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Einkaufen trotz Hausverbotes

recktenwald

2015-07-24 22:11

Anfang der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts gab es das bekannte Modethema des Tankens ohne zu Bezahlen. Moege aus dem vorliegenden Fall ein aehnliches Modethema werden. Moden und Begriffe oder vom deutschen Recht zu Beginn des 3. Jahrtausends:

 

Eine Mandantin hatte trotz eines Hausverbotes in einem Supermarkt Nudeln gekauft. Am Ausgang wurde sie vom Wachpersonal gestellt.

 

Gehen wir davon aus, dass der an der Supermarktkasse von der Mandantin mit der Kassiererin des Supermarktes abgeschlossene Kaufvertrag wirksam war -- weil das normal ist und nichts dafuer spricht, dass dies nicht auch hier so war, der Supermarkt hatte eine Nichtigkeit auch nicht geltend gemacht -- dann war sie zumindest nach dem Verkauf mit dem Willen des Supermarkts im Supermarkt. Denn man kann nicht im Supermarkt etwas kaufen, ohne im Supermarkt zu sein.

 

Und was die Zeit davor angeht, kann der Supermarkt dann kaum noch geltend machen, dass die Mandantin zunaechst gegen seinen Willen in dem Supermarkt war, was ja der Fall ist, da ein spaeteres Ereignis ein fruehreres nicht ungeschehen machen kann. Wie man das im Einzelnen konstruiert ist zweitrangig; am einfachsten ist es, das ist aber wohl auch mindestens geboten, eine Verwirkung des Rechtes auf den Strafantrag anzunehmen. Denn man kann nicht erst eine Sache verkaufen und danach einen Strafantrag stellen. Das waere das "kleine Strafrecht der Supermaerkte" bzw. der Rocker, die dort mit dem Willen des Supermarktes fuer den Hausfrieden sorgen.

 

Anderer Ansicht allerdings das wegen eines Verstosses gegen den Grundsatz Nulla poena sine lege angerufene Landesverfassungsgericht. Tatsächliche Sachherrschaft und das Recht auf den Strafantrag und so weiter. Seit dem Tanken ohne zu Bezahlen scheint alles vertretbar und nichts mehr falsch zu sein. Erst konnte man auch in der eigenen Wohnung einen Hausfriedensbruch begehen. Nun kann man auch Einkaufen und einen Hausfriedensbruch begehen. Der link wird nachgereicht.

 

 

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51 Kommentare

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Entscheidung ist leider noch nicht veroeffentlich. Landesverfassungsgericht meint aber jedenfalls, soweit ersichtlich, es waere auch moegflich gewesen, dass der Verkauf der Nudeln im Supermarkt nach dem Willen des Supermarktes verboten war. Richterliche Freiheit, in die sich die Verfassungsgerichte nicht einmischen..

 

Ich denke aber, dass der Hausfrieden ein tatsaechliches Verhaeltnis ist und dass es genuegtt, dass dieser Verkauf stattgefunden hat. Wer einen Supermarkt betreibt, will auch, dass er so, wie er ihn eingerichtet hat, auch funktioniert. Und der Supermakt hatte auch funktioniert. Die Mandantin hatte ihre Nudeln.

Ehrlich gesagt verstehe ich das Problem nicht. Das Hausverbot bestand doch wohl unstreitig, Hausfriedensbruch liegt bei BEtreten also ohne weiteres vor. Dabei ist es unerheblich, dass es augenscheinlich keine Zugangskontrollen gab. UNd wenn der Verstoß erst beim Bezahlen festgestellt wird, ändert das das daran auch nichts.

Was das mit dem Tanken ohne zu Bezahlen zu tun hat, erschließt sich mir nciht, dort geht es um die Abgrenzung von DIebstahl und Betrug, was scheint Ihrer Meinung nach danach "alles vertretbar"?

Ich bin kein Jurist. Aber ich habe folgenden Fall zum Hausrecht im Einzelhandels:

1. Das aufgrund von mehreren EU-Richtlnien inkraftgesetzte zivilrechtlliche allgemeine Gleichbehandlungsgesetz schützt gegen Diskriminierung bei der Befriedigung elementarer Lebensbedurfnisse, also im Einzelhandel, im Öffentlichen Nahverkehr, bei der ärztlichen Versorgung, usw. Den Begünstigten soll ein gleicher Zugang zu allgemein zugänglichen Waren und Dienstleistungen möglich sein.

2. Nun drohen Unternehmen mit der Polizei und ihrem Hausrecht (Ordnungsrecht), um sich damit ihrer zivilrechtlichen Verpflichtung zu entziehen oder sie machen eine "Bedrohung" nach dem Strafrecht geltend. Die Polizei prüft in solchen Fällen gar nicht, worin die Bedrohung bestehen sollte - es wurde lediglich ein zivilrechtliches Unterlassungsverfahren angekündigt - und verweist darauf, daß sie ein Hausverbot ggf. mit Hilfe einer Anzeige bei der Staatsanwaltschaft wegen Hausfriedensbruch durchsetzen würde.

3. Das Hausrecht ist ein Ausfluß des Eigentumsrechtes. Dieses kann m.E. nicht weiter gehen, als das Eigentumsrecht. Es entspricht der Rechtsprechung des BVerfG, daß das Eigentumsrecht nur in dem Recht besteht das Eigentum zu verkaufen oder zu verpachten. Eine aus der Sozialbindung des Eigentums entstehende Pflicht - auch wenn sie zu einer Minderung der Erwerbsmöglichkeiten aus dem Eigentum führt - ist nicht vom Grundrecht auf Eigentum geschützt (Urteil des BVerFG zum Nichtraucherschutz, sogen. Disokothekenurteil BaWü).

4. In solchen Fällen sehe ich das durch Zivilrecht eingeräumte Recht des freien Zugangs zu Waren durch eine mißbräuchliche Anwendung des Hausrechtes ohne Rechtsgrundlage beschränkt.

Das muß immer unzulässig sein. 

5. Ich kann auch nicht sehen, daß darauf verwiesen werden könnte, daß die Entscheidung des BVerfG zum Ordnungsrecht (Nichtraucherschutz) ergangen ist und es beim Hausfriedensbruch um Strafrecht geht.

6. Solche Werteentscheidungen des BVerfG gelten nicht nur in dem entschiedenen Einzelfall, sie gelten auch bei allen anderen künftigen Entscheidungen der Gesetzgebenden Körperschaften, der Gerichte und Behörden (§ 31 BVerfGG).

