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Ist die Bundeskanzlerin käuflich?

joachim.kretschmer

2013-10-17 15:44

Diese Frage wurde vorgestern auf der Bundespressekonferenz gestellt. Peinlich, dass es zu solch einer Frage kommt, aber selber schuld.

In der Diskussion steht eine Spende in Höhe von 690000 EUR von der BMW-Eigentümerfamilie Quandt an die CDU. Zugesagt vor der Wahl, wurde sie nach der Wahl geleistet. Auffällig daran, dass in der Zwischenzeit die Bundesregierung in Brüssel die Senkung der Abgasnormen für Autos blockiert hat. Das nutzt der Autoindustrie, das nutzt BWM.

Parteispenden sind zum einen Ausdruck staatsbürgerlichen Verhaltens und sie sind politisch und gesellschaftlich erwünscht. Das PartG stellt Regeln auf. Nach § 25 II nr. 7 sind Spenden verboten, die der Partei erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt werden. Damit stehen Parteispenden auf der umstrittenen Grenze zur strafbaren Korruption. Gewiss ist zu unterscheiden zwischen dem Parteispender und der Partei und dagegen das Verhältnis von Amtsträger und Vorteilsgeber. Aber stellen wir uns vor, die Vorsitzende eines sportvereins weiß um die wiederholten und steten hohen Spenden zugunsten ihres Vereins, und da sie auch im Bauamt sitzt, genehmigt sie ein großes Bauvorhaben eines Unternehmens, das diese Spenden über viele Jahre hinweg an den Verein geleistet hat.

Blicken wir auf § 331 StGB. Ein Vorteil für einen Dritten, den Verein, die Partei genügt. Und es tut auch nichts zur Sache, dass die Dienstausübung vollkommen rechtmäßig war - das Bauvorhaben, die politische Entscheidung. Jeder Anschein der Käuflichkeit muss vermieden werden! Und vor allem hat der Gesetzgeber ganz bewusst den weiten Begriff der Dienstausübung gewählt. Die erforderliche Unrechtsvereinbarung muss sich eben nicht mehr auf eine konkrete Diensthandlung beziehen, sondern es reicht das, was man Landschaftspflege" oder "Anfüttern" nennt. Natürlich ist die erforderliche Unrechtsvereinbarung wie stets schwer nachzuweisen, vor allem wenn es um politische Entscheidungen geht. Nach dem PartG ist es eben - noch - erlaubt. Spenden zu leisten, um die allgemeine Richtung einer politischen Partei zu unterstützen und die Fortsetzung einer aktuellen Politik zu unterstützen. Aber wenn ein Zusammenhang mit konkreten Entscheidungsprozessen besteht, die einen konkreten wirtschaftlichen Vorteil für den Spender mit sich bringen, kann der böse Anschein entstehen, der zu einer Vorteilsannahme führen kann.

Man ist eben nicht nur Vorsitzende oder Vorsitzender eines Vereins oder einer Partei oder nur Mitglied der Bundesregierung, das nach § 1 BMinG in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis zum Bund steht, man ist beides in einer Person. Und damit einhergeht, dass man ein Verhalten vermeiden sollte und muss, dass zu solchen Fragen Anlass gibt.

 

Rechtsanwalt und Privatdozent Joachim Kretschmer, Berlin/Bremen

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6 Kommentare

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Es ist ja heutzutage Mode geworden, nach jeder Wahl eine ganz normale Spende an eine Partei als mögliche Korruption anzuprangern.

Gehört die Spende an die SPD (in gleicher Höhe) auch dazu, oder ist das in diesem Fall normales staatsbürgerliche Verhalten? Oder die Großspenden der deutschen Solarindustrie an die Grünen?

Ich wäre mit Verdächtigungen dieser Art sehr viel vorsichtiger, am Schluß stellt sich noch heraus, daß der Sachverhalt ein ganz anderer war, wie im Fall der angeblichen durch die FDP verfolgten Senkung der USt. für Übernachtungen. Aber eigentlich macht das ja nichts, einmal den Unsinn in die Welt gesetzt, verbreitet er sich ständig weiter und wird von allen wiederholt, ob wahr oder unwahr spielt dabei überhaupt keine Rolle.

Es ist verfassungsrechtlich geboten, dass Politik und Gesetze vom Volk und nicht von Lobbyisten und Interessengruppen gemacht werden. Ich sehe darin eine unzulässige und bedenkliche Form des Lobbyismus, der Klientelpolitik und der Rechtsetzung auf Wunsch. Beliebigkeit und Willkür, Interessensgeleitetheit und Korruption sind einer freiheitlich demokratisch verfassten Grundordnung zutiefst zuwider. Nichts anderes ist es, wenn man gegen Geld Gesetze macht, oder auch unterlässt.

