Schlappe für VW - Kündigung wegen Dieselskandals unwirksam

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 26.07.2019
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht3|3347 Aufrufe

Die juristische Aufarbeitung des sog. Dieselskandals ist in vollem Gange und noch lange nicht abgeschlossen. Nicht nur die ordentliche Gerichtsbarkeit ist hier gefordert. Einige Verfahren haben auch die Arbeitsgerichte erreicht. Nunmehr liegt ein erstes Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vor. Das Aktenzeichen ist noch nicht bekannt. Die nachfolgende Darstellung beruht auf übereinstimmenden Medienberichten. Hintergrund des Verfahrens ist, dass VW nach Bekanntwerden des Dieselskandals mehrere Führungskräfte entlassen hatte.

Im konkreten Fall ging es um die fristlose Kündigung einer früheren Managerin, die inden Diesel-Abgasskandal verwickelt gewesen sein soll. Nach Ansicht von VW sollte die Ingenieurin, die unter anderem die Abteilung geleitet hatte, die für die illegale Abgassoftware zuständig war, zumindest einen Teil der 33 Milliarden Dollar ersetzen. Diese Summe musste der Konzern nach dem Skandal allein in den USA zahlen. Volkswagen wirft der früheren Abteilungsleiterin vor, an der Manipulation der Abgassoftware mitgewirkt zu haben. Zudem habe sie übergeordneten Führungsebenen die Vorgänge nicht gemeldet und stattdessen Daten gelöscht. Die frühere Abteilungsleiterin ist eine der 39 Beschuldigten im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Braunschweig.

Vor dem Arbeitsgericht Braunschweig hat VW nunmehr eine Niederlage einstecken müssen. Im ersten in einer Reihe von Kündigungsschutzverfahren von entlassenen Führungskräften erklärte das Arbeitsgericht Braunschweig am 25.7.2019 die Kündigung der früheren Managerin für unwirksam und wies Schadensersatzansprüche des Wolfsburger Autobauers ab. Da VW der Frau erst 2018 gekündigt habe, drei Jahre nach Bekanntwerden ihrer Verwicklung in die Manipulationen, sei das Kündigungsrecht verwirkt gewesen. Zudem habe die Managerin nach der Aufdeckung des Dieselskandals kooperiert. Den Volkswagen durch den Abgas-Skandal entstandenen Schaden müsse sich der Autobauer wegen grob fahrlässiger Unkenntnis des seinerzeitigen Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn zu 100 Prozent selbst zuschreiben, urteilte das Gericht. Das Gericht verwies auf eine Studie der unabhängigen Forschungsorganisation ICCT, die bereits 2014 darauf hingewiesen hatte, dass Stickoxidwerte von VW-Dieselfahrzeugen in den USA um ein Vielfaches über den Grenzwerten lagen. Zudem habe die amerikanische Umweltbehörde EPA bereits ermittelt. Winterkorn hätte eine an ihn gerichtete Mitteilung vom 5. November 2014 über ein geplantes Emissionssoftwarepaket beachten und Maßnahmen im Hinblick auf die Manipulationssoftware ergreifen müssen.

Volkswagen erklärte, man sei weiter der Auffassung, dass die Kündigung zu Recht erfolgte. „Daher wird Volkswagen die genauen Urteilsgründe abwarten und dann prüfen, ob gegen das Urteil Berufung beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingelegt wird“, teilte ein Sprecher des Volkswagenkonzerns mit.

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