Bild von joachim.kretschmer

Nachher ist man immer klüger

joachim.kretschmer

2013-08-10 12:00

Das hat sich auch die BayernLB gesagt.

In der letzten Woche ließ das LG München die Anklage gegen die Ex-Vorstände der BayernLB zu, das aber nur beschränkt auf einige Vorwürfe aus der Anklage. Das OLG wird jetzt entscheiden. Es geht um den Kauf der Hypo Group Alpe Adria im Jahre 2007. Darüber wurde bereits hier häufig berichtet. Der Hauptanklagevorwurf der Untreue nach § 266 StGB bezog sich auf einen überhöhten Preis für diese Bank, mit der die BayernLB nach Südosteuropa expandieren wollte. Angeblich, so die StA, habe man einen überhöhten Preis bezahlt - etwa 500 Mio Euro zuviel. Dieser Hauptvorwurf wurde vom LG München nicht zugelassen.

Bekanntlich ging die ganze Sache schief. Der Kauf der HGAA war zum Schluss eine wirtschaftliche Katastrophe. Die BayernLB verlor in diesem Zusammenhang über 3 Mrd Euro. Aber: Aus einem späteren Schaden darf nicht automatisch auf eine Verletzung der Vermögensbetreuungspfliicht im Sinne des § 266 StGB geschlossen werden. Wirtschaftliches Handeln und wirtschaftliche Freiheit schließen auch den Abschluss von Risikogeschäften ein. Wirtschaftliche Expansion auf neue Märkte schließt auch die Chancen auf Erfolg und Gewinn ein. Und das ist das Ziel wirtschaftlichen Handelns. Übrigens liegt in diesem marktorientierten Auftreten einer Landesbank meines Erachtens auch ein Grund, dass die Vorstände einer Landesbank keine Amtsträger sind. Sie erinnern sich an Gerhard Gribkowsky und die Sache Bernie Ecclestone. Auch da tut sich was.

Maßstab für das Handeln eines Vorstandes ist das Handeln als ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter (§ 93 AktG). Das klingt sehr altbacken. War das Geschäft wirtschaftlich vertretbar? Wurde der Vorgang vom Vorstand ausreichend geprüft? Welche Chancen bestanden, welche Risiken? Lag der Kauf zu diesem Preis im Unternehmensinteresse? Sind die Regeln kaufmännischer Sorgfalt eingehalten? Bei wirtschaftlichen Handeln muss dem Treunehmer auch ein wirtschaftlicher Entscheidungsspielraum zustehen, und das bezogen auf den Handlungszeitpunkt. 

Zwei kleinere Vorwürfe wurden zugelassen. Nach der Übernahme der HGAA durch die BayernLB wurden weitere Anteile erworben. Auch dieser Zukauf soll überteuert gewesen sein, da die Finanzbranche bereits in der Krise war. Und zudem steht ein Korruptionsvorwurf im Raum. Der Landeshauptmann Jörg Haider hat für die Zustimmung des Landes Kärnten ein Sponsoring für das Stadion in Klagenfurt erhalten. Auch darüber haben wir hier berichtet.

Entscheidend ist die Frage, inwieweit wirtschaftliches Handeln und inwieweit auch Risikogeschäfte sich im Rahmen der Untreue subsumieren lassen. Wirtschaftliche Freiheit spricht zuerst einmal für Straflosigkeit. Erst der Moment des unvertretbaren oder willkürlichen Handelns ändert das. Hier gibt es anscheinend unterschiedliche Gutachten, wie die Medien berichten.

Das alles mag schwierig zu beurteilen sein. Das alles mag im Einzelfall zu unbefriedigenden Ergebnissen führen, weil man das Gefühl hat, dass es lohnender ist, eine Bank zu gründen als eine Bank zu überfallen. Der Ort, um diese strafrechtlich und gesellschaftlich wichtigen Fragen zu klären, ist aber die öffentliche Hauptverhandlung. Warten wir ab, wie das OLG den hinreichenden Tatverdacht bewertet.

Rechtsanwalt und Privatdozent Dr. Joachim Kretschmer, Berlin/Bremen

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen