OLG Köln: Patientenrechte – Versteckte Kamera in der Psychiatrie

von Dr. Michaela Hermes, LL.M., veröffentlicht am 29.07.2019

Undercover recherchierende Journalisten müssen Patientenrechte und Arztgeheimnis beachten. In der Psychiatrie heimlich aufgenommenes Ton- und Filmmaterial könne einen Unterlassungsanspruch begründen, auch wenn es nicht gesendet wird, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Köln mit Beschluss vom 18.07.2019 - Az. 15 W 21/19. Dabei kann bereits die Weitergabe an Dritte das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen und Straftatbestände erfüllen.

Der Fall

Eine Journalistin, die Beklagte zu 1, hatte sich für das RTL TV-Format „Team Wallraff“ unter falschen Namen als Praktikantin in einer Klinik anstellen lassen. Während ihres Praktikums machte sie im Auftrag ihrer Produktionsfirma, der Beklagten zu 2, heimliche Ton- und Filmaufnahmen. Geklagt hatte ein Patient mit einer Autismus-Störung. Er war zum Zeitpunkt der Dreharbeiten in einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung des Berliner Vivantes-Klinikums untergebracht.  

Noch vor Ausstrahlung der Sendung, am 18.03.2019, versuchte der Kläger zu verhindern, dass die heimlich gemachten Aufnahmen von ihm verarbeitet oder verbreitet wurden. Das Filmmaterial über den Patienten war dann auch nicht Teil der Sendung. Im Laufe des Verfahrens hatten die Beklagten eidesstattliche Versicherungen vorgelegt, wonach das Material gelöscht worden war. Beide Parteien erklärten den Rechtsstreit daraufhin für erledigt. Das OLG Köln beurteilte im Hinblick auf die Kosten die Erfolgsaussichten der Klage.  

OLG Köln

Die Journalistin habe bereits durch die Aufnahmen bzw. die Weitergabe des Materials an die Produktionsfirma die Straftatbestände der §§  201 Abs. 1 Nr. 2, 201 a Abs. 1 Nr. 3 StGB sowie 203  Abs. 4 S. 1 StGB verwirklicht. Durch die Aufnahmen sei der höchstpersönliche Lebensbereich des Klägers verletzt worden. Die Produktionsfirma könne zwar selbst keine Straftatbestände verwirklichen, sie hafte zivilrechtlich aber über § 31 BGB.

Undercover Recherche in Ausnahmefällen möglich

Die Richter sind der Auffassung, dass investigative Recherchen von Journalisten grundsätzlich gerechtfertigt sein können. Das sei dann der Fall, wenn "erhebliche Missstände" anders nicht aufzudecken wären und die berechtigten Interessen Dritter im Stadium der Recherche zurücktreten müssen. Dafür hätten die Beklagten hier aber nichts vorgetragen.

Kein Unterlassungsanspruch nach DSGVO

Einen Unterlassungsanspruch nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sehen die Richter nicht. Denn hier gelte das „Medienprivileg“.

Die Pressemitteilung des OLG Köln finden Sie hier.

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OLG Köln zu Undercover-Reportage: Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Köln müssen undercover recherchierende Journalisten Patientenrechte und das Arztgeheimnis beachten. In der Psychiatrie heimlich aufgenommenes Ton- und Filmmaterial kann demnach einen Unterlassungsanspruch begründen, auch wenn es nicht gesendet wird. Bereits die Weitergabe an Dritte kann das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen und Straftatbestände erfüllen. Über das Urteil schreibt community.beck.de (Michaela Hermes).

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