletzten Abschnitt der zitierten Erklärung wird in der Antragsbegründung hergeleitet, der Betroffene habe „mit seiner eigenen und von dem Verteidiger wiedergegebenen Erklärung“ einen Antrag auf Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen gestellt. Die Nichtbescheidung dieses Entbindungsantrags stelle eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar.

b) Die zitierte Erklärung hat in Wahrheit nicht der Betroffene, sondern der Verteidiger selbst verfasst. Der von dem Verteidiger teils in naiver Sprache formulierte Text enthält in der Sache typisches Verteidigervorbringen, das Vorkenntnisse zu den grundsätzlichen Abläufen bei standardisierten Messverfahren wie auch zu der konkreten Fallbearbeitung gerade bei der Autobahnpolizei in H. voraussetzt. Der Kunstgriff, das Verteidigervorbringen dem Betroffenen als dessen vermeintlich eigene Erklärung in den Mund zu legen, dient wesentlich dem Zweck, durch bewusst unklare und verklausulierte Formulierungen eine „Gehörsrügefalle“ zu schaffen.

Diese Vorgehensweise des Verteidigers ist bereits aus einer Reihe von Bußgeldsachen bekannt, die bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf in zweiter Instanz anhängig waren. So war der 1. Senat für Bußgeldsachen in den Verfahren IV-1 RBs 135/14, 193/14, 197/14, 56/15, 119/15 und 16/16 schon mehrfach mit einem gleichgelagerten Prozessverhalten des Verteidigers befasst, welches jeweils dadurch gekennzeichnet war, dass ein etwaiges Entbindungsbegehren bewusst unklar und verklausuliert in eine so bezeichnete eigene „Erklärung des Betroffenen“ eingekleidet wurde, um sodann aus der Nichtbescheidung des vermeintlichen Antrags eine Gehörsrüge herzuleiten.

Der erkennende Senat teilt die Auffassung des 1. Senats für Bußgeldsachen, dass sich diese Vorgehensweise des Verteidigers als Missbrach prozessualer Rechte darstellt, da sie verfahrensfremden oder verfahrenswidrigen Zwecken dient (vgl. dazu im Allgemeinen: BGH NJW 2006, 708; NStZ 2007, 49; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., Einl. Rdn. 111; zu einem rechtsmissbräuchlich gestellten „Entbindungsantrag“: OLG Rostock NJW 2015, 1770; OLG Hamm NStZ-RR 2015, 259).
Der Verteidiger wäre hier ohne Weiteres in der Lage gewesen, einen klaren und eindeutig als solchen erkennbaren Entbindungsantrag zu stellen. Die dafür erforderliche schriftliche Vertretungsvollmacht hatte ihm der Betroffene erteilt. Es ist kein sachlicher Grund für das von dem Verteidiger auch im vorliegenden Verfahren gewählte Vorgehen ersichtlich, eine eigene Erklärung des Betroffenen vorzutäuschen und ein darin verstecktes Entbindungsbegehren unkommentiert an das Gericht „weiterzugeben“.

Bei der Abfassung der ein Entbindungsbegehren verschleiernden „Erklärung des Betroffenen“ bestand auch nicht ernsthaft die Absicht, eine Entbindung des Betroffenen von dessen Anwesenheitspflicht in der Hauptverhandlung zu erreichen. Hierfür spricht nicht nur die unklare und verklausulierte Wortwahl, bei der in dem betreffenden Absatz anders als bei den vor der Hauptverhandlung mitgeteilten Beweisanregungen („ich beantrage“) die Formulierung eines bestimmten Antrags gerade vermieden wurde, sondern auch der Umstand, dass der Verteidiger nach Ablauf der benannten Frist (1. Dezember 2016) trotz Ausbleibens einer gerichtlichen Reaktion nichts mehr unternommen hat, um vor dem Hauptverhandlungstermin vom 19. Dezember 2016 auf eine Entbindungsentscheidung hinzuwirken. Auch hat er nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, im Hauptverhandlungstermin zu erscheinen und dort noch einen Entbindungsantrag zu stellen.

