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Fleck/Ehresmann, JuS 2012, 906: Anfängerklausur - Zivilrecht: Schadensrecht - Die Hard / By Heart

david.herbold

2012-10-26 10:35

Nicht nur Bruce-Willis-Fans haben etwas von der aktuellen Anfängerklausur im Zivilrecht: Den Actionfilm „Die Hard“ kann man schon mal mit einer Kitsch-Schmonzette namens „By Heart“ verwechseln – und dann? Lösen Sie übers (nasskalte) Wochenende gemütlich die Klausur (JuS 2012, 906) und diskutieren Sie anschließend live, direkt und kostenlos mit den Autoren Dr. Wolfgang Fleck und Andreas Ehresmann:

Di., 30. 10., 10–12 Uhr, hier in unserer JuS-Community.

 

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15 Kommentare

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Lieber Herr Dr. Fleck, lieber Herr Ehresmann, vielen Dank für die Klausur! Es hat richtig Spaß gemacht, mal wieder Grundlagenfragen zu bearbeiten.

Allerdings bin ich über eine Bemerkung in den Gutachterlichen Vorüberlegungen gestolpert, die mich aufhorchen ließ: Zu Frage 1 schreiben Sie unter 2. etwas zur Pflichtverletzung, das ich so nicht verstehe. Sie bezeichnen die Frage nach dem Vorliegen einer Pflichtverletzung als „Kernfrage“, nachdem Sie Ansprüche aus §§ 280 und § 823 angesprochen haben. Dann ziehen Sie in Betracht, die „Unachtsamkeit des K könnte lediglich die Verletzung einer Obliegenheit sein. Die Konsequenz wäre: K handelte - jedenfalls i. R. des § 280 I - nicht pflichtwidrig, und womöglich auch i. R. des § 823 nicht rechtswidrig.“ Das verstehe ich nicht: Soll der deliktische Schutz des V geringer sein, nur weil es möglicherweise sogar eine Obliegenheit des K war, den Rekorder nicht herunterzuwerfen?

Dass es für die Lösung der Klausur im Ergebnis nicht auf diese Frage ankommt ist mir klar, aber mich interessiert das trotzdem.

Viele Grüße

André M. Sattler

5. Fachsemester Rechtswissenschaften

Werter Herr Sattler,

 

es freut uns, dass Sie Spaß mit der Klausur und deren Grundlagenfragen hatten; danke für die scharfsinnige Rückfrage.

Das Problem ist aus rein dogmatischer Warte recht interessant, praktisch wird es in dieser Konstellation nicht. Daher haben wir es - im Interesse einer ökonomischen Falllösung - offengelassen.

Lassen Sie uns nun tiefer schürfen: Im streng dogmatisch-konstruktiven Sinne treffen den K bis zur Übereignung/Unmöglichkeit die Obliegenheit und die Rechtspflicht, den Rekorder nicht zu beschädigen. Insofern wäre der deliktische Schutz des V weder suspendiert noch verringert; sie kämen also zum Anspruch dem Grunde nach. Ersatz gibt es gleichwohl nicht; es fehlt - wie erörtert - am Schaden.

Was meinen Sie?

Beste Grüße

W. Fleck

 

 

Lieber Herr Dr. Fleck, ja, einverstanden. Nur warum schreiben Sie dann in diesem Zusammenhang, dass K "womöglich auch i. R. des § 823 nicht rechtswidrig" handelte? Das wirkt auf mich, als gäbe es einen Zusammenhang zwischen der vertraglichen Pflichtenlage und der deliktsrechtlichen Rechtswidrigkeitseinschätzung.

Viele Grüße

André M. Sattler

5. Fachsemester Rechtswissenschaften

Hallo!

