Falsche Leistungsnachweise – Pflegerin verliert Job

von Dr. Michaela Hermes, LL.M., veröffentlicht am 10.09.2019
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtWeitere ThemenMedizinrecht|14805 Aufrufe

Pflegekräfte riskieren ihren Job, wenn sie vorsätzlich falsche Angaben in der Patientendokumentation machen. Das Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 07.08.2019 - 3 Ca 992/19 hielt die fristlose Kündigung einer Altenpflegerin für gerechtfertigt. Die Pflegekraft hatte in der Dokumentation eingetragen eine Patientin persönlich aufgesucht zu haben, obwohl sie nur mit ihr telefoniert hatte.

Der Fall

Die Altenpflegerin war bei der Beklagten, einem Pflegedienst, seit über fünf Jahren tätig. Mehrfach mahnte sie ihr Arbeitgeber ab, u.a. weil sie eine Patientin nicht richtig versorgt hatte und dies auch nicht dokumentiert war. Anfang April 2019 sollte sie einer Patientin eine Tablette für die Nacht geben. Statt hinzufahren, rief sie bei der Patientin an. In der Pflegedokumentation zeichnete sie den Leistungsnachweis für einen Besuch ab. Sie bestätigte darüber hinaus im Tagestourennachweis, die Patientin in der Zeit von 22:55 Uhr bis 23:06 Uhr versorgt zu haben. Als der Arbeitgeber davon erfuhr, kündigte er der Pflegerin fristlos. Diese erhob Kündigungsschutzklage.

Das Urteil

Das Arbeitsgericht Siegburg hielt die fristlose Kündigung für gerechtfertigt.

Ein Pflegedienst könne die Arbeitszeiten der Mitarbeiter nur schwer kontrollieren. Der Arbeitgeber müsse daher auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit durch seine Arbeitnehmer vertrauen können. Überträgt der Arbeitgeber den Nachweis der geleisteten Arbeitszeit den Arbeitnehmern selbst und füllt ein Arbeitnehmer die dafür zur Verfügung gestellten Formulare wissentlich und vorsätzlich falsch aus, so stellt dies einen schweren Vertrauensmissbrauch dar, so das Arbeitsgericht.

Das Gericht war hier der Auffassung, dass die Pflegekraft vorsätzlich falsche Eintragungen gemacht habe. Das Arbeitsverhältnis ende damit außerordentlich. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Die Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Siegburg finden Sie hier

Praxishinweis

Die vorliegende Entscheidung ähnelt der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung (vgl. etwa BAG vom 13.Dezember 2018 – 2 AZR 370/18) über den sogenannten Arbeitszeitbetrug. Danach stellen falsche Angaben beispielsweise im Überstundenzettel oder elektronischen Zeiterfassungstool, oder zu spätes oder zu frühes Aus- bzw. Einstempeln einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar. Häufig ist der Pflichtverstoß so schwerwiegend, z.B. wenn über Jahre hinweg getäuscht wird, dass es einer Abmahnung nicht bedarf.

In der Regel gilt jedoch, dass eine verhaltensbedingte Kündigung, insbesondere die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund, nur erfolgreich ist, wenn der Arbeitgeber das Verhalten zuvor schon einmal abgemahnt hat. Denn durch die Abmahnung soll der Arbeitnehmer Gelegenheit erhalten, sein pflichtwidriges Verhalten abzustellen.

Die größte Schwierigkeit für den Arbeitgeber wird allerdings in der Aufklärung des Sachverhalts und der Einhaltung der zweiwöchigen Frist zur fristlosen Kündigung liegen.

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