1. Tanken ohne Bezahlung ist ganz SONNENKLAR ein Diebstahl. Wer ohne Bezahlung wegfaehrt, nimmt weg. Siehe dazu schon RGSt 1, 289 und das souveraene Schweizerische Bundesgericht:

"Ob die Ware vom Kunden selber vom Regal genommen oder durch Verkaufspersonal abgeschnitten und eingepackt (z.B. Fleisch, Kaese) bzw. eingefuellt (Benzin) wird, kann fuer die Frage des Fortbestandes von Mitgewahrsam des Verkaeufers bis zur ordnungsgemaessen Bezahlung des Preises nicht massgebend sein (BG 110 IV 12)."

2. Bemerkenswert ist meines Erachtens vor allem, dass dieses Ergebnis in Deutschland ueberhaupt in Frage gestellt worden ist. Welzel hielt in der letzten Auflage seines Lehrbuchs 1969 eine Unterschlagung fuer moeglich, der Rest ist bekannt. "Bei natuerlicher Betrachtungsweise des aeusseren Tatgeschehens" ist es ein Betrug.

Ueber Welzels Theorie der Gewahrsamsexklaven sollte man deshalb vielleicht einmal neu nachdenken. Vielleicht koennte man darueber auch ein dickes rechtsgeschichtliche Buch schreiben etwa nach dem Motto: Erst die  "nationalsozialistische Handlungslehre" erfinden, an der selbstverstaendlich nichts typisch nationalsozialistisch gewesen ist, und dann dem Besitz "das einzige fuer ihn wesentliche Element nehmen" (Binding).

Der Herrschaftswille ist vielleicht das einzige Tabu ueber das zu reden waere und zwar gerne auch im Tierreich. Warum sollten Fische keinen Herrschaftswillen haben? Das konnten sie Welzel nur nicht sagen. Es entspraeche aber wohl der roemischen Auffassung, wonach es sich beim Diebstahl um Naturrecht handelt, das fuer alle Lebewesen gilt. Und ist nicht auch "Naturrecht und materielle Gerechtigkeit" nur ein Religionsbuch?

Daraus folgt fuer mich, dass das Wesen der tatsaechlichen Sachherrschaft in Deutschland nicht mehr verstanden wird und dass dazu heute alles vertretbar ist, wenn man sich nicht unbeliebt machen will. An der volkommen falschen deutschen Rechtsprechung zum Tanken ohne Bezahlung wird sich niemals etwas aendern. Die geht ihren Weg und mag sie noch so unsinnig sein.

3. Man kann nun sagen, dass der Inhaber des Hausrechtes darin frei ist, wem er den Zugang verbietet. Vielleicht habe ich mich deshalb auch geirrt.

Dass bis zum Verkauf der Nudeln ein tatbestandlicher Hausfriedensbruch begangen worden ist, ist voellig klar. Und dass es dafür nur auf den Willen des Hausrechtsinhabers ankommt, ebenso. Dann koennte man aber auch keinen wirksamen Kaufvertrag ueber die Nudeln annehmen. Die Verkaeuferin mag mit Vertretungsmacht gehandelt haben, die Mandantin wusste aber, dass es ein Hausverbot gab und demgemaess der Inhaber des Hausrechtes diesen Verkauf nicht wollte. Die Nudeln waeren entgegen dem "aeusseren Tatgeschehen bei natuerlicher Betrachtungsweise" auch nicht uebergeben, sondern schon im Moment der scheinbaren Uebergabe weggenommen worden.

Dem haette es aber entsprochen, der Mandantin die Nudeln auch wieder abzunehmen. Das fand aber nicht statt. Vielleicht bin ich auch deshalb davon ausgegangen, dass dem Inhaber des Hausrechtes der Verkauf der Nudeln doch noch wichtiger war als die Durchsetzung des Hausrechtes. In jedem Fall konnte er nicht beides haben.

Die Polizei prüft in solchen Fällen gar nicht, worin die Bedrohung bestehen sollte - es wurde lediglich ein zivilrechtliches Unterlassungsverfahren angekündigt - und verweist darauf, daß sie ein Hausverbot ggf. mit Hilfe einer Anzeige bei der Staatsanwaltschaft wegen Hausfriedensbruch durchsetzen würde.

Vorsicht, die Supermaerkte machen das auch. Worin besteht denn, wenn die Frage erlaubt ist, die Diskriminierung? Laufen Sie nackt in Supermaerkten herum?

 

Meine allerdings, dass Sie etwas zu hoch greifen. Schauen Sie mal ins Bauplanungsrecht. Meines Erachtens muessen die Supermaerkte dafuer auch etwas tun.

recktenwald schrieb:

Eine Mandantin hatte trotz eines Hausverbotes in einem Supermarkt Nudeln gekauft. Am Ausgang wurde sie vom Wachpersonal gestellt.

Gehen wir davon aus, dass der an der Supermarktkasse von der Mandantin mit der Kassiererin des Supermarktes abgeschlossene Kaufvertrag wirksam war -- weil das normal ist und nichts dafuer spricht, dass dies nicht auch hier so war, der Supermarkt hatte eine Nichtigkeit auch nicht geltend gemacht -- dann war sie zumindest nach dem Verkauf mit dem Willen des Supermarkts im Supermarkt. Denn man kann nicht im Supermarkt etwas kaufen, ohne im Supermarkt zu sein.

Sehe ich anders.

Die Betroffene war die ganze Zeit gegen den Willen des Eigentümers vor Ort. Ob das Eindringen widerrechtlich ist, hängt nicht von Zweck ab (einkaufen wäre als Zweck legitim), sondern vom formalen Verstoß gegen das Hausverbot.

Der Berechtigte hat auch durch sein Verhalten das Hausverbot nicht aufgehoben. Das einzige Verhalten, was offensichtlich hierfür in Frage käme, wäre das der Kassiererin, die die Ware verkauft hat.

