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Heckler&Koch räumt illegale Waffenexporte ein

joachim.kretschmer

2013-06-17 17:54

Das vermeldet eine kleine Meldung im amnesty journal 06/07/2013. Es geht um illegale Lieferungen in den Norden Mexicos seit 2006. Es geht um das Sturmgewehr G36. Für die dortigen Provinzen bestand ein Waffenexportverbot wegen des andauernden Drogenkriegs. Die Firma behauptet, dass die illegalen Exporte eigenmächtig von zwei Mitarbeitern ohne Wissen des Konzerns eingefädelt worden seien.

Was für eine typische Ausrede! „Die Mitarbeiter waren es. Wir, die Geschäftsleitung, können nichts dafür.“ Aber hat sie was dagegen getan? Gibt es bei HK ein Risikiomanagement? Werden die Mitarbeiter geschult, kontrolliert? Haben die eine Compliance-Struktur? Es sollte zum Selbstverständnis eines Rüstungsunternehmens gehören, sorgfältig Vorsorge gegen Verstöße der Waffenexportvorschriften zu treffen. Oder schaut man nicht so genau hin, weil Geld und Gewinn eben wichtiger als Moral und Rechtstreue sind?

Es geht hier wohl um Verstöße nach § 34 AWG und § 22a KriegswaffenkontrollG. Das Sturmgewehr G 36 fällt gewiss unter diese Gesetze und dessen Ausfuhr ist genehmigungsbedürftig. Kann die Geschäftsleitung ihre Verantwortung einfach so auf die Mitarbeiter abwälzen? Unabhängig von einer strafrechtlichen Mitverantwortung über die Organisationsherrschaft als mittelbarer Täter oder über die Geschäftsherrenhaftung nach § 13 StGB kommt für die Unternehmensleitung eine Verantwortung nach § 130 OWiG in Betracht. Für Rüstungsexportbetriebe sind Verstöße gegen die Waffenkontrollgesetze und auch gegen die Korruptionsvorschriften typisch und betriebsbezogen. Hier trifft die Unternehmensleitung eine Verantwortung zur Prävention. § 130 OWiG stellt das unter Sanktion - Organisationsverschulden!

Über diesen Weg droht HK auch eine Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG.

Es geht eben um Gewinnabschöpfung.

Da ist auch an den Verfall nach § 73 StGB zu denken, auch als Drittverfall.

Hier ist eine wichtige Entscheidung des BGH zu beachten, der beschuldigtenfreundlich das verfallene Etwas zutreffend einschränkt.

BGH NStZ 2012, 265:

"Diese Grundsätze gelten auch in den Fällen, in denen das geschäftliche Tätigwerden des Tatbeteiligten einem Genehmigungsvorbehalt unterliegt, den dieser in strafbarer Weise umgeht. Erreicht er hierdurch, dass er ein – gegebenenfalls auch nur nach dem Ermessen der Genehmigungsbehörde – nicht genehmigungsfähiges Geschäft abschließen und/oder erfüllen sowie daraus entsprechende Vermögenszuwächse erzielen kann, so sind diese in vollem Umfang erlangt i.S.d. § 73 StGB und unterliegen daher grundsätzlich uneingeschränkt dem Verfall. Hatte er dagegen einen Anspruch auf die Genehmigung, so bemakelt die Rechtsordnung nicht den Abschluss oder die Erfüllung des Vertrages; vielmehr soll durch die Strafbewehrung allein die Umgehung der Kontrollbefugnis der Genehmigungsbehörde sanktioniert werden. Erlangt ist somit nur der durch die Nichtdurchführung des Genehmigungsverfahrens erwachsene (Sonder-)Vorteil."

Darauf, auf diese mögliche Begrenzung des erlangten Etwas bei bloß formellen Verstößen, hat der Verteidiger bereits im Ermittlungsverfahren zu achten.

Das persönliche Risiko des einzelnen Mitarbeiters und auch der Unternehmensleitung und auch das geschäftliche Risiko sind daher hoch, zu Recht. Es geht auch um den „guten“ Ruf in diesem sehr sensiblen Bereich. Rüstungsexporte und das Handeln von Rüstungsbetrieben sind eben hochsensibel. Trotz aller hehren Worte und Beteuerungen stellt sich stets die Frage an einer rechtlichen oder moralischen Mitschuld an Menschenrechtsverletzungen im Empfängerland. Waffen sind ethisch nie neutral, möchte man dem Verteidigungsminister zurufen.

Die Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen besagen unter anderem:

„Der Beachtung der Menschenrechte im Bestimmungs- und Enderwerbsland wird bei der Entscheidung über Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern besonderes Gewicht beigemessen.“

Zweifel werden daran laut, wenn es um die zuletzt diskutierten Exporte von Rüstungsgütern wie Panzern nach Katar, Saudi-Arabien oder Indonesien geht.

Es ist zu hoffen, dass die Strafverfolgungsorgane nicht blind den Ausreden glauben, sondern ihrer Ermittlungspflicht nachkommen. Warten wir ab und achten wir weiterhin auf kleine versteckte Meldungen aus der dunklen Welt der Rüstungsexporte.

Rechtsanwalt und Privatdozent Dr. Joachim Kretschmer, Berlin/Bremen

 

 

 

 

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