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Bernie Ecclestone vor Gericht

joachim.kretschmer

2014-04-28 14:40

 

Nachdem das Gericht bereits in dem Verfahren gegen Gerhard Gribkowsky von Korruption ausgegangen ist, wird es wohl der Version von Bernie Ecclestone, er sei erpresst worden, kaum glauben. Es sei denn, die Verteidigung legt ausreichende Beweise vor. Bei einer Erpressung fehlt es natürlich an der erforderlichen Unrechtsvereinbarung zwischen Geber, Bernie E., und Nehmer, Gerhard G.

 

Ich möchte aus aktuellem Anlass noch einmal (mehr in StRR 2012, 91) darauf hinweisen, dass der Vorstand der BayernLB meiner Ansicht nach kein Amtsträger ist, so dass §  334 mit § 335 StGB ausscheidet.

 

In einer früheren Entscheidung hat der BGH v. 10.3.1983 – 4 StR 375/82 (BGHSt 31, 264 = NStZ 1984, 501) entschieden: „Vorstandsmitglieder der Westdeutschen Landesbank sind Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 c) StGB auch dann, wenn sie im Geschäftsbankenbereich tätig werden.“ Dieser Leitsatz liegt schon einige Zeit zurück. Die Umstände, die politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen, ändern sich. Die Wirklichkeit verändert auch das Recht. Ist ein Vorstandsmitglied einer Landesbank dazu bestellt, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenstellung gewählten Organisationsform wahrzunehmen? Die Unbeachtlichkeit der Organisationsform ist erst seit 1997 gesetzliches Kriterium in § 11 Abs. 1 Nr. 2 c) StGB. Der BGH blickt zur Bestimmung in die entsprechenden Satzungen zur Westdeutschen Landesbank. Aus dem gebotenen aktuellen Anlass wollen wir in das Gesetz über die Bayerische Landesbank schauen.

 

In Art. 2 sind die Aufgaben der BayernLB festgelegt:

 

(1) 1Die Bank hat insbesondere die Aufgabe, in Bayern durch ihre Geschäftstätigkeit unter

Beachtung der Markt- und Wettbewerbserfordernisse den Wettbewerb zu stärken und die

angemessene und ausreichende Versorgung der Wirtschaft, insbesondere des Mittelstands, und der öffentlichen Hand mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen sicherzustellen (öffentlicher Auftrag). 2Sie ist eine im Wettbewerb stehende Geschäftsbank, die sich regional

schwerpunktmäßig auf Bayern, Deutschland und die angrenzenden Wirtschaftsräume Europas konzentriert.

(2) 1Die Bank unterstützt durch ihre Geschäftstätigkeit den Freistaat Bayern und seine kommunalen Körperschaften einschließlich der Sparkassen in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, insbesondere der Strukturförderaufgaben. 2Sie ist Sparkassenzentralbank und betreibt ihre Geschäfte insoweit unter Berücksichtigung der Belange der Sparkassen. 3Sie ist auch Kommunalbank und übernimmt für den Freistaat Bayern die Funktion einer Hausbank.

(3) 1Die Bank kann alle Arten von Bank- und Finanzdienstleistungsgeschäften betreiben sowie alle sonstigen Geschäfte, die der Bank dienen. 2Die Geschäfte der Bank sind nach wirtschaftlichen Grundsätzen unter Berücksichtigung ihrer Aufgaben zu führen, wozu auch ihr öffentlicher Auftrag sowie der öffentliche Auftrag der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt zu rechnen sind. 

(4) Die Bank kann zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Geschäfte insbesondere 

1. Pfandbriefe und sonstige Schuldverschreibungen ausgeben und sonstige

Schuldbuchforderungen begründen,

2. Unternehmen oder Beteiligungen daran erwerben oder veräußern,

3. sich an Verbänden beteiligen,

4. Gesellschaften gründen,

5. rechtlich unselbständige Anstalten des öffentlichen Rechts innerhalb der Bank errichten,

6. die Trägerschaft an anderen Anstalten des öffentlichen Rechts ganz oder zum Teil durch

Vertrag übernehmen; dies gilt nicht für Sparkassen.

 

Auffällig ist die gesetzliche Doppelfunktion der BayernLB und jeder anderen Landesbank. Sie ist zum einen eine Geschäftsbank und sie ist zum anderen Sparkassenzentralbank und Kommunalbank und Hausbank – im Fall der BayernLB – des Freistaates Bayern.