Ich habe die Klausur gelöst und soweit alles verstanden aber im Sachverhalt stimmt etwas nicht glaube ich: Warum hat K sich den Leihrekorder für eine ganze Woche gemietet, wenn er wusste, dass er schon nach 3 Tagen den Rekorder von V bekommen würde. Ich hatte mir das so erklärt, dass er wohl nur wochenweise zu mieten war.  Dann sind aber die ganzen 35 Euro zu ersetzen. Oder?

Viele Grüße

S.

Hallo S.B.,

 

im Sachverhalt (Jus 2012, S. 906) steht: Er mietet "für den marktüblichen Preis von 5 EUR pro Tag (35 EUR insgesamt)" den Rekorder.

Ich denke, es ist damit hinreichend klar, dass eine tagesweise Vermietung möglich ist. Wenn Sie den Sachverhalt anders verstehen, ist das nicht schlimm. Wenn Sie von einer nur wochenweise möglichen Vermietung ausgehen, ist Ihre Lösung konsequent. Darauf kommt es bei der Bewertung primär an!

 

Beste Grüße

W. Fleck

 

 

 

 

Werter Herr Satttler,

 

wir reden jetzt primär über die Formulierung. Der fragliche Satz lautet vollständig:

"Die Konsequenz wäre: K handelte – jedenfalls i. R. des § 280 I – nicht pflichtwidrig, und womöglich auch i. R. des § 823 nicht rechtswidrig."  

Wenn Sie den ganzen Satz zitiert hätten, wäre klar geworden, dass wir zwischen der vertraglichen und der deliktischen Pflicht unterscheiden und keine Interdependenz behaupten. Mit "womöglich auch" stellen wir klar, dass wir die Frage der Rechtswidrigkeit iS des § 823 BGB) gerade offenlassen (und dass sie gesondert zu prüfen wäre).

Der Satz mag etwas knapp formuliert sein; allzu tief können wir aber leider in den Vorüberlegungen nicht gehen - vor allem dann nicht, wenn sie im Gutachten keinen Widerhall finden.

Viele Grüße

 

W. Fleck

Ich hab beim Lösen übersehen, dass die Tochter 6 Jahre alt ist. Hab ich das richtig verstanden dass das Alter hier keine wirkliche Bedeutung hat, weil die Tochter nur als Bote unterwegs war? Es wäre doch (z.B.wegwen § 166) problematischer gewesen, wenn T als Stellvertreter gehandelt hätte, oder?

Hallo Frau M.,

 

ja vollkommen korrekt. Der Geschäftsunfähige kann Bote sein! Er überbringt eine fremde Willenserklärung!

Als Stellvertreterin hätte T nicht handeln können. Wie sich aus § 165 BGB ergibt, ist hierfür zumindest beschränkte Geschäftsfähigkeit erforderlich!

 

Viele Grüße

 

W. Fleck

Lieber Herr Fleck, lieber Herr Ehresmann,

 

mit großem Interesse habe ich die von Ihnen vorgestellte Klausur gelesen. Ich habe allerdings so meine Probleme mit der Prüfung des § 122 BGB und der cic sowie mit dem damit zusammenhängenden Sachverhalt.

 

Etwas zu knapp wird m.E. die Anwendbarkeit der cic bejaht. Zwar haben Sie sicherlich die hM auf Ihrer Seite, doch hätte man diese durchaus kritischer hinterfragen können. Mit der Bejahung der Anwendbarkeit der cic werden die Vorgaben des § 122 ja ausgehebelt und zwar in quasi allen Fällen, da fast immer der Irrtum auf einem Verschulden des Anfechtenden beruht (mir fällt jedenfalls kein Fall ein, bei dem es an einem Verschulden fehlt).