Die Tatsache, dass die Kassiererin befugt ist, die Kaufverträge mit dem Kunden abzuschließen, bedeutet nicht, dass sie irgendwas mit dem Hausverbot zu schaffen hat. Sie wird nämlich in dieser Hinsicht keine Befugnisse haben. Weil sie schon für den Berechtigten kein Hausverbot aussprechen dürfen wird, wird man ihr auch nicht zugestehen können, für ihn ein Hausverbot durch konkludentes Handeln (Verkauf der Ware) temporär oder dauerhaft aufheben zu können. Also wird man auch ihr (Nicht-)Handeln in Bezug auf das Hausverbot nicht dem Berechtigten als Aufhebung des Hausverbots zurechnen können.
Ob das Hausverbot der Kassiererin überhaupt bekannt war, ist dabei noch nichtmal geklärt. Es wäre wohl auch nicht im Interesse der Betroffenen, wenn an jeder Kasse Bilder der Personen hängen, gegen die ein Hausverbot ausgesprochen wurde.

Anders sieht es aus, wenn jemand, der vom Berechtigten mit der Durchsetzung von Hausverboten beauftragt ist, dieses zunächst nicht durchgesetzt hat, damit zunächst der Einkauf beendet wird. In Frage käme der Wachmann. Allerdings müsste dann auch nachgewiesen werden, dass dieser bereits vor Verkaufsbeginn bemerkt hatte, dass hier jemand gegen das Hausverbot verstößt. Wann das Wachpersonal das bemerkt hat, dürfte schwer nachvollziehbar sein. Es kann sogar im Interesse des Kunden gewesen sein, dass er einen Moment wartet, um ihn beispielsweise nicht aus der Warteschlange vor aller Augen hinauszuwerfen. Hierzu gibt der Sachverhalt aber in keiner Richtung etwas her.

 

Ein Vertrag wird nicht durch den Verstoß gegen das Hausverbot nichtig, es wird auch keinen Rücktrittsvorbehalt geben. Es bleibt also allenfalls die Möglichkeit einer Anfechtung nach § 119 II BGB, aber ob das bestehende Hausverbot als verkehrswesentliche Eigenschaft des Vertragspartners angesehen wird, ist zumindest nicht eindeutig. Anders gesagt: Ob der Verkäufer den Vertrag überhaupt aufheben durfte, selbst wenn er ihn nicht will, ist gar nicht sicher.
 

M.E. ist in jedem Fall ein Vertrag zu Stande gekommen. Ob die Verkäuferin keine Vertretungsmacht hatte (gab´s vielleicht eine Anweisung, "an die verkauft ihr nix") weiß man nciht. In jedem Fall ist in diesem Fall der schwebend unwirksame Vertrag nach § 177 BGB konkludent genehmigt worden.

Eigentlich eine ziemlich klare Sache, hoffetnlcih war die erfolglose Verfassungsbeschwerde nciht allzu teuer...

Sehr schoen:

 

Sie wird nämlich in dieser Hinsicht keine Befugnisse haben. Weil sie schon für den Berechtigten kein Hausverbot aussprechen dürfen wird, wird man ihr auch nicht zugestehen können, für ihn ein Hausverbot durch konkludentes Handeln (Verkauf der Ware) temporär oder dauerhaft aufheben zu können.

 

Genau das halte ich fuer falsch. Dass die Kassiererin nicht die Besitzerin des Supermarktes ist, versteht sich von selbst.

 

Aber immerhin scheint es hier doch eine gewisse Tendenz zu der "natuerlichen Betrachtungsweise des tatsaechlichen Geschehens" im Supermakt zu geben.

 

Was war dem Besitzer des Supermaktes wichtiger?

 

Gruss, wunderbar...

Lieber Mazz, wie ist die Ware denn uebergeben worden?

 

Fuer ganz klar halte ich den Fall nicht. Klar ist nur, dass der Besitzer wollen kann, was er will. Was er tatsaechlich wollte, ist aber meiner Meinung nach jedenfalls nicht ganz so klar. Wenn wir davon ausgingen, er habe den Verkauf vielleicht gewollt, muessten wir dann nicht eigentlich in dubio pro reo freisprechen?

 

Es gab fuer die Verfassungsbeschwerde einen guten Grund.

 

Mittellose Mandantin, die die Geschichte erzaehlt hatte, und das Gericht hatte bei der Einstellung nach Jugendrecht den Auslagenersatz verweigert. Daran war nichts zu aendern, schon weil es rechtlich auf eine Zustimmung zur Einstellung im Jugendstrafrecht nicht ankommt. "Sind Sie damit einverstanden, dass wir jetzt Schluss machen?" "Ja." Strafprozessual vollkommen irrelevant. Was haette ich denn anderes sagen sollen? Muss ich immer "Nein" sagen, wenn ich noch eine Verfassungsbeschwerde einlegen will?

 

Thanks!!

Lieber I.S.:

Ein Vertrag wird nicht durch den Verstoß gegen das Hausverbot nichtig, es wird auch keinen Rücktrittsvorbehalt geben.

Auch hier wuerde ich widersprechen. Die Mandantin haette dann doch gewusst, dass der Vertretene den Vertrag nicht wollte. Warum sollte dann mit dem Vertretenen ein Vertrag geschlossen worden sein?

Heiko schrieb:

Lieber I.S.:

Ein Vertrag wird nicht durch den Verstoß gegen das Hausverbot nichtig, es wird auch keinen Rücktrittsvorbehalt geben.

Auch hier wuerde ich widersprechen. Die Mandantin haette dann doch gewusst, dass der Vertretene den Vertrag nicht wollte. Warum sollte dann mit dem Vertretenen ein Vertrag geschlossen worden sein?

Vertrag entsteht durch Angebot und Annahme. Die Kundin hat das Angebot gemacht: "Ich würd gern das Zeugs kaufen, was auf dem Kassenband liegt." Das Angebot besteht, auch wenn sie genau weiss, dass der Vertretene diesen Vertrag eigentlich nicht schließen will. Der Vertrag ist zustande gekommen, als die Kassiererin das Angebot für den Vertretenen angenommen hat.

 

Heiko schrieb:

Sehr schoen:

Sie wird nämlich in dieser Hinsicht keine Befugnisse haben. Weil sie schon für den Berechtigten kein Hausverbot aussprechen dürfen wird, wird man ihr auch nicht zugestehen können, für ihn ein Hausverbot durch konkludentes Handeln (Verkauf der Ware) temporär oder dauerhaft aufheben zu können.

Genau das halte ich fuer falsch.

Was halten Sie genau für falsch? Gehen Sie davon aus, dass die Kassiererin ein Hausverbot aufheben kann?