„Amtsträger gemäß § 11 I Nr. 2 c) StGB ist, wer sonst dazu bestellt ist, bei oder im Auftrag einer Behörde oder sonstigen Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. Unter „sonstigen“ Stellen sind – ohne Rücksicht auf ihre Organisationsform - behördenähnliche Institutionen zu verstehen, die zwar keine Behörden im organisatorischen Sinne, aber rechtlich befugt sind, bei der Ausführung von Gesetzen und der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken (...). Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des BGH, dass auch als juristische Personen des Privatrechts organisierte Einrichtungen und Unternehmen der öffentlichen Hand als „sonstige Stellen“ den Behörden gleichzustellen sind, wenn bei ihnen Merkmale vorliegen, die eine Gleichstellung rechtfertigen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie bei ihrer Tätigkeit öffentliche Aufgaben wahrnehmen und dabei derart staatlicher Steuerung unterliegen, dass sie bei einer Gesamtbewertung der sie kennzeichnenden Merkmale als „verlängerter Arm“ des Staates erscheinen (...).“

 

So die ständige Formulierung des BGH.

 

Wie sieht sich die BayernLB selbst? Auf ihrer Website heißt es zum Unternehmensprofil: „Die BayernLB zählt zu den führenden Geschäftsbanken für große und mittelständische Kunden in Deutschland und ist ein leistungsfähiger Unternehmens- und Immobilienfinanzierer mit regionalem Fokus und ausgewogenem Risikoprofil. Als Mitglied der Sparkassen-Finanzgruppe steht die BayernLB den Sparkassen in Bayern in enger Partnerschaft als Produktlieferant mit breitem Angebot zur Verfügung, gleichzeitig erfüllt sie die Zentralbankfunktion im Verbund. Privatkunden betreut die BayernLB vor allem über ihre Tochtergesellschaft Deutsche Kreditbank AG (DKB).“

 

Der BGH (BGHSt 49, 214) hat im Zusammenhang mit Angestellten der Deutschen Bahn AG deren Eigenschaft als Amtsträger verneint. Die Deutsche Bahn AG trete bewusst als ein Unternehmen auf, das auf Gewinnerzielung und Wirtschaftlichkeit ausgerichtet ist. Mit diesem Anspruch und nicht als ein Staatsunternehmen werde es auch zunehmend in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Das Beispiel der Deutschen Bahn AG zeigt zugleich, dass allein die staatliche Inhaberschaft – Bund, Land oder Kommune – die Eigenschaft als behördengleiche sonstige Stelle nicht begründet. Die Trägerschaft der BayernLB ist in Art. 3 Gesetz über die BayernLB geregelt. Träger sind der Freistaat Bayern und der Sparkassenverband Bayern. Aufgaben, Befugnisse und Verpflichtungen der Trägerschaft regelt Art. 3 Abs. 2. Es gilt, dass keine Befugnis zur Geschäftsführung besteht. Der Träger hat etwa die Befugnis, die Aufgaben der Bank zu bestimmen.

 

Wie nimmt die Öffentlichkeit heute das Auftreten und die Tätigkeit der Landesbanken wahr? Als Landesbank ist die BayernLB kraft Gesetzes auch der Wirtschafts- und Mittelstandsförderung verpflichtet. Das zeigt sich etwa unter dem Stichwort Mittelstand auf ihrer Website: „Die BayernLB ist die Kundenbank für den deutschen Mittelstand, vor allem in den Wirtschaftsregionen Bayern und Nordrhein-Westfalen. Hohe Produkt- und Beratungsqualität, gute persönliche Kundenbeziehungen und langjährige Expertise prägen das Profil der Bank als zuverlässiger Partner im Geschäft mit dieser Kundengruppe. Umfassendes Know-how bietet die BayernLB bei der aktiven Begleitung der mittelständischen Exportwirtschaft auf neuen Absatzmärkten. Außerdem hat sie eine herausragende Marktstellung im Fördergeschäft.“

 

