Mal was zum Schmunzeln: Darf ein Hoteldirektor einer Jagdgesellschaft einen Eintopf ausgeben?

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 07.02.2018
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht6|8117 Aufrufe

Arbeitsrecht ist ja deshalb so schön, weil es genauso bunt ist wie das Leben. Und weil die aktuelle Legislaturperiode sich bislang durch Abstinenz von "Legislatur" auszeichnet, bleibt hier im BeckBlog auch Zeit für Entscheidungen, die Urlaubsstimmung verbreiten:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit mehrerer außerordentlicher und ordentlicher Kündigungen. Der Kläger ist bei der Beklagten zu einem Monatsgehalt von immerhin 10.000 Euro als Direktor eines Hotels auf dem Darß angestellt. Ihm werden mehrere Pflichtverletzungen zum Vorwurf gemacht, darunter so weitreichende wie derjenige, er habe betrieblich angeschafftes Toilettenpapier in seine Wohnung mitgenommen (Rn. 11 des Urteils). Davon soll hier aber nicht die Rede sein. Konzentrieren möchte ich mich vielmehr auf den von der Beklagten behaupteten Kündigungsgrund

Der Kläger hat an einem mehrtägigen Jagdkurs während seiner Arbeitszeit und ohne Inanspruchnahme von Urlaub teilgenommen und hat in diesem Zusammenhang den Teilnehmern ein Essen im Restaurant des Hotels ausgegeben. Das Essen ist auf „Haus-Bon“ gebucht worden, eine Art Verrechnungskonto zu Lasten des Klägers. Eine Bezahlung ist nicht erfolgt.

Dieser Vorwurf reichte dem LAG Mecklenburg-Vorpommern weder für § 626 Abs. 1 BGB noch für § 1 Abs. 2 KSchG. In den Entscheidungsgründen hat es für die Rechtsposition der Beklagten eher Spott übrig:

Als Hoteldirektor ist der Kläger nicht an feste Arbeitszeiten gebunden. Seine Funktion und Stellung erfordert es vielfach, während der üblichen Arbeitszeiten des anderen Personals sich außerhalb des Hotels aufzuhalten. Im Übrigen kann nicht festgestellt werden, dass die Veranstaltung keinen dienstlichen Bezug hatte. Die Vernetzung in der lokalen Gesellschaft kann auch die Teilnahme an einem Jagdkurs erforderlich machen. ... Auch soweit sich die Beklagte in einem etwas anderen Zusammenhang darauf beruft, der Kläger habe für diese – oder eine andere? – Jagdgesellschaft in der Küche des Hotels 90 Liter Eintopf kochen lassen, kann das Gericht aus den genannten Gründen keine Pflichtwidrigkeit erkennen. Wenn der Kläger als Direktor eines der ersten Hotels am Platz nicht in der Lage ist, einer lokalen Jagdgesellschaft einen Eintopf zu spendieren, braucht er wohl weitere Versuche, sich in der lokalen Gesellschaft erfolgreich zu vernetzen, gar nicht mehr unternehmen.

Eine Bestätigung dieses Rechtssatzes durch das BAG hielt das Gericht für entbehrlich. Die Revision wurde nicht zugelassen.

LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. vom 8.12.2017 - 2 Sa 47/17, NZA-RR 2018, 78

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6 Kommentare

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Wieso muss sich ein Direktor beruflich in der lokalen Gesellschaft vernetzen?  Da muss man erst einmal darauf kommen, denn aus dem Kreis der  "lokalen Gesellschaft" stammen wohl kaum die Leute, die im "ersten Hotel am Platz" übernachten, wenn sie ohnehin im selben Ort wohnen....  Vielleicht zahlt sich der Direktor unter Berufung auf die Ausführungen des LAG jetzt auch noch die Kosten für seinen Jagdkurs aus, denn das kann ja auch vernetzungsrelevant sein, und demnächst dann noch eiinen  Golfkurs und die Mitgliedschaft im Golfclub, Segeln wäre auch noch schön auf dem Darß.

 

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In dem Urteil heißt es:
Die Kosten des gesamten Rechtsstreits trägt die Beklage, da sie ihn verloren hat (§ 91 ZPO). Die Kosten der ersten Instanz hat sie freilich nur soweit zu tragen, wie das nach § 12a Absatz 1 ArbGG vorgesehen ist.

Gibt es in solchen Fällen immer diesen Passus mit § 12a ArbGG? Muß das sein? Muss das im Urteil ausgesprochen werden? Oder ist das eine Frage des Kostenfestsetzungsverfahrens? Oder kommt beides in Frage?

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§ 12a Abs. 1 ArbGG ist Spezialnorm zu § 91 ZPO. Die obsiegende Partei kann also nur die außergerichtlichen Kosten zweiter und dritter Instanz ersetzt verlangen, ihre erstinstanzlichen Kosten muss sie in jedem Fall selbst tragen. Dies hat das Gericht allerdings im Urteilstenor auszusprechen. Anderenfalls wäre der Kostenausspruch materiell-rechtlich falsch. Das ließe sich dann im Kostenfestsetzungsverfahren nicht mehr korrigieren, weil dieses den Kostenausspruch im Urteil zur Grundlage hat.

Dies hat das Gericht allerdings im Urteilstenor auszusprechen.

Sind Sie sicher? Das wäre mir neu. Die Praxis jedenfalls weicht davon grundlegend ab. Dort heißt es erstinstanzlich eigentlich immer z. B. "Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen" oder "Der Kläger hat die Kosten zu tragen" oder "Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen" etc. Von einer Beschränkung nach § 12a ArbGG ist eigentlich niemals die Rede, wie es nach Ihrer Ansicht immer nötig wäre. Nach meinem Verständnis enthält § 12 a ArbGG nur ein "öffentlich-rechtliches Festsetzungsverbot" (vgl. z. B. Hessisches LAG, B. v. 3.1.2008 - 13 Ta 483/07, Rdnr. 21). Nach meinem Verständnis macht § 12a ArbGG eine Ausnahme von § 91 Abs. 2 ZPO, wonach die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei zu erstatten sind (vgl. a. BAG, B. v. 27.10.2014 - 10 AZB 93/14, Rdnr. 6) und hat insoweit im Kostentenor des Urteils eigentlich nichts verloren, wie es eigentlich in der Praxis auch immer gehandhabt wird.

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Sie haben recht. Und das LAG MV hat auch richtig tenoriert. Der Hinweis auf § 12a ArbGG steht nur in den Entscheidungsgründen. (Der Tenor ist in NZA-RR 2018, 78 nicht veröffentlicht, wohl aber in BeckRS 2017, 137577.)

Ob vielleicht die örtliche Hautevolee diejenige ist, die ihre Gäste unterbringt? Das LAG könnte recht realitätsnah dies eingeschätzt haben. "Eines der ersten...." - also nicht konkurrenzlos.

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