Einbringung in Kapitalgesellschaften - keine Änderung des Rückwirkungsantrags möglich

von Dr. Julian Böhmer, veröffentlicht am 30.06.2019
Rechtsgebiete: SteuerrechtWirtschaftsrecht|3960 Aufrufe

 

Bei Unternehmensumstrukturierungen sieht das UmwStG für verschiedene Konstellationen die Möglichkeit vor, diese mit Rückwirkung vorzunehmen. Während diese Rückwirkung bei Verschmelzungen oder Spaltungen von Gesetzes wegen eintritt, ist dazu bei Einbringungen in Kapitalgesellschaften (§ 20 UmwStG) ein Antrag erforderlich. Praktische Anwendungsfragen dazu hat der BFH nunmehr in seinem Urteil vom 19.12.2018, I R 1/17 beantwortet. Dort geht es vor allem um die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt der Antrag auf Rückbeziehung des steuerlichen Übertragungsstichtags gemäß § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG bei Einbringung eines Teilbetriebs in eine Kapitalgesellschaft gestellt werden muss und ob ein bereits gestellter Antrag nachträglich nochmals geändert werden kann.

In dem Streitfall hatte eine übernehmende AG die auf sie übertragenen Wirtschaftsgüter (Teilbetrieb einschließlich eines KG-Anteils) rückwirkend gemäß § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG in ihrer Bilanz zum 31.12.2006 mit dem gemeinen Wert angesetzt und dies auch in ihren Steuererklärungen für das Streitjahr berücksichtigt. Im Jahre 2010 stellte die AG den Antrag, dass der steuerliche Übertragungsstichtag nachträglich vom 31.12.2006 auf den 01.01.2007 geändert werden soll.

Der BFH entschied nunmehr, dass ein bereits gestellter Antrag auf steuerliche Rückbeziehung gemäß § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG nicht nachträglich geändert werden könne.

Zunächst stellt der BFH klar, dass der Antrag auf Rückbeziehung einer Einbringung nach § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG von der übernehmenden Gesellschaft bei ihrem zuständigen Finanzamt zu stellen sei, da die übernehmende Gesellschaft über den Wertansatz der übertragenen Wirtschaftsgüter entscheide und diese Entscheidung auf einen bestimmten Bewertungszeitpunkt zu beziehen sei. Insoweit folgt der BFH der herrschenden Meinung in der Literatur und der Auffassung der Finanzverwaltung (Tz. 20.14 UmwSt-Erlass vom 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314).

Ferner sei der Antrag nach § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG – anders als der Antrag auf Buchwertfortführung nach § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG – gesetzlich nicht befristet und könne folglich noch bis zu Beendigung der letzten Tatsacheninstanz gestellt werden, in welcher über die Besteuerung des Vermögensübergangs entschieden werde; insoweit verwirft der BFH die anderslautende Auffassung der Verwaltung (s. Tz. 20.14 UmwSt-Erlass). Auch verlange das Gesetz keine bestimmte Antragsform, so dass der Antrag auch konkludent, z.B. durch einen rückwirkenden Ansatz in der Steuerbilanz, gestellt werden könne.

Vorliegend habe die AG durch den Ansatz der übernommenen Wirtschaftsgüter in ihrer Bilanz auf den 31.12.2006 mit dem gemeinen Wert und der Berücksichtigung der Übernahme in ihrer Steuererklärung jedoch nicht nur das Bewertungswahlrecht nach § 20 Abs. 2 UmwStG ausgeübt, sondern zugleich konkludent einen Antrag auf Rückbeziehung der Einbringung nach  § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG gestellt. Dieser Antrag kann auch nicht rückwirkend geändert werden. Denn mit dem Antrag wird der der Einbringungsbesteuerung zugrunde liegende Lebenssachverhalt bestimmt. Da mit der Bestimmung des Lebenssachverhalts auch der Steueranspruch entsteht, kann der Antrag nachträglich nicht mehr geändert werden.

Die vorstehend beschriebene Entscheidung des BFH ist, obwohl für die beratende Praxis eher unbefriedigend, zukünftig zu berücksichtigen. Dabei muss sich der Steuerpflichtige bei Abgabe von Steuererklärung und Steuerbilanz darüber im Klaren sein, in welchem Zeitpunkt er die Einbringung berücksichtigen möchte. Zwar erklärt der BFH, dass der Antrag bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz gestellt werden könne. Dies wird aber wenig relevant werden, wenn der rückwirkende Ansatz in der Steuererklärung bereits als konkludenter Antrag gewürdigt wird. Die Ausführungen des BFH zur Möglichkeit des Antrags bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz hat damit wohl allenfalls dann Bedeutung, wenn in Steuererklärung und Steuerbilanz kein rückwirkender Ansatz erfolgt. Allerdings wird man auch dann nicht gänzlich sicher sein können, dass darin kein konkludenter Verzicht auf den Rückwirkungsantrag gesehen wird. Ob ein konkludenter Verzicht dann noch geändert werden könnte, ist vor dem Hintergrund der Besprechungsentscheidung aber nicht sicher.

 

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