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Versanddienstleister können haften, wenn sie Wettbewerbsverstöße nicht verhindern

matthias.krueger@jamara.de

2014-11-04 11:47

Versanddienstleister müssen Hinweise auf rechtsverletzende Produkte ernst nehmen und gegebenenfalls Abhilfe schaffen, anderenfalls drohen Abmahnungen.

In einem Verfahren vor dem Landgericht Nürnberg ging es um die Frage, ob ein Fulfillment-Anbieter wettbewerbsrechtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wenn die von ihm gelagerten und versendeten Waren verbraucher- und umweltschützenden Rechtsvorschriften nicht entsprechen. Im konkreten Fall bewarb ein Verkäufer über die Internet-Auktionsplattform „eBay“ diverse Modellbau-Produkte (Elektromotoren, Akkus, Regler, Fernsteuerungen). Nach dem Kauf wurden die Waren von einem Versanddienstleister aus Berlin an den Kunden geliefert. Die gelieferten Produkte entsprachen verschiedenen verbraucher- und umweltschützenden Anforderungen nicht. Der Versanddienstleister vertrat unter anderem die Meinung, er hafte als rein ausführendes Logistik-/Speditionsunternehmen für die Gesetzesverstöße nicht, da er keinerlei Einfluss auf die Angebote oder Produkte des Auftraggebers hätte. Die 3. Zivilkammer am Landgericht Nürnberg (Urteil vom 29.10.2014 - 3 O 3446/13) stellte jedoch klar, dass ein Versanddienstleister durch seinen Service eine Dienstleistung schafft, deren Nutzung mit der Gefahr verbunden ist, schutzwürdige Interessen von Verbrauchern zu beeinträchtigen. Durch die Dienstleistung wird ermöglicht, dass Produkte, die gegen verbraucherschützende Vorschriften verstoßen, an Verbraucher ausgeliefert werden. Sobald der Versanddienstleister Kenntnis von rechtsverletzenden Produkten erhält, hat er das rechtsverletzende Produkt zu sperren und Vorsorge dafür zu treffen, dass es nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kommt. Kommt der Versanddienstleister diesem Handlungsgebot nicht nach, haftet er wegen Verletzung seiner wettbewerblichen Verkehrspflichten als Täter für die jeweiligen Rechtsverstöße, so das LG Nürnberg.

 

Praxistipp

Versanddienstleister sollten Hinweise auf rechtsverletzende Produkte ernst nehmen, gegebenenfalls Abhilfe schaffen und weitere gleichartige Rechtsverletzungen verhindern, etwa durch Einsatz entsprechender Filter-Software. Vorsorglich sollten Versanddienstleister bei Auftraggebern mit Sitz außerhalb der EU von Anfang an darauf achten, dass die von ihnen gelagerten und versendeten Produkte die produktspezifischen rechtlichen Anforderungen erfüllen. Über die vom LG Nürnberg festgestellte Verletzung der wettbewerblichen Verkehrspflicht hinaus erscheint es nicht ausgeschlossen, dass Versanddienstleister bei nichteuropäischen Auftraggebern als Importeur oder Einführer einzustufen sind, was zur Folge hätte, dass sie die Einhaltung der anwendbaren Vorschriften (z.B. ProdSG, EMVG, FTEG, ElektroG, BattG, usw.) sicherstellen müssen.

(Rechtsanwalt Dr. Mario Krogmann, Blaum Dettmers Rabstein, Hamburg / Matthias Krüger, JAMARA e.K., Aichstetten)

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
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3 Kommentare

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Die Betreiber von Fulfillment-Centern in gleicher Weise wie die Händler für Rechtsverstöße haften zu lassen, wäre rechtspolitisch höchst problematisch, da Fulfillment-Dienstleistern damit umfangreiche Kontrollpflichten in Bezug auf eine Vielzahl von Rechtsvorschriften ausgesetzt wären. Sämtliche Waren müssten regelmäßig geprüft und kontrolliert werden wobei stichprobenartige Kontrollen wegen der sich ergebenden Haftungsrisiken nicht ausreichen würden. In der Praxis des Fulfillmentgeschäfts wäre eine solche umfangreiche Kontrolle nicht leistbar. Derartige Anforderungen würden deshalb für Fulfillment-Geschäfte die Standortfrage weiter verschärfen (Fulfillment ist in Deutschland schon jetzt wesentlich teurer als in Polen oder der Tschechische Republik).

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