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Der Bundespräsident-Verlautbarung zur Thüringen- LandtagsWahl 2014

Matthe-Siegfried

2014-11-11 14:46

Bundespräsident Joachim Gauck hat öffentlich die Vertraubarkeit zu einem möglichen erstmaligen Ministerpräsidenten der Partei Die Linke ( Bodo Ramelow ) thematisiert. Anlaß und Hintergrund sind die Thüringen- LandtagsWahl 2014 und die nun laufenden Regierungsbildungs- Bemühungen der Partei Die Linke- SPD und –Grüne ( vgl. Bericht aus Berlin, ARD, Sendung v. 2. Nov. 2014, ab Min 5 usw und entsprechende Presseberichte. )

 

Der Bundespräsident als Staatsoberhaupt verkörpert die Einheit des Staates, erfüllt seine  verfassungsmäßigen Aufgaben, wirkt zudem repräsentativ, sinnstiftend und integrativ ( Art. 55 f. GG usw. ). Das BVerfG hat mit Urt. v. 10. Juni 2014 ( = 2 BvE 4/ 13; https://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/es20140610_2bve000413.html?Suchbegriff=Bundespr%E4sident ) entschieden, daß der Bundespräsident bei seiner Aufgabenwahrnehmung grundsätzlich autonom entscheidet, ihm kommt diesbezüglich ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Das Handeln des Bundespräsidenten findet seine Grenzen in der Bindung an die Verfassung und die Gesetze. Der Bundespräsident hat das Recht der Parteien auf freie und gleiche Mitwirkung bei der politischen Willensbildung des Volkes gemäß Art. 21 GG zu achten, jedoch können Äußerungen des Bundespräsidenten, die die Chancengleichheit der Parteien berühren, gerichtlich nur dann beanstandet werden, wenn er mit ihnen unter evidenter Vernachlässigung seiner Integrationsaufgabe und damit willkürlich Partei ergreift. Und weiter: Der Bundespräsident bedarf daher, auch soweit er auf Fehlentwicklungen hinweist oder vor Gefahren warnt und dabei die von ihm als Verursacher ausgemachten Kreise oder Personen benennt, über die seinem Amt immanente Befugnis zu öffentlicher Äußerung hinaus keiner gesetzlichen Ermächtigung. Weiterhin aber auch: Den verfassungsrechtlichen Erwartungen an das Amt des Bundespräsidenten und der gefestigten Verfassungstradition seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland entspricht es, dass der Bundespräsident eine gewisse Distanz zu Zielen und Aktivitäten von politischen Parteien und gesellschaftlichen Gruppen wahrt (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 2014 - 2 BvE 2/09, 2 BvE 2/10 -, Rn. 95 m.w.N.).

 

Das verlautbarte Ansinnen des Bundespräsidenten einer gebotenen gesellschaftlichen Wachsamkeit und Achtsamkeit bezüglich einer Neukonstellation aus einem Ministerpräsidenten Die Linke auf der Grundlage einer parlamentarischen Koalition Die Linke- SPD- Grüne in Thüringen trifft ganz gezielt und namentlich in die laufende Regierungsbildung in Thüringen und kommt dem laufenden politischen Aushandlungsgeschehen konkret sehr nahe. Die Partei Die Linke wirkt dort als zugelassene Wahlpartei nach ihrem erzielten Wahlergebnis legal und auch erwartet nach dem Auftrag ihrer Wähler an den Versuchen einer Regierungsbildung mit. Dabei ist die Partei Die Linke in das demokratische System in Deutschland eingebunden und an das Grundgesetz und die Gesetze gebunden und ist auch auf die insofern auch kontrollierende Zustimmung aus SPD und Grünen angewiesen. Der bundespräsidiale Aufruf sollte nicht die Frage nach der Vertraubarkeit der Partei Die Linke stellen, sondern vorwärtsgewandt Wachsamkeit und Achtsamkeit auf diese neue erstmalige Konstellation, das politische Novum, das politische Gebahren und ihre Verlässlichkeit fordern. Dann wäre die Botschaft, auch nach den Maßstäben des GG und des BVerfG, unbestreitbar souverän, klar erkennbar und würde nicht zu der erfolgten öffentlichen Kritik einer parteinehmenden „ Einmischung “ geführt haben. Der Bundespräsident als insofern verstandener Mahner ist ja sehr wünschenswert und erforderlich.

 

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
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2 Kommentare

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Der Bundespräsident hat nicht über Die Linke und Rameloh geurteilt, sondern lediglich eine Frage formuliert, mit der sich viele Deutsche beschäftigen. Er hat also mitnichten die Vertrauenswürdigkeit dieser Konstellation in Abrede gestellt, sondern einer wichtigen politischen Frage Gehör verschafft und damit der Linken die Möglichkeit eingeräumt, diese zu beantworten.

Dieser Akt wirkt hochgradig integrativ, denn die Linke hat darauf reagiert: Mit Empörung (unberechtigt), mit einem formalen und absolut zutreffenden Argument (anerkannte politische Partei mit Wählerauftrag) und einem politischen Programm, das genau die Frage des Bundespräsidenten als berechtigt erscheinen lässt.

Die Komik des politischen Diskurses merken die gar nicht, weil total humorlos. Aber so macht doch Politik Spaß!

Wie hat sich denn Gauck über die politische Vergangenheit des Amtsvorgängers Dieter Althaus (DDR-CDU-Blockflöte und roteste Socke) geäußert oder darüber, dass sich die CDU Volkseigentum in Form des Parteivermögens der DDR-CDU unter den Nagel gerissen hat (was die wegen ihrer Spendenaffären - welche genau, muss ich erst nachschauen - pleitegegangenen West-CDU überhaupt das Überleben sicherte)?

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