Mal unabhängig von der Befugnis: Wegen § 166 Abs. 1 BGB wäre schon eigene Kenntnis der Kassiererin über das Hausverbot erforderlich, damit sie als Vertreterin die konkludente Willenserklärung abgeben kann, dass es aufgehoben werden soll.

 

Quote:

Was war dem Besitzer des Supermaktes wichtiger?

Die Frage stellt sich doch erst, wenn man ihm tatsächlich eine Aufhebung des Hausverbots durch die Kassiererin zurechnen kann. Andernfalls ändert sich an der Aussage des Betreibers: "Ich will nicht, dass diese Frau meinen Laden betritt!" nichts dadurch, dass die Frau sich trotzdem Zutritt verschafft und eine Kassiererin darüber täuscht, dass sie eine ganz gewöhnliche Kundin (ohne Hausverbot) wäre.

 

Heiko schrieb:

Und was soll uebrigens ein "Hausverbot" sein? Es ist keine Regelung, sondern nur der tatsaechliche gegenwaertige Wille des Besitzers.


Jeder Eigentümer/Mieter etc. hat grundsätzlich* das Recht, andere von der Mitnutzung seines Eigentums/gemieteten Objekts etc. auszuschließen. Ein Hausverbot ist die entsprechende Erklärung, dass er dieses Recht gegenüber der Person wahrnimmt, gegen die er das Hausverbot ausgesprochen hat.

(*grundsätzlich = Es gibt Ausnahmen, dass man manche Einflussnahme auf sein Eigentum dulden muss.)

 

Mit dem wirksamen Hausverbot wird dann auch das Betreten der Geschäftsräume zum widerrechtlichen Eindringen i.S.d. § 123 StGB. Übrigens ist der Tatbestand schon beim Betreten erfüllt, nicht erst in dem Moment, wo das auch von irgendwem wahrgenommen wird.

Ganz herzlichen Dank!! Das war genau der Grund, warum ich die vierseitige Verfassungsbeschwerde, von denen die meisten der Frage der Zulaessigkeit gewidmet waren, eingelegt hatte, denn der Hausfriedensbruch schuetzt nicht das Eigentum, sondern den Besitz am Haus.

 

Es war auch keine Urteilsschelte, denn mit dem Ergebnis bin aus dem von Mazz genannten Grund einverstanden, mit dem man jedenfalls eine logisch vertretbare Loesung erhaelt, wenn sie mich selbst aus den besagten Gründen auch nicht wirklich ueberzeugt, sondern nur der Versuch, den Besitz wieder zu dem Modethema zu machen, der er lange vor Herzberg, der das Problem ueberhaupt nicht angesprochen hatte, zur Zeit von Savigny war.

 

Interessiere mich allerdings eher nach dem Motto "Das ist das deutsche Abstraktionsprinzip" dafuer, den Besitzbegriff im Voelkerrecht wieder die Rolle zu geben, die er dort vor allem zur Zeit von Hugo Grotius ("Wart Ihr denn mal da?") einmal hatte.

 

So frage ich mich wegen der Krim aehnlich wie Hugo Grotius im Fall der Freiheit der See, die fuer ihn vor allem das Recht der freien Aneignung war, mit Savigny, ob die Ukraine trotz und nach Jelzin jemals in der Lage war, zu meinen, sie habe nun die tatsaechliche Freiheit, ueber die Krim nach Willkuer zu verfuegen, etwa die Krim der NATO zu geben.

 

Da haben die Russen im Fall der "Westverschiebung" der Ukraine nur genau das getan, was sie unter dem Gesichtspunkt des Rechtes aus dem Besitz tun mussten und auch die Israelis im Fall des tuerkischen Angriffs auf die Seeblockade um Gaza getan haben (der Fall des "Leopardenfells" bei den Roemern, siehe heute ausser dem Gewaltrecht des Besitzers, das bis heute den staatlichen Massnahmen vorgeht, die sich seit dem Aufkommen des allgemeinen Landfriedens im Mittelalter allmaehlich durchgesetzt haben, auch noch den Tatbestand des raeuberischen Diebstahls, der in diesen Faellen noch verwirklicht werden kann, wobei sich das "nit beschrien" der Carolina im  Schweizerischen StGB noch lange erhalten hat).

 

Das ist doch mal, wie auch Nichtjuristen zugeben muessen, ein wirkliches praktisches Problem. Das heisst auch nicht, dass ich ein "Putinversteher" bin, sondern nur, dass ich wenigstens wissen will, was wir tun. So long...best, H.

köstlich, worüber Juristen streiten können.

So ähnlich geht es ja auch bei Gericht zu, jedenfalls immer wieder mal, und die Prozessparteien als Objekte juristischer Wichtigtuerei müssen es ausbaden ..... 

Die muessen noch ganz andere Dinge ertragen. Kollateralschaeden schriftlicher Verfahren, die heute die Regel sind, und "richterliche Unabhaengigkeit".

 

Le roi c'est moi.

 

In meiner Wahlstage im Verwaltungsgericht hatte ich dieses Gefuehl besonders stark. Sie wollten aber keine Koenige sein, sie seien an das Gesetz gebunden.

Ausserdem noch einmal:

 

 

Vertrag entsteht durch Angebot und Annahme. Die Kundin hat das Angebot gemacht: "Ich würd gern das Zeugs kaufen, was auf dem Kassenband liegt." Das Angebot besteht, auch wenn sie genau weiss, dass der Vertretene diesen Vertrag eigentlich nicht schließen will. Der Vertrag ist zustande gekommen, als die Kassiererin das Angebot für den Vertretenen angenommen hat.

 

Ja, der Besitzer hat die Kasse tatsaechlich so eingerichtet, dass sie funktioniert. Kassiererin ist aber nur Vertreterin und den Willen des rechtlich fuer den Vertragsschluss zustaendigen Besitzers kennt meine Mandantin.

 

Warum soll das Tatsaechliche fuer den Vertragsschluss genuegen, aber den Hausfriedensbruch danach und wie auch immer rueckwirkend -- selbstverstaendlich ab dem Betreten, wenn es da wenigstens eine geschlossene Tuer oder eine Rinne im Fussboden gab, da eine unterschiedliche Farbe vielleicht fuer ein "Eindringen" nicht genuegt -- nicht ausschliessen?

 

 

Also, ich kriege das auch nicht unter einem Hut gebracht: Wirksamer Kaufvertrag (trotz möglichen Anfechtungsrechts wegen Irrtums über die im Verkehr nicht unerheblichen Eigenschaften in der Person des Käufers) und zugleich fehlende Befugnis zum Aufenthalt in Geschäftsräumen? Das kann doch nicht ...

