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Lachen wir nicht über den Flughafen Berlin-Brandenburg

joachim.kretschmer

2014-05-30 15:43

„Der Auftraggeber beabsichtigt, eine Vielzahl von Aufträgen zur Realisierung des

Ausbaus des Flughafens Berlin-Schönefeld zum Flughafen „BBI“ im Wege der ge-

setzlich vorgeschriebenen Vergabeverfahren zu erteilen. Dies betrifft insbesondere

Architekten- und Ingenieursverträge sowie Bauverträge. Der Auftraggeber legt dabei

größten Wert auf die Einhaltung der einschlägigen Rechtsvorschriften,  die Grundsätze der sparsamen Verwendung von Ressourcen  sowie der Grundsätze der Fair-

ness und Transparenz in den Beziehungen zu seinen Auftragnehmern.

Um diese Ziele zu erreichen, arbeitet der Auftraggeber mit der international renom-

mierten Nichtregierungsorganisation „Transparency International“ zusammen. Nach

deren bewährtem Vorgehen im In- und Ausland hat der Auftraggeber einen externen

unabhängigen Beobachter eingesetzt , der die Einhaltung der genannten Grundsätze

während der Vergabeverfahren und der Abwicklung der Aufträge bis zur Inbetrieb-

nahme des zu erstellenden Flughafens Berlin Brandenburg International (BBI) beglei-

ten und überwachen wird.“

 

Nicht lachen!

 

Diese Sätze sind Teil der Präambel des Integritätspakts, den der Flughafen Berlin-Brandenburg in Schönefeld mit seinen Auftragnehmern abschließt. Den Musterentwurf finden Sie auf den Seiten von Transparency International. Es werden Pflichten, Rechte und Sanktionen festgelegt. Das Projekt des Flughafenbaus wird als ein Vorzeigeobjekt für einen solchen Integritätspakt zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer/Bieter erwähnt.

 

Transparency International sagt auf seiner Website:

Der Integritätspakt  hat zwei zentrale Ziele:

  • Er soll es Wirtschaftsunternehmen ermöglichen, auf Korruption zu verzichten, durch die Zusicherung, dass
    • die Wettbewerber ebenfalls auf Korruption verzichten und
    • die für die jeweilige Entscheidung zuständigen Amtsträger sich ebenfalls verpflichten, Korruption - einschließlich der Forderung von Bestechungszahlungen - zu verhindern und zu vermeiden
    • und ein transparentes Verfahren durchzuführen,
  • und er soll es Regierungen und anderen Verwaltungen ermöglichen, die durch Korruption herbeigeführten hohen Schäden/Kosten und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

 

Wo Geld zu verdienen ist, besteht stets der Anreiz für kriminelles Verhalten. Insbesondere die Bauwirtschaft gilt als anfällig für verbotene Absprachen oder für Korruption. Daher kann das aktuelle Geschehen um den Flughafen Berlin-Brandenburg, über das die Medien im Moment berichten, eigentlich nicht überraschen. Vorbildlich wird nichts vertuscht, gemäß dem Integritätspakt wendet sich der Auftraggeber umgehend an die StA, um den Korruptionsverdacht gegen einen seiner Mitarbeiter aufzuklären: „Erlangt der Auftraggeber Kenntnis von Verhaltensweisen eines seiner Mitarbeiter/innen, die einen Straftatbestand aus dem Korruptionsbereich, insbesondere der §§ 298, 299, 331 - 335 StGB erfüllen, oder hat er diesbezüglich einen konkreten Verdacht, wird er hierüber die Staatsanwaltschaft informieren und kann darüber hinaus weitere disziplinarische oder zivilrechtliche Schritte einleiten.“ 

Es reicht aber nicht, einen solchen „Antikorruptionsvertrag“ zwischen Auftraggeber und Bieter/Auftragnehmer nur abzuschließen. Es bedarf auch eines umfassenden Risiko- und Compliance-Managements, das mit Leben erfüllt wird: Vorbeugen – Kontrollieren – Sanktionieren. Ständige Aufsicht und Kontrolle ist bei einem solchen Bauvorhaben über viele Milliarden Euro Pflicht. Wurde das erfüllt?

Ich fürchte, bei einem solchen Bauvorhaben über bisher 4,3 Mrd. Euro – ist das noch die aktuelle Summe -, kommt in Zukunft noch mehr heraus, der Anreiz für Absprachen und Korruption ist zu groß. Vielleicht ist es auch bei einem solchen Großvorhaben zu leicht, illegale Vorteile zu erlangen. Und gab es eigentlich in den vielen Jahren der Bauzeit je eine Kontrolle durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit auf der Baustelle des Flughafens? Bei der Vielzahl der tätigen Unternehmen und Subunternehmen besteht stets die Gefahr illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit. Und insbesondere ein öffentlicher Bauherr sollte darauf achten, dass solches nicht passiert.

Sind wir also nicht naiv, lachen wir nicht, die Bauwirtschaft, aber nicht nur sie, wird auch in Zukunft gegen verbotenes und strafbares Verhalten auf beiden Seiten, Auftraggeber und Auftagnehmer, zu kämpfen haben. Und jeder aufgedeckte und verfolgte Verstoß kann präventiv wirken. Es ist das Entdeckungsrisiko und auch das damit einhergehende finanzielle Risiko beim Auftraggeber und beim Auftragnehmer- z.B. durch Vergabesperren -, die vorbeugend wirken können. Viele Kontrollen decken viele Verstöße auf, die Angst vor Entdeckung wirkt präventiv.

 

Der Flughafen Berlin-Brandenburg, eine neverending story, ein bißchen zu lachen ist das doch, hahaha.

 

Joachim Kretschmer, Privatdozent und Rechtsanwalt, Berlin

 

 

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