 

Abgesehen davon, dass ich (als Nichtvertreter der Autoindustrie o.ä.) persönlich auch gegen höhere Abgasnormen bin, weil dies volkswirtschaftlich enorm schädlich und kontraproduktiv wäre, sowie eine im internationalen Wettbewerb selbstmörderische Aktion ist.

"Parteispenden sind zum einen Ausdruck staatsbürgerlichen Verhaltens und sie sind politisch und gesellschaftlich erwünscht." ... "Damit stehen Parteispenden auf der umstrittenen Grenze zur strafbaren Korruption."

Was nun, staatsbürgerliches Verhalten oder Korruption?
Erstaunlich ist doch, dass größere Spenden meist diskret geleistet werden, es in der Vergangenheit genügend Beispiele der Verschleierung gab und die Vorteilsnehmer des politischen Handels der Parteien selten klar benannt werden. Erwünschtes staatsbürgerliches Verhalten muss man nicht so verbergen. Mindestens verdächtig.

Gäbe es denn andere Möglichkeiten?

Wie wäre es mit projektbezogenen Spenden oder Spenden für die Förderung zur Lösung bestimmter Gesellschaftsprobleme. Die könnten vom Spender auch mit einer Zielvorstellung versehen sein. Die Spendenabsicht wird damit transparent.

Beispiele:

Spende für die Lösung des Flüchtlingsdramas, konkretes Spenderziel: Verbesserung der Unterbringung

oder

Spende für eine Studie zur Wiederaufnahme des AKW-Baus in Deutschland, konkretes Spenderziel: Kampagne zur Vertrauensbildung in der Bevölkerung

Um die Mittel könnten sich Parteien, Verbände etc. bewerben und damit zugleich politische Transparenz zeigen. Wie mit den Beispielen offenbart, würde damit nicht alles gut, aber vielleicht weniger korrupt.

Mit freundlichen Grüssen

Lutz Lippke

Es ist doch ganz selbstverstaendlich, dass die Atomindustrie jedenfalls frueher und die Autoindustrie noch heute, die zu diesem Staat dazugehoeren oder gehoerten, auch Parteispenden leisten. Irgendwie muss die real existierende Politik doch funktionieren. Und genauso selbstverstaendlich ist es, die systemwichtigen Industrieen industriepolitisch zu foerdern. So wie Tabakexporteure die Tabakindustrie schuetzen. Das mag zwar gemein und falsch, kann aber nicht strafbar sein. Der gegen die Frau Bundeskanzler erhobene Vorwurf ist aehnlich daemlich wie der in Hannover gegen den ehemaligen Bundespraesidenten erhobene, wo auch noch anderes hinzukommt.

"Parteispenden sind zum einen Ausdruck staatsbürgerlichen Verhaltens und sie sind politisch und gesellschaftlich erwünscht."

Wer sagt das? Womit wird diese Behauptung begründet?

Eine kurze Analyse:

1. Parteien sind keine Staatsbürger

2. Parteien sind im besten Fall Zusammenschlüsse von Staatsbürgern, die sich politische Ziele gesetzt haben oder sich diesen anschließen (Bündelung)

3. Parteien werden in der Ausübung der gesammelten und kanalisierten staatsbürgerlichen Rechte staatlich gefördert (Förderung der Bündelung)

4. Der einzelne Staatsbürger und einfache Initiativen, Aktionen werden nicht gefördert (Behinderung der Rechtewahrnehmung)

5. Der einzelne Staatsbürger wird damit aufgefordert, sich Mehrheiten, Hierarchien, Bündelungen (also Parteien) unterzuordnen

6. Welche politische Richtung und Wirksamkeit diese Bündelung und Hierarchisierung von staatsbürgerlichen Rechten (Parteien) hat, wird wesentlich durch die Finanzkraft bestimmt (Spenden, Wirtschaftsaktivitäten, Beiträge)

7. Parteispenden sind damit ein Element, zur Kontrolle staatsbürgerlichen Verhaltens. Sie dienen gesellschaftlich der Aushebelung von Gleichheitsgrundsatz und offener Demokratie

8. Sie sind faktisch derzeit ein legales Mittel der Korruption in einem Land, in dem Korruption im Alltag des "kleinen Mannes" kaum vorkommt.

Wenn dieser reale Alltag irgendwie auch ohne Korruption funktioniert, stellt sich die Frage: Wie kommt man zur Überzeugung, dass die real existierende Politik ohne Korruption alias Spenden nicht funktionieren könnte?

Die substanzfreie Antwort von #5 spricht für sich: "Das mag zwar gemein und falsch, kann aber nicht strafbar sein. "

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