Die bankgeschäftliche Tätigkeit überwiegt in der Gesamtbetrachtung bei weitem die Verfolgung öffentlicher Aufgaben. Art. 2 Abs. 1 Satz 2 Gesetz über die BayernLB betont gerade die Wettbewerbssituation. In der eigenen Außendarstellung unterscheidet die BayernLB wenig zwischen den Geschäftsbereichen. Hier wird die Orientierung der BayernLB auf Wirtschaftlichkeit und Gewinn und Wettbewerb anschaulich. Da unterscheidet sie sich als Landesbank in nichts von einer Privatbank. Die BayernLB bezeichnet sich selbst als international tätige Bank: „Wir sind an wichtigen Finanzzentren der Welt präsent. Gemeinsam mit unseren Töchtern begleiten wir Sie weltweit und unterstützen Sie beim Eintritt in neue Märkte.“  Der missglückte Kauf der HypoGroupAlpeAdria (HGAA) im Jahr 2005 und die beabsichtigte Expansion ins Ausland zeigen das. Das ändert den Charakter als bloße Kommunalbank. In der geforderten Gesamtbetrachtung treten Landesbanken heute als Ganzes im Wettbewerb mit privaten Geschäftsbanken auf. Das prägt ihr Selbstverständnis, das prägt ihr Auftreten nach außen: „Die BayernLB zählt zu den führenden Geschäftsbanken für große und mittelständische Kunden in Deutschland und ist ein leistungsfähiger Unternehmens- und Immobilienfinanzierer mit regionalem Fokus und ausgewogenem Risikoprofil. " Es ist daher nicht die Aufgabe als Staats- und Kommunalbank, die den Charakter einer Landesbank prägt, sondern heute ist es der Geschäftsbankensektor, der prägend für deren Rechtscharakter ist. Wie Privatbanken sind Landesbanken als Ganzes national und international geschäftlich tätig. Sie handeln markt- und gewinnorientiert und sie konkurrieren weitgehend um denselben Kundenkreis: Mittelstand, institutionelle Kunden und Finanzinstitutionen, Privatkunden, die Öffentliche Hand.

 

Dieses Ergebnis, die Amtsträgereigenschaft eines Vorstands einer Landesbank abzulehnen, erscheint auch im Hinblick auf das durch die §§ 331 ff. StGB geschützte Rechtsgut - Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität von Trägern staatlicher Funktionen und damit zugleich in die Sachlichkeit staatlicher Entscheidungen - nicht unbillig. Der Verkauf der Formel-1-Rechte durch die BayernLB ist eine reine marktwirtschaftliche Entscheidung. Es fehlt jeder hoheitliche Aspekt. Berührt ist der freie Wettbewerb. Und diesen schützt hinreichend § 299 StGB.

 

Ob das LG München den Wandel der Wirklichkeit erkennt? Es ist einfach, auf die alte BGH-Entscheidung aus dem Jahr 1983 zu verweisen. Aber einfach darf sich ein Gericht die Sache nicht machen. Wenn nicht das LG, so möge später der BGH seine Rechtsprechung ändern, aber wetten möchte ich darauf nicht.

 

Privatdozent und Rechtsanwalt Dr. Joachim Kretschmer, Berlin

         

 

 

 

 

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2 Kommentare

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Sie lassen mMn außer Acht, wie die BayernLB überhaupt zu den Formel-1-Rechten gekommen ist: als Sicherheit für die Milliardenkredite an die Kirch-Gruppe, die entgegen der Warnungen der eigenen Revisionsabteilung ausgegeben wurden. Nach Prüfung durch die Bankenaufsicht stellte sich heraus, dass die BayernLB "keinen Gesamtüberblick über die finanzielle Lage des Kirch-Konzerns und dessen Zahlungsfähigkeit" hatte. "Ein Jahresabschluss des Kirch-Konzerns für das Jahr 2000 fehlte ebenfalls. Damit habe die Landesbank gegen das Kreditwesengesetz verstoßen".

Mithin eben keine betriebswirtschaftliche Entscheidung, sondern eine politische - selten in der jüngeren Geschichte war der „verlängerter Arm“ des Staates i.S.d. BGH so deutlich zu sehen wie bei der Entscheidung über die Vergabe und die Höhe der Kirch-Kredite. Selbstdarstellungen der Bank helfen da nicht zur Beurteilung, es ist die tatsächliche Handlung zu beurteilen.

Wenn aber die Bank als Amtsträger die Rechte erwirbt, kann man schlecht argumentieren, dass sie bei deren Verkauf plötzlich kein Amtsträger mehr sein soll.

 

Hinsichtlich der Verurteilung von Gribkowsky vor dem Landgericht München I scheinen sämtliche juristischen Diskussionen überflüssig. Damals war der "Olli-Kahn-Senat" zuständig, so dass davon auszugehen ist, dass sämtliche Verurteilungen durchgewunken wurden. Man wird sehen, was die Zukunft unter veränderten Senats-Vorsitz beim BGH bringt....-)

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