Dies verdeutlicht, dass es bei dem Kunstgriff mit der vorgespiegelten „Erklärung des Betroffenen“ wesentlich darum ging, eine „Gehörsrügefalle“ zu schaffen. Eine solche Zweckverfolgung verstößt indes gegen das prozessuale Missbrauchsverbot und verdient keinen Rechtsschutz. Eine Verfahrensrüge, die aus einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten hergeleitet wird, ist unzulässig (vgl. BGH NStZ 2007, 49, 51).

Im Übrigen bemerkt der Senat, dass sich das rechtsmissbräuchliche Verhalten des Verteidigers nicht mit dessen Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) vereinbaren lässt.

Zudem dürfte es nicht im Interesse des Mandanten liegen, eine auf Irreführung des Tatrichters und Schaffung einer „Gehörsrügefalle“ angelegte Prozesstaktik, die bei dem Rechtsbeschwerdegericht in gleichgelagerten Fällen schon mehrfach gescheitert ist, gleichwohl fortzusetzen.

OLG Düsseldorf Beschl. v. 25.4.2017 – 2 RBs 49/17, BeckRS 2017, 108404

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10 Kommentare

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Der Begriff des "Fallenstellens" ist hierfür doch sehr angemessen, und genauso die am Ende der Entscheidung geäußerten Bedenken des Senats, ob sich ein solches rechtsmissbräuchliches Verhalten mit der Stellung des RA als Organ der Rechtspflege vereinbaren lässt.

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Wären die Anträge und der Sachvortrag bei klar strukturiertem Vortrag tatsächlich bearbeitet worden? Ich habe den Text in ca. 2-3 Minuten erfasst und zumindest grundsätzlich zu berücksichtigenden Vortrag erkannt. Die Argumentation erscheint mir zunächst weder abwegig noch naiv und wirr. In dieser Richtung geben ja richterliche Entscheidungsbegründungen häufig deutlich mehr her. So ist auch die Begründung "nicht verdient" wohl irgendwo aus dem Selbstgestrickten zwischen Norm und richterlicher Weltsicht entlehnt. Oder gibt es zu dieser moralischen Floskel eine Quelle?

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Irgendwelche Drohungen gegen den Verteidiger, wie "verträgt sich nicht mit seiner Stellung als Organ der Rechtspflege", sprich "wir zeigen dich bei der Rechtsanwaltskammer an", gehören nicht in eine Gerichtsentscheidung. Die Richter haben insoweit den Rahmen der Sachlichkeit verlassen, was einem Organ der Rechtspflege ebenfalls schlecht zu Gesicht steht.

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Da beide sich als Organe der Rechtspflege sehr oft ja gegenseitig schonen, ist eine Anzeige bei der Rechtsanwaltskammmer das geeignete Mittel dann für einen unabhängigen Vertreter der Öffentlichkeit, wenn es solchen Mißbrauch gibt und er davon auch erfährt.

Kann ich jedem Prozeßbeobachter auch nur empfehlen, denn die Presse will ja auch noch Brosamen (= Informationen) vom Tisch der Organe der Rechtspflege weiter empfangen und hält sich da dann auch i.d.R. heraus.
 

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Wie die Honorarnote für den Mandanten dann noch ausgestaltet wurde, das wäre auch noch sehr interessant gewesen.

Übrigens teilte mir die Rechtsanwaltskammer in einem anderen Fall mit, ich wäre ja durch das Verhalten des Verteidigers nicht beschwert gewesen, nur stimmte das ja so nicht, denn wenn ein Verteidiger meint, er könne ja selber auf zwei Hochzeiten terminlich zur gleichen Zeit tanzen, und nicht nur eine Kammer deswegen auf sich ohne eine Mitteilung warten läßt, sondern auch noch alle am Prozeß Beteiligten und auch die Öffentlichkeit ebenso.

Das Verhalten eines Platzhirsches zeigte sich da eben.

