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Stichwort: Lobbyismus

joachim.kretschmer

2013-11-22 12:12

Die Medien und jetzt sogar die strafrechtlichen Fachzeitschriften (NStZ 2013, 617) beschäftigen sich derzeit mit einem Fall des Wechsel von Amtsträgern in die Privatwirtschaft, den Fall „Eckart von Klaeden“. Auffällig ist, dass für diese rechtlich und ethisch problematische Frage offensichtlich keine Regelung, keine Verhaltensregel existiert.

 

Es geht aber auch anders:

 

In einem Verhaltenskodex für EU-Kommissionsmitglieder findet man eine Regelung, die sich mit dem Wechsel der Kommissionsmitglieder in die Privatwirtschaft befasst.

 

„Ehemalige Kommissionsmitglieder, die nach Beendigung ihres Amtes oder nach ihrem Rücktritt beabsichtigen, innerhalb von 18 Monaten nach ihrem Ausscheiden eine berufliche Tätigkeit aufzunehmen, haben die Kommission rechtzeitig, soweit möglich innerhalb von mindestens vier Wochen, davon in Kenntnis zu setzen. Die Kommission prüft die Art der geplanten Tätigkeit.

Steht die geplante tätigkeit im Zusammenhang mit dem Ressort des Kommissionsmitglieds, holt die Kommission die Stellungnahme der Ethikkommission ein. Je nach Ergebnis entscheidet die Kommission, ob die geplante Tätigkeit mit Art. 245 AEUV vereinbar ist.

Innerhalb von 18 Monaten nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt dürfen ehemalige Kommissionsmitglieder für ihr Unternehmen, ihre Kunden oder Arbeitgeber bei den Mitgliedern der Kommission und deren Mitarbeitern in Fragen, für die sie während ihrer Amtszeit zuständig waren, weder Lobby-Arbeit betreiben noch für ihre Sache werben. (...).“

 

In dem erwähnten Art. 245 AEUV heißt es:

“Die Mitglieder der Kommission haben jede Handlung zu unterlassen, die mit ihren Aufgaben unvereinbar ist. Die Mitgliedstaaten achten ihre Unabhängigkeit und versuchen nicht, sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu beeinflussen.

Die Mitglieder der Kommission dürfen während ihrer Amtszeit keine andere entgeltliche oder unentgeltliche Berufstätigkeit ausüben. Bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit übernehmen sie die feierliche Verpflichtung, während der Ausübung und nach Ablauf ihrer Amtstätigkeit die sich aus ihrem Amt ergebenden Pflichten zu erfüllen, insbesondere die Pflicht, bei der Annahme gewisser Tätigkeiten oder Vorteile nach Ablauf dieser Tätigkeit ehrenhaft und zurückhaltend zu sein. Werden diese Pflichten verletzt, so kann der Gerichtshof auf Antrag des Rates, der mit einfacher Mehrheit beschließt, oder der Kommission das Mitglied je nach Lage des Falles gemäß Artikel 247 seines Amtes entheben oder ihm seine Ruhegehaltsansprüche oder andere an ihrer Stelle gewährte Vergünstigungen aberkennen.“

 

Mit Blick auf das Verhalten von Eckart von Klaeden ist eine Bewertung eindeutig: Ehrenhaft und zurückhaltend ist es nicht, wenn er noch während seiner Amtszeit als Staatsminister seinen neuen Arbeitsvertrag als Cheflobbyist bei der Daimler AG unterschreibt. Die strafrechtlichen Bedenken ergeben sich daraus, dass er als Staatsminister in seiner Dienstausübung - § 331 StGB – wohl auch mit Fragen beschäftigt war, die in einem engen Sachzusammenhang mit der Automobilindustrie stehen.

 

Interessante Aspekte und Informationen zu diesem Thema liefert „lobbycontrol“. Gefordert werden dort klare Regeln für einen Wechsel vom Amt in die Wirtschaft. Gefordert wird eine dreijährige Karenzzeit, in der ein Wechsel in die Lobbytätigkeit generell verboten sein soll. Ob das jedoch mit Art. 12 GG vereinbar ist, bezweifele ich. Dennoch sind klare Regeln und Grenzziehungen nötig. Es sind auch Regelungen nötig, die die Befangenheit und die Interessenkonflikte regeln. Es kann doch nicht sein, dass ein Staatsminister, nachdem er seinen Wechsel zu Daimler bekannt gegeben hat, weiterhin mit dem Sachthema Automobilindustrie befasst ist. Die stete Verteidigung, er habe doch keine Entscheidung getroffen, ist nicht ausreichend. Es scheint noch nicht bekannt genug zu sein, dass das Delikt der Vorteilsannahme und auch das der Vorteilsgewährung in den §§ 331 und 333 StGB nur den Bezug zur – weiten – Dienstausübung verlangen: Klimapflege ist das Stichwort.

 

Der Wechsel aus einem Amt in die Privatwirtschaft als Lobyist als Problem des Interessenkonflikts trifft Amtsträger jeder politischen Richtung. Ein solcher Wechsel ist ethisch problematisch. Er ist aber wie die staatsanwaltlichen Ermittlungen zeigen, auch rechtlich problematisch. Es ist an der Zeit, dass der Gesetzgeber rechtliche Regeln schafft. Ob das die neue regierung unternimmt, erscheint fraglich. Vielleicht wird es Aufgabe der Strafgerichte sein, hier Grenzen zu ziehen. Warten wir ab.

 

Rechtsanwalt und Privatdozent Dr. Joachim Kretschmer, Berlin /Bremen

 

 

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