BAG: Kein Urlaub für die Freistellungsphase bei Altersteilzeit im Blockmodell

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 25.09.2019
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|7101 Aufrufe

Im Urlaubsrecht ist man ja schon seit geraumer Zeit vor Überraschungen nicht mehr sicher. Recht häufig kommen sie in Form einer extensiven Auslegung der Arbeitszeitrichtlinie und von Art. 31 II CRCh durch den EuGH daher, manchmal aber auch in Gestalt erstaunlicher Urteile der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit.

So hatte beispielsweise das ArbG Aachen (22.03.2018 - 2 Ca 706/17, BeckRS 2018, 17879) gemeint, dass im sog. Blockmodell während der Passivphase der Altersteilzeit Urlaubsansprüche entstünden. Denn Voraussetzung für das Entstehen eines Urlaubsanspruchs nach §§ 1 und 3 BUrlG sei allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses, das jedoch mit seinen Pflichten für Arbeitgeber und -nehmer auch in der Passivphase unverändert fortbestehe. Wie das Arbeitspensum und die Arbeitszeit während der Altersteilzeit tatsächlich verteilt würden, sei eine von rechtlichen Erwägungen unabhängige Überlegung der Vertragsparteien.

Dieser doch etwas lebensfremd anmutenden Rechtsprechung tritt jetzt erfreulicherweise das BAG (24.9.2019 - 9 AZR 481/18, PM 30/19) entgegen und rückt die Dinge wieder zurecht. Folgender Fall war zu beurteilen:

Der Kläger war bei der Beklagten im Rahmen eines Vollzeitarbeitsverhältnisses beschäftigt. Ab dem 1. Dezember 2014 setzten die Parteien das Arbeitsverhältnis als Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit der Hälfte der bisherigen Arbeitszeit fort. Nach dem vereinbarten Blockmodell war der Kläger bis zum 31. März 2016 im bisherigen Umfang zur Arbeitsleistung verpflichtet und anschließend bis zum 31. Juli 2017 von der Arbeitsleistung freigestellt. Während der Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses erhielt er sein auf der Grundlage der reduzierten Arbeitszeit berechnetes Gehalt zuzüglich der Aufstockungsbeträge. Dem Kläger stand nach dem Arbeitsvertrag jährlich an 30 Arbeitstagen Urlaub zu. Im Jahr 2016 gewährte ihm die Beklagte an acht Arbeitstagen Erholungsurlaub. Der Kläger hat den Standpunkt eingenommen, für die Freistellungsphase der Altersteilzeit habe er Anspruch auf insgesamt 52 Arbeitstage Urlaub gehabt, den die Beklagte abzugelten habe.

Das BAG beruft sich vor allem auf die übliche Formel zur Berechnung der Urlaubsansprüche: Nach § 3 Abs. 1 BUrlG belaufe sich der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei einer gleichmäßigen Verteilung der Arbeit auf sechs Tage in der Woche auf 24 Werktage. Sei die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers auf weniger oder mehr als sechs Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt, müsse die Anzahl der Urlaubstage unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus berechnet werden, um für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer zu gewährleisten (24 Werktage x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage). Einem Arbeitnehmer, der sich in der Freistellungsphase eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses befinde und im gesamten Kalenderjahr von der Arbeitspflicht entbunden sei, stehe mangels Arbeitspflicht kein gesetzlicher Anspruch auf Erholungsurlaub zu. Die Freistellungsphase sei mit „null“ Arbeitstagen in Ansatz zu bringen. Vollziehe sich der Wechsel von der Arbeits- in die Freistellungsphase im Verlauf des Kalenderjahres, müsse der Urlaubsanspruch nach Zeitabschnitten entsprechend der Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht berechnet werden.

Abschließend heißt es in der Pressemitteilung:

„Bei einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell sind Arbeitnehmer in der Freistellungsphase weder aufgrund gesetzlicher Bestimmungen noch nach Maßgabe des Unionsrechts Arbeitnehmern gleichzustellen, die in diesem Zeitraum tatsächlich gearbeitet haben. Diese Grundsätze gelten auch für den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien für die Berechnung des Urlaubsanspruchs während der Altersteilzeit keine von § 3 Abs. 1 BUrlG abweichende Vereinbarung getroffen haben.“

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