Die Ausübung des Hausrechts und Erklärung des Hausverbots sind Ausdruck der Privatautonomie. Darin bringt der Inhaber des Hausrechts zum Ausdruck, keine Rechtsgeschäfte mit einer bestimmten Person künftig schließen zu wollen, so dass ein Grund und damit die Befugnis zum Aufenthalt in seinen Geschäftsräumen entfällt. Wenn er es dann aber entgegen seiner Ankündigung doch tut, dann lässt sich die Ausübung der Privatautonomie bei Vertragsschluss und Hausrecht nicht voneinander trennen.

WR Kolos schrieb:

Also, ich kriege das auch nicht unter einem Hut gebracht: Wirksamer Kaufvertrag (trotz möglichen Anfechtungsrechts wegen Irrtums über die im Verkehr nicht unerheblichen Eigenschaften in der Person des Käufers) und zugleich fehlende Befugnis zum Aufenthalt in Geschäftsräumen? Das kann doch nicht ...

Die Ausübung des Hausrechts und Erklärung des Hausverbots sind Ausdruck der Privatautonomie. Darin bringt der Inhaber des Hausrechts zum Ausdruck, keine Rechtsgeschäfte mit einer bestimmten Person künftig schließen zu wollen, so dass ein Grund und damit die Befugnis zum Aufenthalt in seinen Geschäftsräumen entfällt. Wenn er es dann aber entgegen seiner Ankündigung doch tut, dann lässt sich die Ausübung der Privatautonomie bei Vertragsschluss und Hausrecht nicht voneinander trennen.

A) Auch wenn Nichtjuristen sich vermutlich über die Spitzfindigkeit beschweren werden - aber ein Hausverbot bedeutet zunächst einmal nur, dass das Betreten der Räume untersagt wird. Es bedeutet nicht, dass Kaufverträge mit dieser Person ausgeschlossen werden!

Der auf den ersten Blick bestehende Widerspruch löst sich ganz schnell auf, wenn man sich klar macht, dass man Verträge ja nicht persönlich schließen muss. Der Laden hat vielleicht keine Online-Bestellmöglichkeit, aber wie der Ladenbetreiber seine Kassiererin als Vertreterin hat, kann auch der Einkäufer einen Vertreter schicken.

Bsp.: Der Mann [oder Sohn, Freundin ...] der vom Hausverbot betroffenen Kundin geht dort einkaufen, erklärt an der Kasse "Ich möchte das für meine Frau [oder Mutter, Freundin ...] kaufen!" - Damit ist er Vertreter und schließt im Namen der "Ausgesperrten" einen Vertrag. Sollte in den meisten Läden kein Problem sein.

Selbst die Kundin wird kaum davon ausgehen, dass, nur weil sie Hausverbot hat, sie auch niemand anders schicken darf, um für sie in diesem Laden einzukaufen.

 

B) Ein widersprüchliches Verhalten kann aber trotzdem vorliegen, wenn wie hier die Kundin keinen Vertreter schickt, sondern selber einkaufen geht.

Der Widerspruch liegt dann nicht schon darin, dass der Vertrag geschlossen wurde, sondern dass jemand (durch sein Handeln) die Aussage gemacht hat: "Der Laden verkauft an dich trotz Hausverbot". Es ist nicht wichtig, dass der Ladenbetreiber diese Aussage durch sein Handeln selber macht, das kann auch einer seiner Angestellten sein. Wegen § 166 Abs. 1 BGB kann die Aussage aber nur jemand treffen, der vom Hausverbot weiss!

 

Meiner Ansicht nach müssten deshalb 4 Bedingungen erfüllt sein, um den Widerspruch entstehen zu lassen:

1. Jemand aus der Sphäre des Berechtigten

2. der von dem Hausverbot wusste

3. hat die Kundin vor Vertragsschluss im Laden erkannt

4. und sie nicht vor die Tür gesetzt, bevor der Vertrag abgeschlossen war.

Liegen diese 4 Punkte alle bei einer Person vor, wurde auf die Durchsetzung des Hausverbots verzichtet, um den Vertragsabschluss zu erreichen und das wäre tatsächlich widersprüchlich.

 

Die beiden denkbaren Kandidaten aus der Sphäre des Berechtigten sind die Kassiererin, die die Kundin bedient hat und der Wachmann, der sie schließlich rausgeworfen hat. Beide erfüllen die Punkte 1 und 4. Beim Wachmann wissen wir auch, dass er Punkt 2 erfüllt.

 

Das bedeutet, um widersprüchliches Verhalten vorwerfen zu können, müssten wir Hinweise haben, dass

- entweder die Kassiererin Punkt 2 und 3 erfüllt

- oder der Wachmann Punkt 3 erfüllt.

Wenn Sie schreiben, das Hausverbot bedeute zunächst einmal, dass das Betreten der Räume untersagt werde, dann könnte man daraus schließen, das Hausverbot sei ein einseitiges empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft. Ist es das? 

Verbreitet ist die Anlehnung an dem Besitzrecht des Hausrechtsinhabers, so z.B. an die Besitzwehr, also an keine WE. Beim Hausverweis ist eine WE auch nicht nötig, da Realakt. Wenn aber die Erklärung des Hausverbots auf Herbeiführung einer Rechtsfolge (Verbot) gerichtet ist, dann muss das ein Rechtsgeschäft sein, oder nicht? Oder m.a.W.: Wenn die Erklärung des Hausverbots kein Rechtsgeschäft ist, dann kann sie auch keine Rechtsfolgen herbeiführen. 

Vielleicht sollten wir das zunächst einmal klären.

Ein Hausverbot gibt es rechtlich ueberhaupt nicht. Es ist nur die tatsaechliche Erklaerung an eine bestimmte Person, man wuerde nunmehr nicht mehr wollen, dass sie bestimmte Raeume betritt. Damit dieses Hausverbot "wirksam" ist, muss es im Zeitpunkt des Tat auch wirklich einen entgegenstehenden Willen geben. Und der ist fraglich, weil es ja einen Verkauf gegeben hat. Ganz sicher kann es nicht beides geben, aber es ist auch moeglich, dass der Kauf nichtig war. Auf das tatsaechliche Verhalten der Kassiererin kommt es dabei nicht an, sondern nur auf den Willen des Supermarktes. Frage ist also: was wollte der Supermarkt?