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Warum lesen Gerichte nicht einfach die ihnen zur Lektüre behufs rechtlichen Gehörs unterbreiteten Schriftstücke?  So schwer ist das doch nicht. Oben sagte jemand, er habe den Text "2-3 Minuten erfasst". Einen in "2-3 Minuten" lesbaren Text zu verfassen, bzw. vorzulegen, ist doch bitteschön kein "Rechtsmißbrauch"! Macht Euch doch nicht lächerlich! Die Justiz sollte Manns genug sein, einen Fehler zugeben und eigene Fehler nicht kindisch immer den anderen in die Schuhe zu schieben. Jeder macht Fehler. Aber wie man damit umgeht, zeichnet den Menschen wie den Rechtsstaat aus.

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Wie ist denn das Verfahren letztlich für den Beschuldigten ausgegangen ?
Überhaupt: wie sieht es bei Verurteilungen aufgrund Fehler des Verteiders aus ? Bzgl. der Kosten könnte man diesen ja noch in Haftung nehmen - aber wie wird man nicht-finanzielle Folgen (zB. Punkte oder gar Haft) wieder los ?    

Die vorgebrachten Argumente scheinen mir doch durchaus Stichhaltig. Zumal ich - als IT-Berater, der sehr viel im Bereich computergestützte Meßtechnik tätig ist und die Branche gut kennt, muß ich die technische Eignung und forensische Qualität solcher Geräte grundsätzlich anzweifeln: die Qualität ist desolat, formale Verifikation ist das Papier nicht wert - die eigentlich technisch ausschlaggebenden Aspekte werden oft nichtmal erwähnt. (bei Medizintechnik, Pharma-Studien, etc, ist es keineswegs besser - wissentschaftlicher Wert idR. nicht vorhanden). An einer geschlossenen, nachprüfbaren Beweiskette mangelt es völlig - die og. Argumente sind stichhaltig: die Daten könnten an vielen Stellen leicht manipuliert worden sein - Nachprüfung grundsätzlich unmöglich. (-> Fiktion)

In verschiedensten Gerichtsverhandlungen, durfte ich erleben, daß die gehörten Ordnungskräfte auch üblicherweise keinerlei fachliche Befähigung zu korrekten Bedienung aufweisen - nichteinmal die zugrundeliegenden physikalischen/technischen Wirkprinzipien (obwohl zT. sogar Schulstoff) sind bekannt. Eichungen/Kalibrierungen nicht vorhanden (schon der Unterschied nicht verstanden), zT. auch in der Praxis nicht durchführbar.

Faktisch haben wir es reinen Glaubenssystemen zu tun - man darf getrost von Inquisition sprechen.
Nach rechtsstaatlichen Maßstäben müßte man die Beschuldigten serienmäßig aus Mangel an Beweisen freisprechen - solang bis irgendwann vielleicht einmal wissentschaftlich haltbare Beweise erbracht werden.

Gruß  

 

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Nachtrag:

Es ist auch längst überfällig, daß sich die Rechtssprechung vom unsäglichen "öffentlichen Glauben" verabschiedet,
aber zB. auch § 63 BBG etc konsequent anwendet.

Einerseits mangelt es in großem Umfang an schon grundsätzlichen Befähigungen (nicht nur technisch, auch juristisch), willküliche Verfolgung aufgrund von Glauben und unbestätigten Behauptungen statt Beweisen, grob textwidrige Gesetzes-Interpretationen (zB. Anwendung des §25a StVG nach ergangenem und angefochtenem OWiG-Bescheid und fehlender Anhörung, grundsätzliche Mißachtung zwingender Formvorschriften nach selbst-erdichteten Grundsätzen, usw.). 

Die einst vielleicht gut gemeinte (wenngleich auch fiktiven Annahmen beruhende) Regelung hat schon lange ihre grundsätzliche Basis verloren. Erschwert wird dies zudem durch den Umstand, daß Behörden regelmäßig faktisch wie profitorientierte Unternehmen (mit entsprechendem Ertragsdruck auf die Beschäftigten) agieren (zuweilen sogar offiziell als solche bezeichnet). Insofern erfordert das Rechtsstaatsprinzip die betreffenden Bediensteten als interessenabhängige Parteivertreter zu betrachten.  

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