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Buchhalterische Überlegungen zur Zypernkrise

Christian Thurow

2013-03-28 16:34

Die Eurokrise ist noch nicht vorüber. Nach Griechenland, Irland und Spanien ist nun Zypern in den Fokus des Geschehens gerückt. Dabei wirft das Vorgehen der Verantwortlichen in der Zypernkrise  einige Fragen auf, welche auch aus buchhalterischer Sicht interessant sind:

  • Wie ist ein drohender Haircut auf Bankguthaben bilanziell zu erfassen? Als Einzelwertberichtigung, als bloße Anhangangabe oder als „davon-Vermerk“?
  • Ist der durch den Haircut verursachte Aufwand im Finanz- oder im operativen Ergebnis zu erfassen? Beeinflusst er den Cashflow aus operativer Tätigkeit oder den Cashflow aus Finanzierungstätigkeit?
  • Sind Forderungen gegenüber Schuldnern in Zypern noch voll werthaltig? Oder dürfen bzw. müssen nun Länderrisiken auch innerhalb der EU berücksichtigt werden?
  • Wie wirkt sich die Krise auf die Exportfinanzierung aus? Welchen Sinn haben z.B. Bankakkreditive, wenn das gesamte Bankensystem eines Landes geschlossen bleibt?
  • Ist ein Zahlungsverzug  aufgrund amtlich angeordneter Bankenschließung bzw. eingeführter Kapitalverkehrskontrollen als höhere Gewalt anzusehen oder berechtigt er zur Erhebung von Verzugszinsen?
  • Erhöht die Eurokrise u.U. die Bereitschaft ausländischer Lieferanten, deutschen Unternehmen längerfristige Lieferantenkredite einzuräumen?

Zu einigen der Fragen habe ich versucht, erste Antworten zu geben – siehe hier: http://rsw.beck.de/cms/main?docid=344347

 

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3 Kommentare

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Sehr geehrter Herr Thurow!

Sie sagen es ja selbst in Internet-Beitrag, auf den Sie verweisen, dass vieles noch auf Pressemitteilungen beruht. Ich bin mir deswegen im Zweifel, ob ich auf Basis von solch unsicheren Informationen schon im diesem Quartalsabschluss, den wir nächste Woche erstellen, die Auswirkungen der Zypernkrise auf die dortigen Bankguthaben und Debitoren berücksichtigen kann.

 

 

Sehr geehrter Herr Heymann,

die rund 2 wöchige Schließung der Banken in Zypern hat bereits im März stattgefunden. Ebenfalls im März wurden Kapitalverkehrskontrollen eingeführt, die einen Höchstbetrag vorsehen, welcher pro Monat außer Landes überwiesen werden kann. Insofern haben diese Ereignisse bereits vor dem Stichtag 31.03. stattgefunden. Müßten sie als wertbegründend somit nicht berücksichtigt werden? Selbst wenn noch eine Unsicherheit über die genaue Höhe des Verlustes besteht, sollte man dann nicht zumindest eine Rückstellung bilden? Immerhin gilt das Vorsichtsprinzip. Dieses bezieht sich zwar i.d.R. auf nicht realisierte Erträge, aber haben wir hier eine neue Situation. Bisher waren Bankguthaben "sicher". Wenn dies nicht mehr der Fall ist, worauf auch die aktuellen Äußerungen des niederländische Notenbankchefs hindeuten, dann schafft dies m.E. eine neue Situation. Ähnlich wie bei Forderungen kann es nun zu "nicht realisierbaren Bankguthaben" kommen. Wie sollte dies bilanziell erfaßt werden. Als Wertberichtigung auf der Aktivaseite. Als Rückstellung auf der Passivaseite?

Mit freundlichen Grüßen

 

Christian Thurow

Sehr geehrter Herr Thurow,

vielen Dank für Ihre Argumente vor allem zum Vorsichtsprinzip, die mich überzeugen. Zu Wochenbeginn liegen nun weitere genauere Fakten vor. Die zyprische Notenbank hat mitgeteilt, dass Kunden der Bank of Cyprus vorerst den Zugriff auf mindestens 60 Prozent ihrer Einlagen von mehr als 100.000 Euro verlieren. 37,5 Prozent dieses Betrags sollen in Aktien umgewandelt werden und die verbleibenden 22,5 Prozent werden für drei Monate eingefroren, bis der Finanzbedarf der Insel feststeht. Auch die übrigen 40 Prozent sollen erst dann ausgezahlt werden, wenn sich die Bank positiv entwickelt.

Die voraussichtliche dauerhafte Höhe der Abwertung lässt sich also noch schwer abschätzen. Wir gehen vorerst von einer dauerhaften Wertminderung von mindestens 50 Prozent aus. Haben Sie hier bessere Erkenntnisse oder Infos?

Eine Rückstellungsbildung würde ich nicht vornehmen, da es sich bei den Bankguthaben und Kundenforderungen nicht um ungewisse Verbindlichkeiten, drohende Verluste aus schwebenden Geschäften oder Aufwandsrückstellungen handelt. Der drohende Verlust betrifft nach meiner Meinung zweifelhafte Forderungen, weshalb wir eine Einzelwertberichtigung zum Quartalsabschluss vorgenommen haben. Doch das Unternehmensergebnis würde unter dem Strich auch bei einer Rückstellungsbildung dasselbe sein.

 

Sollten Sie oder andere KollegInnen andere Kenntnisse haben, würde ich mich über eine Info freuen.

 

Mit freundlichem Gruß

 

Paul Heymann

 

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