 

Zur Schadensberechnung: Sie schreiben, dass V den Film bei G für 10 EUR eingekauft hat. Mir erschließt sich nicht, warum V dem G den Film überhaupt zu einem über den Kaufpreis hinausgehenden Preis von 15 EUR zurücksendet. Da V aufgrund der Anfechtung im Verhältnis von V-K gar keine Rückgabepflicht des Films an G hat (das von Ihnen unterstellte Rückgaberecht ist auch nicht selbstverständlich), hätte er den Film auch einfach wegwerfen können (wenn er denn schon einen erneuten Weiterverkauf versucht). Jedenfalls insoweit dürfte der Schaden nach den Grundsätzen des § 254 BGB zu kürzen sein (übrig bliebe nach dieser Berechnung ein Schaden von 10 EUR).

 

Beste Grüße,

 

Christian Deckenbrock

Werter Herr Dr. Deckenbrock,

 

we take your points. Danke für die scharfsichtigen Hinweise.

Dass die Konstellation zu § 122 II BGB nicht besonders realitätsnah ist, war und ist uns durchaus (schmerzlich) bewußt. Mir ist persönlich aber noch keine derartige (Erfüllungsinteresse niedriger als Vertrauensinteresse) Konstellation zu § 122 II untergekommen, von der ich das auch ohne weiteres hätte sagen können. Vielleicht können Sie uns den Stoff liefern, den das praktische Leben ergibt?

Von einem "Rückgaberecht" sprechen wir allerdings nicht, wir unterstellen es auch nicht; wir sprechen nur davon, dass sich V bereit erklärt, die Sache zurückzunehmen.

Ansonsten hätte der Sachverhalt wohl mit etwas mehr Informationen aufwarten müssen, um die Studierenden auf die von Ihnen - zu Recht - angedachten möglichen Abläufe hinzuführen.

Beste Grüße

 

WF

 

 

Besten Dank für die rasche Antwort, die so schnell war, dass ich gar nicht weiß, ob Sie die Bearbeitung meiner o.a. Antwort noch mitbekommen haben.

 

Der typische Fall für § 122 I BGB (Begrenzung des Schadens auf das Erfüllungsinteresse) ist doch der folgende: A verkauft an B eine Sache. C bietet dann an A einen höheren Kaufpreis; A schlägt das Angebot im Hinblick auf den bereits mit B geschlossenen Vertrag aus. Als B dann die Anfechtung erklärt, steht C als Käufer nicht mehr zur Verfügung. Auch ansonsten findet sich kein anderer Käufer mehr. Der ersatzfähige Vertrauensschaden ist die Differenz Kaufpreis C - Wert der Sache, allerdings begrenzt auf den Gewinn, den A bei einem Verkauf an B gemacht hätte.

Werter Herr Dr. Deckenbrock,

die Antwort kam vor Ihrem edit.

Ja, einverstanden. Diese Ihre Fallkonstellation mag besser geeignet sein. Ich würde sie allerdings auch eher der Rubrik "Lehrbuchfall" zuordnen.

Zur Ausführlichkeit der Darstellung (§ 122 BGB versus cic): Von mir aus gerne mehr, aber nicht im Rahmen einer Anfängerklausur in der JuS. Ich habe für die JuS bislang immer die Manuskripte kürzen müssen, um die Wortvorgaben einzuhalten. Es kommt dann häufig zu manch - unerwünschter - Verknappung im "dogmatischen" Teil. Dem Verlag kann daraus kein Vorwurf gemacht werden. Redaktionelle Richtlinien haben ihren Sinn.

Viele Grüße

 

WF

Lieber Herr Fleck,

 

noch ein weiterer Nachtrag zur Schadensberechnung nach § 122 BGB: Muss man hier nicht von einem Erfüllungsinteresse des V in Höhe von 15 EUR ausgehen? Immerhin hat V keine DVD aus seinem Bestand verkauft, sondern extra hierfür eine DVD bei G bestellt. Nehmen wir einmal an, dass V die DVD an G nicht hätte zurückgeben können, dann kann es doch nicht richtig sein, dass er über § 122 I nicht von K die vollen 10 EUR zurückerhält. Der Ausschluss nach § 122 I a.E. erfasst mE den oben beschriebenen Lehrbuchfall (verhindert also eine Besserstellung des Anfechtungsgegners), soll aber nicht dazu führen, dass eine Partei (hier der V) auf einen Teil des Schadens sitzenbleibt. Ich würde daher auch im Rahmen von § 122 BGB wie im Fall der cic zu einem ersatzfähigen Schaden iHv. 10 EUR kommen wollen (die über den an G bezahlten Kaufpreis hinausgehenden Rücksendekosten sind - wie oben beschrieben - nach § 254 BGB eben nicht ersatzfähig).