 

Sollten nach dem Willen des Supermarktes die Rocker oder die Kassiererin Recht haben? Wenn die Rocker Recht haben sollten, dann war der Kauf nichtig. Wenn die Kassiererin Recht haben sollte, dann gab es keinen Hausfriedensbruch (wie auch immer konstruiert).

 

Ich bin mal gefuehlsmaessig davon ausgegangen, dass dem Supermarkt der Verkauf wichtiger war. Ganz selbstverstaendlich, dass die Rocker Recht haben sollten, war es nur aus der Sicht der Staatsanwaltschaft. War das nicht nur ein Vorurteil? Was hat der Supermarkt im Zeitpunkt der Tat wirklich gedacht? Spaetere Behauptungen, um meine Mandantin wegen der Nudeln bzw. des angeblichen Diebstahls im Wert von 1.11 Euro zu bestrafen, sind nichts wert. Lohnte sich das Hausverbot fuer ihn? Immerhin hatte er die Nudeln im Wert von ein paar Cent wirklich verkauft. In seiner Kasse war dann mehr. So etwa...

Und um das weiterzuspinnen, stimmt aber: diesen Diebstahl haben wir auch, wenn wir einen Hausfriedensbruch annehmen. Wegnahme, fremde bewegliche Sache, alles da. Zueignungsabsicht sowieso. Und ist die Zueignung berechtigt?

 

Es fehlt allenfalls an der Bereicherungsabsicht, wenn der Kaufpreis gezahlt wurde.

recktenwald schrieb:
Sollten nach dem Willen des Supermarktes die Rocker oder die Kassiererin Recht haben? Wenn die Rocker Recht haben sollten, dann war der Kauf nichtig. Wenn die Kassiererin Recht haben sollte, dann gab es keinen Hausfriedensbruch (wie auch immer konstruiert).

Wenn Sie tatsächlich Rechtsanwalt sind und nicht nur interessierter Mitleser, sollten Sie dringend nochmal einiges aus dem BGB AT auffrischen, zum Beispiel die Vertretungsregeln.
Der Vertrag ist nicht nichtig. Er ist allenfalls anfechtbar nach § 119 Abs. 2 (Irrtum über die Person des Vertragspartners) und eventuell § 123 BGB (Arglistige Täuschung).

 

Quote:
Ich bin mal gefuehlsmaessig davon ausgegangen, dass dem Supermarkt der Verkauf wichtiger war. Ganz selbstverstaendlich, dass die Rocker Recht haben sollten, war es nur aus der Sicht der Staatsanwaltschaft. War das nicht nur ein Vorurteil? Was hat der Supermarkt im Zeitpunkt der Tat wirklich gedacht? Spaetere Behauptungen, um meine Mandantin wegen der Nudeln bzw. des angeblichen Diebstahls im Wert von 1.11 Euro zu bestrafen, sind nichts wert. Lohnte sich das Hausverbot fuer ihn? Immerhin hatte er die Nudeln im Wert von ein paar Cent wirklich verkauft. In seiner Kasse war dann mehr. So etwa...


Gefühlsmäßig einen Fall zu lösen klappt halt nicht immer. Schon gar nicht, wenn man es wie hier mit mehreren Vertretern des Supermarktbetreibers zu tun hat, die jeweils für ihn Willenserklärungen abgeben. Denn was der "Supermarkt denkt" ist rechtlich relativ irrelevant.
Auf 166 BGB hatte ich bereits hingewiesen, sollte man mal lesen:
(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.
 

Einmal als Schema, um das Ganze zu sortieren:

A) Widerrechtliches Eindringen
I) Grundsatz bei Ladengeschäften: Betreten zu Ladenöffnungszeiten (zum Zwecke des Einkaufens) ist erlaubt.
II) Durch Hausverbot kann das Betreten individuell untersagt werden.
1) Hausverbot ausgesprochen
Der Supermarktbetreiber (B) hat das Hausverbot ausgesprochen.
2) der Kundin gegenüber
Der Kundin (K) wird dies Hausverbot auch mitgeteilt. (Das ging aus der irgendwo im Thread gemachten Aussage hervor, die Kundin wusste ja, dass der Verkäufer nicht an sie verkaufen will.)
3) Hausverbot konkludent aufgehoben durch Kaufvertrag
a) Kaufvertrag abgeschlossen
Tätig werden beim Vertragsschluss K und die Verkäuferin V. V sitzt dabei an der Kasse des Supermarktes und nimmt die Kaufangebote der Kunden an. Damit geht aus der Gesamtsituation hervor, dass sie die Verträge für den B annimmt (§ 164 Abs. 1 S. 2). Es ist also ein Kaufvertrag zwischen K und B geschlossen worden.
b) Konkludente Aufhebung des Hausverbots durch Abschluss des Vertrages
V schließt den Kaufvertrag wie mit jedem normalen Kunden. Darin kann konkludent die Erklärung liegen, dass der Aufenthalt von K geduldet wird und das Hausverbot damit ausgesetzt ist.
Aber: Eine konkludente Erklärung kann im Verhalten von V nur gesehen werden, wenn V persönlich bekannt war, dass das Hausverbot bestand (§ 166 Abs. 1 BGB). Das Wissen des B ist für die konkludente Erklärung irrelevant (auch § 166 Abs 1 BGB). Es ist nicht ersichtlich, dass V diese Kenntnis gehabt hat.
4) Hausverbot konkludent aufgehoben durch Wachdienst
Der Wachdienst (W) hat K des Ladens verwiesen. Es sind keinerlei Anhaltspunkte benannt, dass W bereits vor Vertragsschluss Kenntnis von der Anwesenheit der K hatte und sie zu diesem Zeitpunkt nicht des Ladens verwiesen hat. Damit ist keine konkludente Aufhebung des Hausverbots durch W erfolgt.
5) Hausverbot aufgehoben durch B
a) aktive Handlung
B hat selber keine Handlung unternommen, die darauf hindeutet, dass das Hausverbot aufgehoben werden soll.
b) konkludent durch Unterlassung der Mitteilung an V
B hat vermutlich V nicht mitgeteilt, dass für K ein Hausverbot besteht. B beschäftigt einen Wachdienst für die Durchsetzung der Hausverbote. Daher besteht keine Pflicht, zur Durchsetzung des Hausverbots auch alle weiteren Mitarbeiter zu informieren oder ggf. sogar ein Bild der K an der Kasse liegen zu haben, damit eine Identifizierung möglich ist. Allein dadurch, dass er nicht alle Mitarbeiter über das Hausverbot in Kenntnis gesetzt hat, kann nicht geschlossen werden, dass es nicht ernst gemeint war und der Wille, K nicht mehr im Laden haben zu wollen, nicht durchgesetzt werden sollte.
c) konkludent durch Unterlassung der Vertragsanfechtung
B hat die mit K geschlossenen Verträge nicht angefochten, obwohl er dazu möglicherweise berechtigt wäre. Wenn er anfechtbare Verträge in Kraft läßt, könnte er damit zum Ausdruck gebracht haben, dass er das Hausverbot zumindest für den Vertragsschluss aussetzen wollte.
Denkbar wäre zum einen eine Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB, weil ein Vertrag mit K abgeschlossen wurden, obwohl er mit ihr keine Verträge schließen wollte, oder nach § 123 BGB, weil K die V arglistig darüber getäuscht hat, dass sie eine normale Kundin ist, mit dem Recht, diesen Laden zu betreten.
aa) 119 BGB
Das Hausverbot nimmt zunächst nur die Erlaubnis zurück, den Laden zu betreten. Es besteht beispielsweise kein Verbot für K, einen Vertreter zu schicken, der für sie einkauft. Es besteht also nicht automatisch der Wille, keine Verträge mit K zu schließen.
Hier müsste man den bislang nicht bekannten Grund für das Hausverbot zugrundelegen, um zu ermitteln, ob es B lediglich darum ging, dass K den Laden nicht mehr betritt, oder ob er gar nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte. Anhaltspunkt kann dabei auch sein, ob das Hausverbot dauerhaft ausgesprochen wurde oder temporär. Ein temporäres Hausverbot läßt nicht auf "nichts mehr zu tun haben wollen" schließen.
Würde B akzeptieren, dass K jemanden für sich einkaufen läßt, wäre er bereit, weiterhin Verträge mit ihr zu schließen - nur eben nicht mit ihrer persönlichen Anwesenheit. Damit besteht auch kein Anfechtungsrecht nach § 119 Abs. 2 BGB.
Anders sähe es aus, wenn aus dem Hausverbot hervorgeht, dass komplett ausgeschlossen ist, dass B mit K noch irgendwelche Geschäfte machen will. Aber auch dann kann man nicht davon ausgehen, dass ein Anfechtungsrecht über einen Vertrag von 1.11 Euro unbedingt ausgeübt werden muss, um den Willen zur Aufrechterhaltung des Hausverbots durchzusetzen. Denn dadurch käme B ja in die Situation, sich im Rahmen der Rückabwicklung wieder mit K auseinandersetzen zu müssen, was ja komplett vermieden werden soll. Insbesondere wegen des geringen Vertragswertes und der Tatsache, dass K diesen Vertragsschluss im Wissen herbeigeführt hat, dass er von B nicht gewollt war, wäre es wohl nicht zumutbar, auf einer Anfechtung zu bestehen.
Auch in dieser Konstellation wäre daher die Nichtanfechtung keine konkludente Aufhebung des Hausverbots.
bb) 123 BGB
Eine Anfechtung nach § 123 BGB setzt voraus, dass eine Täuschung vorliegt. Die Täuschung könnte darin liegen, dass K der V vorgespielt hat, sie wäre eine normale Kundin ohne Hausverbot. Allerdings ist die K nicht verpflichtet, auf das Hausverbot ausdrücklich hinzuweisen. Das Verschweigen von Tatsachen ist nur dann eine Täuschung, wenn eine Aufklärungspflicht besteht, und die besteht nicht. Aus dem Grund würde kein Anfechtungsrecht nach § 123 BGB vorliegen.
cc) Zwischenergebnis
Da keine Möglichkeit (bzw. Notwendigkeit) der Vertragsanfechtung besteht, ist die Nichtanfechtung auch keine konkludente Aufhebung des Hausverbots.
III) Ergebnis
Durch Hausverbot ist das Betreten untersagt worden. Das Hausverbot ist auch in der Folge nicht aufgehoben worden, es bestand weiter. Somit liegt ein widerrechtliches Eindringen vor.

Rest der Prüfung darf jeder selber machen.
 

Will jetzt nicht mit dem Rechtsgefuehl anfangen, das andere Judiz nennen, und ich werde es noch alles, lesen, aber vielleicht reicht schon der Satz:

 

Falsa demonstratio non nocet.

 

Was xie Kassiererin erzaehlt, ist die falsche demonstratio, was der Besitzer will, weiss die Mandantin, die die Sache deshalb vorsaetzlich und mit rechtswidriger Zueignungsabsicht wegnimmt. Weil sie bezahlt hat, fehlt es aber an der Bereicherung oder doch jedenfalls an der Bereicherungsabsicht.

 

Was sagt denn Mueller-Freyenfels zu unserem Fall? Werde gleich mal in Freund Flume schauen.

 

Jetzt koennte man mal mit ordinary language philosophy kommen. Dass ein Wegfahren mit einer fremden Sache eine Wegnahme ist, bekommt der Mann von der Strasse noch hin, dass das Einkaufen trotz Hausverbotes ein Diebstahl ist aber wahrscheinlich nicht so leicht.

Die Rechtsfolgen in strafrechtlicher Hinsicht (und wir sind ja hier im Strafrechtsforum), ergeben sich aus folgendem Gedankengang:

- In fremde Wohnungen, Geschäftsräume etc. darf man nicht einfach reinspazieren, sonst ist das Hausfriedensbruch. D.h. das Verbot besteht erst einmal für alle.

- Der Berechtigte darf einem aber das Betreten erlauben.

- Bei einem Ladengeschäft geht man davon aus, dass der Betreiber während der Öffnungszeiten zunächst jedem potentiellen Kunden den Zutritt gestattet.

- Diese allgemeine Erlaubnis kann er aber im Einzelfall zurücknehmen. Und diese Rücknahme erfolgt durch Hausverbot. Den Widerruf der Erlaubnis dürfte man, wie andere Gestaltungsrechte auch, tatsächlich als einseitiges Rechtsgeschäft ansehen können.

- Die Erklärung ist empfangsbedürftig (bzw: solange der Ausgesperrte davon nichts weiss, kann er sich auch noch nicht strafbar machen).

