BGH: Keine analoge Anwendung von § 179a AktG auf die GmbH – Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses bei Übertragung des ganzen Vermögens

von Ulrike Wollenweber, veröffentlicht am 05.04.2019

Der BGH hat mit Urteil vom 8. Januar 2019 (II ZR 364/18, BeckRS 2019, 4455) entschieden, dass für die Übertragung des ganzen Vermögens einer GmbH ein Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung erforderlich ist, selbst wenn die Satzung keinen entsprechenden Zustimmungsvorbehalt enthält.

Zwei Gesellschafter einer GmbH hatten die Auflösung der GmbH beschlossen. Beide Gesellschafter waren auch alleinvertretungsberechtigte Liquidatoren. Im Zuge der Liquidation veräußerte ein Gesellschafter das Betriebsgrundstück der GmbH an einen Dritten, ohne vorher die Zustimmung des anderen Gesellschafters einzuholen.

Nach Ansicht des Senats ist § 179a AktG auf die GmbH nicht analog anwendbar. Der Senat begründet dies mit der unterschiedlichen Ausgestaltung der Rechte von GmbH-Gesellschaftern und Aktionären. GmbH-Gesellschafter seien wegen ihrer bedeutenden Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsführung weniger schutzbedürftig als Aktionäre. Bei der Interessenabwägung zwischen dem Gesellschafterschutz und dem Schutz des redlichen Rechtsverkehrs sei eine Beschränkung der Vertretungsmacht der Geschäftsführung mit Außenwirkung bei der GmbH nicht gerechtfertigt.

Der Senat führt weiter aus, dass die Übertragung des ganzen Vermögens einer GmbH jedoch einen zustimmenden Gesellschafterbeschluss erfordert, selbst wenn die Satzung keinen ausdrücklichen Zustimmungsvorbehalt enthält. Zur Frage, mit welcher Mehrheit der Beschluss gefasst werden muss, nimmt der Senat nicht Stellung.

Allerdings sei – so der Senat – das Vertrauen eines Geschäftspartners auf den Bestand des Geschäfts nicht schutzwürdig, wenn ein Missbrauch der Vertretungsmacht sich „geradezu aufdrängen“ müsse. Die Willenserklärung des Geschäftsführers sei in diesen Fällen unwirksam.

Dies könne man häufig annehmen, wenn das gesamte Vermögen übertragen werde, da dem Vertragspartner klar sein müsse, dass der Geschäftsführer ein solches Geschäft nicht ohne Zustimmung der Gesellschafter vornehmen könne. Im Einzelfall könne den Vertragspartner insofern eine Erkundigungsobliegenheit treffen.

Damit entscheidet der Senat hier anders als kürzlich das OLG Düsseldorf (Az. I-6 U 225/16), das die analoge Anwendung des § 179a AktG auf eine Publikums-KG bejaht und sich auf die frühere Rechtsprechung des BGH (Az. II ZR 24/94) zur analogen Anwendung bei Personengesellschaften berufen hat.

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