EU-Prospektverordnung zum 21. Juli 2019 vollständig anwendbar

von Dr. Cornelius Wilk, veröffentlicht am 08.07.2019

Die bereits 2017 in Kraft getretene Prospektverordnung (EU) 2017/1129 wird zum 21. Juli 2019 vollständig anwendbar sein. Sie tritt an die Stelle der bisherigen Prospektrichtlinie 2003/71/EG und der diese Richtlinie umsetzenden nationalen Rechtsakte. Einzelne Teile der Prospektverordnung sind bereits seit 20. Juli 2017 bzw. 21. Juli 2018 anwendbar.

Komplettiert wird das neue Prospektregime durch sogenannte Level-II- und Level-III-Maßnahmen (z. B. technische Regulierungsstandards, Leitlinien), mit denen die Europäische Kommission bzw. die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) einzelne in der Verordnung erteilte Regelungsmandate wahrnehmen. Regelungsbedarf besteht (bzw. bestand) ferner auf Ebene der Mitgliedstaaten. In Deutschland wurde die Einführung der Verordnung mit dem 2018 in Kraft getretenen „Gesetz zur Ausübung von Optionen der EU-Prospektverordnung und zur Anpassung weiterer Finanzmarktgesetze“ sowie in diesem Jahr mit dem „Gesetz zur weiteren Ausführung der EU-Prospektverordnung und zur Änderung von Finanzmarktgesetzen“ begleitet. Auswirkungen hatte dies insbesondere für das Wertpapierprospektgesetz (WpPG), das bislang in weiten Teilen die Vorgaben der Prospektrichtlinie umsetzt und sich künftig – mit deutlich geringerem Umfang – auf die von der Prospektverordnung nicht unmittelbar geregelten Bereiche beschränkt.

Zu den jetzt in Kraft tretenden Neuerungen gehören:

  • Geänderte Vorgaben für die Prospektzusammenfassung (Art. 7), u. a. Beschränkung auf sieben Seiten Gesamtumfang und höchstens 15 Risikofaktoren
  • Geänderte Vorgaben für die Darstellung der Risikofaktoren (Art. 16), insbesondere Beschränkung auf wesentliche und spezifische Faktoren sowie Kategorisierung und Sortierung nach Wesentlichkeit
  • Einheitliches Registrierungsformular (Art. 9), das nach wiederholter Billigung Zugang zu beschleunigtem Billigungsverfahren für Prospekte eröffnen kann
  • Neuer EU-Wachstumsprospekt (Art. 15) mit vereinfachten Anforderungen für kleinere und mittlere Unternehmen durch kürzere und standardisierte Angaben
  • Geänderte vereinfachte Offenlegungsregelungen für Emittenten bzw. Anbieter von Wertpapieren mit bereits bestehender Zulassung (Sekundäremissionen, Art. 14)
  • Erweiterte Möglichkeiten zur Aufnahme von Informationen mittels Verweis (Art. 19)
  • Verstärkte Fokussierung auf die elektronische Publikation des Prospekts (Art. 21), insbesondere Online-Veröffentlichung durch ESMA mit kostenloser Suchfunktion; gedruckte Papierversion für Anleger (nur) auf Verlangen

Bereits seit 20. Juli 2017 anwendbar sind die Ausnahmen von der Prospektpflicht in Bezug auf Wertpapiere, die nicht mehr als 20 % der bereits zugelassenen Wertpapiere ausmachen und mit diesen fungibel sind (Art. 1 Abs. 5 Unterabs. 1 lit. a; zuvor § 4 Abs. 2 Nr. 1 WpPG), sowie in Bezug auf Aktien, die aus der Ausübung von Umtausch- oder Wandlungsrechten entstehen (Art. 1 Abs. 5 Unterabs. 1 lit. b; zuvor § 4 Abs. 2 Nr. 7 WpPG); hierzu mein Beitrag vom 7. Juli 2017. Seit 21. Juli 2018 greift zudem die allgemeine Ausnahme für öffentliche Angebote mit einem Gesamtgegenwert < EUR 1 Mio. (Art. 1 Abs. 3) sowie die spezifisch deutsche Ausnahme für notifizierungsfreie öffentliche Angebote mit einem Gesamtgegenwert bis EUR 8 Mio. (Art. 3 Abs. 2 i. V. m. § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 WpPG).

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