- Wenn der Kunde den Laden trotz Rücknahme der Erlaubnis (=Hausverbot) betritt, ist das widerrechtlich, es sei denn, es gibt gibt ein stärkeres Recht, was den Zutritt erlaubt. Polizisten in Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit kann man beispielsweise nicht übers Hausrecht rauswerfen.

- Damit kann dann eine Strafbarkeit wegen Hausfriedensbruchs bestehen, die Tat wird aber nur auf Antrag verfolgt.

 

 

Das ist zu rechtsgeschaeftlich gedacht, fuer den Hausfriedensbruchstatbestand kommt es in jedem Fall nur auf den wirklichen Willen des Besitzers an. Und wenn der nicht wollte, dass die Mandantin Nudel kaufte, dann war es nicht nur eiun Hausfriedensbruch, sondern auch der besagte Diebstahl, fuer den es nur an der Bereicherungsabsicht fehlt, die es im Recht der Schweiz uebrigens auch noch gibt.

Die tatsaechliche Sachherrschaft ist zwar ein Verhaeltnis zur Sache, an das das Recht Rechtsfolgen knuepft, den Diebstahlstatbestand und das Recht aus dem Besitz, den Hausfriendesbruchstatbestand, aber kein Recht, ueber das man nach rechtsgeschaeftlichen Regeln verfuegen koennte. Man kann allesfalls Kassiererinnen Anweisungen geben oder eine Sache uebergeben, wie dem Mieter die Wohnung, und sich verpflichten, wie der Vermieter. Das Recht ist beim Hausfriedensbriuchstatbestand aber allenfalls ein Rechtfertigungsgrund.

Wenn es ein regelmaessiges Betretungsverbot gibt so wie das ganz selbstverstaendliche regelmaessiges Diebstahlsverbot, dann ist das keine staatliche Entscheidung, sondern nur die Folge des Herrschaftswillens des Berechtigten, der regelmaessig weder ein Betreten noch eine Wegnahme will. Er kann aber wollen, was er will. Danke dafuer, dass er das noch "darf".

§ 903 BGB
Befugnisse des Eigentümers

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

 

+++

Wenn Jemand bei der Polizei anruft und fragen würde, ob die Berechtigung mit dem Eigentum beliebig zu verfahren immer vorliegt, so würde er die Antwort erhalten, daß das von den Beamten nicht geprüft werde. Der Kunde wird also ohne nähere Prüfung behandelt, als habe er gegen eine Ordnung verstoßen, ggf. würde noch Gewalt angewendet und eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs erstattet. 

Das ist doch die gängige Praxis. Da fragt man sich doch, welche Figuren da am Werke sind.  

Rechtsbeugung ist das.

Man muß doch bei hoheitsrechtlichem Eingreifen immer eine Rechtsgrundlage haben, sonst ist es unzuläßig.

Liebe Teilnehemer an diesem Blog. Ich war fr. als Prüfer im Auftrag des BRH 

tätig. Der BRH prüft - auch - die Ordnungsmäßgigkeit des Handelns. Beamte können nur aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung handeln.

So ist das.  

 

hg 

Wenn Sie sich durch das Handeln eines Eigentümers in Ihren Rechten verletzt sehen, dann ist das nur dann Sache der Polizei, wenn eine Straftat vorliegt (z.B. Nötigung). Dann müssen Sie aber auch einen konkreten Tatvorwurf machen und nicht nach einer Überprüfung der Ausübung des Hausrechts fragen.
Der Ladeninhaber macht den konkreten Vorwurf des Hausfriedensbruchs. Die Polizei prüft dabei nicht alle rechtlichen Hintergründe, sondern nimmt nur die Anzeige auf (und entfernt den Beschuldigten). Die rechtliche Prüfung macht die Staatsanwaltschaft und ggf. der Strafrichter. Sie können deshalb natürlich versuchen, nach einer Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch das Strafverfahren abzuwarten und dort zu argumentieren, dass das Hausverbot unwirksam war und deshalb das Eindringen nicht widerrechtlich gewesen ist. Der Richter wird ihr Vorbringen dann prüfen.

 

Wenn es aber schon darum geht, dass Sie in einem Laden nicht mehr einkaufen dürfen, ist das keine strafrechtliche Frage. Das ist eine zivilrechtliche Auseinandersetzung zwischen Ihnen und dem Ladenbetreiber. Sie können vor dem Amtsgericht klagen, beispielsweise auf Feststellung, dass das Hausverbot unwirksam ist. Aussicht auf Erfolg könnten Sie haben, wenn das Verbot willkürlich oder diskriminierend ist. Außerdem wird es eine Rolle spielen, ob in näherer Umgebung keine vergleichbare Einkaufsmöglichkeit besteht (also z.B. in ländlicher Gegend, wo es nur einen Lebensmitteladen im Ort gibt.)

 

Bei einer Benachteiligung wegen Behinderung können Sie sich an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wenden. Benachteiligung bedeutet allerdings nur, dass ein Behinderter nicht schlechter behandelt werden darf als ein Gesunder. Es bedeutet nicht, dass er eine Sonderbehandlung beanspruchen kann. (So kann beispielsweise ein Sehbehinderter nicht verlangen, alle Preisauszeichnungen am Regal auch in Blindenschrift vorzunehmen, auch wenn ihm sonst der Einkauf unmöglich ist.)

 

Und wenn Sie einem Laden Verstöße gegen Hygienevorschriften vorwerfen wollen, wenden Sie sich ans Ordnungsamt (oder die Verbraucherzentrale).

 

 

Die Grundidee dahinter nennen Sie ja selber:

"Man muß doch bei hoheitsrechtlichem Eingreifen immer eine Rechtsgrundlage haben, sonst ist es unzuläßig."

"Beamte können nur aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung handeln."

 

Wenn Sie sich an die jeweils zuständige Behörde wenden und nicht an irgendeine beliebige, haben Sie auch mehr Aussicht auf Erfolg.

Dazu faellt mir der Vorschlag der Rollstuhlfahrer beim Tag der Menschenrechte im Volksgerichtshof ein, das Holocaustdenkmal rollstuhltauglich zu machen. Das haben sie wirklich fuer ein Problem gehalten und gefordert und vielleicht ist es das ja auch. Die Abgerenzung der Diskriminierung von dem Wunsch nach mehr Freiheit...

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