Alleinerbe statt Hoferbe

von Christiane Graß, veröffentlicht am 19.04.2018
Rechtsgebiete: AgrarrechtZivilrechtliches Agrarrecht|4920 Aufrufe

Eine Hoferbenbestimmung kann bedeuten, dass ein zum Hoferben bestimmter Rechtsnachfolger Alleinerbe des Erblassers werden soll, wenn der landwirtschaftliche Betrieb die Hofeigenschaft im Sinne der Höfeordnung (HöfeO) verliert. Zu diesem Ergebnis kommt das Oberlandesgericht Hamm in seiner Entscheidung vom 21.03.2018 – Az.: 10 W 63/17. Der Erblasser eines landwirtschaftlichen Betriebes hatte zu Lebzeiten seinen Hof, der im Grundbuch als Hof im Sinne der Höfeordnung eingetragen war und ursprünglich über ca. 100 ha landwirtschaftliche Nutzfläche verfügte, im Laufe seines Lebens durch Abveräußerung von Flächen auf einen Bestand von ca. 13 ha Ackerfläche und 7,5 ha Forst verringert und an den Antragsteller, den Sohn eines verstorbenen Vetters, verpachtet. Zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers verfügte der Betrieb über kein Inventar mehr, die zum Betrieb gehörenden Gebäude hatte der Erblasser zu Lebzeiten bereits weitgehend gewerblich vermietet, sodass er seinen Lebensunterhalt im Wesentlichen aus Miet- und Pachteinnahmen bestritt. In einem notariellen Erbvertrag vermachte der Erblasser seinen Geschwistern das Miteigentum an zwei Baugrundstücken. In einem weiteren, später errichteten Erbvertrag setzte der Erblasser den Antragsteller zum Hoferben ein. Im Gegenzug verpflichtete sich der Antragsteller, an den Erblasser eine monatliche Rente i.H.v. 850 € zu zahlen. Dieser Verpflichtung kam der Antragsteller auch bis zum Tode des Erblassers nach. Nach dem Tod des Erblassers beantragte der Antragsteller die Erteilung des Hoffolgezeugnisses, welches ihm erstinstanzlich auch erteilt wurde. Nunmehr hat das OLG Hamm die erstinstanzliche Entscheidung im Beschwerdeverfahren abgeändert. Ein Hoffolgezeugnis kann dem Antragsteller nicht erteilt werden, da der Hof trotz Hofvermerk die Hofeigenschaft verloren hatte. Der Erblasser habe bereits zu Lebzeiten die landwirtschaftliche Betriebseinheit auf Dauer aufgelöst. Auch der zwischen dem Erblasser und dem Antragsteller geschlossene Erbvertrag lasse die Hofeigenschaft der Besitzung nicht wieder aufleben. Allerdings sei die Hoferbenbestimmung im vorliegenden Fall dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller Rechtsnachfolger des Erblassers auch für den Fall werden sollte, dass der landwirtschaftliche Besitz die Hofeigenschaft im Sinne der Höfeordnung verloren habe. Die maßgeblichen Umstände zum Zeitpunkt des Erbvertragsschlusses zwischen Erblasser und Antragssteller sprächen dafür, dass der Antragsteller auch dann zum Erben eingesetzt worden wäre, wenn der Erblasser den Wegfall der Hofeigenschaft erkannt hätte. Dem Erblasser sei es darum gegangen, seinen Nachlass im Ganzen zu erhalten und nicht durch eine – im Wege der gesetzlichen Erbfolge eintretende – Aufteilung an seine Nichten und Neffen zu zersplittern. Aus diesem Grunde sei dem Antragsteller daher nach allgemeinem Erbrecht ein Erbschein, der ihn als Alleinerbe ausweise, zu erteilen.

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