 

Das war es jetzt dann aber auch mit meinen Fragen und Anmerkungen...

Beste Grüße aus Köln

Christian Deckenbrock

Werter Herr Deckenbrock,

 

der Fall scheint Ihnen ja regelrecht auf den Nägeln zu brennen...

Die Zeit läuft mir jetzt leider davon; daher nur ad hoc geantwortet: Wenn wir schon von lebensnaher Interpretation und Interpolation des Sachverhaltes sprechen: Wo ist der entscheidende Unterschied zwischen DVD "aus eigenem Bestand" und "extra bestellter DVD"? Der ist doch allefalls temporär und damit monetär. Denn auch die DVD aus eigenem Bestand musste V irgendwann einmal erwerben; er bekam sie - so dürfen wir annehmen - nicht geschenkt (DAS hätte der Sachverhalt mitteilen müssen!). Seine Erwerbskosten - mögen sie früher auch günstiger gewesen sein - müssen aber bei seinem positiven Interesse berücksichtigt werden. Daher würde ich nicht ohne weiteres von einem Erfüllungsinteresse von 15 EUR ausgehen.

Vielleicht können wir über die noch möglichen Variationen dieses Falles an anderer Stelle, zu anderer Zeit weiterdiskutieren....

Viele Grüße nach Köln und Danke für Ihre anregende Teilnahme am Chat

 

W. Fleck

Guten Tag Herr Fleck,

 

auch wenn es (zu) spät ist, nur eine kurze Anmerkung zu Ihrem Ausgangsfall: Der Vertrauensschaden des V besteht vorliegend in den Einkaufskosten bei G i.H.v. 10 Euro. V hatte den Film im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Angebots zum Abschluss eines Kaufvertrages bei G bestellt. Die Kosten der Rücksendung an G fallen dagegen von vornherein aus dem Anwendungsbereich des § 122 I BGB heraus. Denn zum Zeitpunkt der Rücksendung wusste V bereits, dass K den Kaufvertrag angefochten hatte. Die 15 Euro Rücksendekosten sind daher kein kausaler Schaden i.S.d. § 122 I BGB.

Selbst wenn man - m.E. wenig überzeugend - argumentieren wollte, dass es sich dabei um "Fortsetzungskosten" infolge des ursprünglichen Vertrauens auf die Wirksamkeit des Angebots handele (was angesichts der inzwischen erlangten Kenntnis von der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts nicht der Fall ist), müsste der Vertrauensschaden dann zumindest gem. § 254 BGB (der unstreitig auch die Schadenshöhe betrifft) auf die Höhe des von V an G gezahlten Kaufpreises (10 Euro) begrenzt werden (unabhängig von der Haftungsbegrenzung auf das positive Interesse).

 

In jedem Fall stellt sich bei Ihrem Sachverhalt die spannende und m.E. bisher kaum geklärte Frage, ob der Anfechtende gem. § 122 I BGB nicht die eigentlichen Vertragskosten des Anfechtungsgegners über den Betrag des "klassischen" Erfüllungsinteresses (= Wert minus Kaufpreis) hinaus ersetzen muss. Das wird vor allem dann im Ergebnis relevant, wenn man - wofür m.E. alles spricht - die Anwendung der c.i.c. neben § 122 BGB ablehnt. Dazu demnächst mehr in AcP ;-)

 

Beste Grüße, ebenfalls aus Köln,

Clemens Höpfner

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