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Beleidigung einer kommunalen GmbH und zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch

recktenwald

2015-07-01 03:19

Man sieht sofort, ein solcher Unterlassungsanspruch kann unter rechtstaatlichen Gesichtspunkten keinen Sinn machen, man muss es auf die Tat ankommen lassen und dann mit dem Strafrecht reagieren, aber kann man das ueberhaupt? Wenn es darum geht, eine ueble Nachrede richtigzustellen, die das Opfer nicht selbst richtigstellen kann, operiert der Bundesgerichtshof mit § 194 StGB. Der Schluss von dieser Vorschrift auf eine entsprechende Strafnorm waere aber ein Zirkelschluss.

 

Die kommunale GmbH hat "als Stelle öffentlicher Verwaltung keine Grundrechte und auch kein allgemeines Persönlichkeitsrecht, sondern lediglich einen Anspruch auf Wahrung des Min­destmaßes an öffentlicher Anerkennung, das erforderlich ist, damit die betroffene Einrichtung ihre Funk­tion erfüllen kann und das unerlässliche Vertrauen in ihre Integrität nicht in Frage ge­stellt wird, vgl. OVG Saarlouis, Urteil vom 17.10.2013 – 2 A 303/12 – (Juris). Nur insoweit war auch der Zivilrechtsweg gegeben, BGH, Urteil vom 22. April 2008 – VI ZR 83/07 – (Ju­ris), zu einem Fall, in dem die Zeitschrift Focus eine Tatsache über das Bundeskriminalamt be­hauptet hatte, die dessen Arbeit erheblich störte und die die Zeitschrift Focus nicht beweisen konnte, mit Hinweis auf § 194 StGB gegen die Literatur, die den Zivilrechtsweg verneint, weshalb er jeden­falls in Ausnahmefällen gegeben sei."

 

Die oeffentliche Anerkennung einer Behoerde, die wir uns als Eiche vorstellen muessen, wird nicht schon dadurch in Frage gestellt, dass sich ein "Eber daran reibt". Es gefaellt, dass der Bundesgerichtshof nicht nur nach der Geeignetheit, sondern auch nach der Erforderlichkeit einer Unterlassungsverfuegung fragt. Diese Frage stellt sich immer, bei einem an die Grundrechte und das Verhaeltnismaessigkeitsgebot gebundenem Unternehmen aber noch mehr. Eine solche Notwendigkeit gibt es in der Regel nicht. Anders vielleicht einmal bei marktbeherrschenden Zeitschriften wie dem Focus.

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2 Kommentare

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Es war nur ein theoretischer Fall.

 

Die Frage stellte sich am Rande einer Verfassungsbeschwerde gegen eine einstweilige Verfuegung und ein Urteil eines ostdeutschen Amtsgerichtes, das alles falsch gemacht hat, was man falsch machen konnte. Die GmbH fuehlte sich vielleicht schon deshalb in ihrer Ehre verletzt, weil ihr der Beschwerdeführer nicht blind vertrauend geglaubt hatte, die produziere das "bestuntersuchte Lebensmittel der Welt" und diese Untersuchungen sehen wollte, und das Amtsgericht fühlte mit ihr. Da ging es um Auslegung und Sprache und angeblich falsche Tatsachen. Die GmbH hatte dem Beschwerdefuehrer die gesuchten Umweltinformationen ohne vernuenftigen Grund nicht gegeben, was er nicht verstand. Er hat dann angefangen, sich darueber Gedanken zu machen. Mehr als ein Meinen und Dafürhalten war das nicht, wie immer er sich ausgedrueckt hat. Es ging also allenfalls um eine "falsche" Meinung.

 

Wenn man mit der oben zitierten Rechtsprechung sagt, dass der Zivilrechtsweg nur in Ausnahmefaellen gegeben ist, wenn die Oeffentlichkeit erreicht wurde und deshalb die Funktionsfaehigkeit der Verwaltung gefaehrdet ist, was fuer die Zeitschrift Focus kein Problem war, dann liegt die Frage nahe, unter welchen Umstaenden dies im Fall einer Beleidigung moeglich waere. Man muss wohl sagen, dass der Zivilrechtsweg in der Regel weder im Fall einer ueblen Nachrede, noch im Fall einer Beleidigung gegeben ist. Vielleicht kann man darueber hinaus aber auch noch sagen, dass ein solcher Ausnahmefall im Fall einer Beleidigung noch selterer ist, weil eine Beleidigung weniger Chancen hat, die Oeffentlichkeit in nennenswerter Weise zu erreichen. Eine Beleidigung wird von denen, die sie hoeren, in der Regel ignoriert, wohingegen eine Tatsachenbehauptung jedenfalls interessant genug fuer ein Geruecht sein koennte.

 

Die Verfassungsbeschwerde ist aber wohl schon deshalb begruendet, weil die GmbH dem Beschwerdeführer die gesuchten Umweltinformationen auch einfach haette geben koennen. Dafuer haette die GmbH zwar etwas tun muessen. Dazu war sie aber aufgrund des Informationsfreiheitsrechtes auch verpflichtet. Das Informationsfreiheitsrecht ist ein sehr interessantes neues Rechtsgebiet. In Brandenburg steht es auch in der Verfassung. Was deren Art. 21 Abs. 4 wirklich heisst, weiss aber noch niemand. Denn constitution is what judges say. Vielleicht wissen wir demnaechst mehr.

 

 

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