BGH: "Urkundenfälschung am Autokennzeichen und Gesamtvorsatz für Nutzung des gefälschten Kennzeichens"

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 28.07.2015

Ich hatte die nachfolgend auszugsweise wiedergegebene Entscheidung bereits aus dem Gesichtspunkt § 315c StGB vorgestellt. Jetzt geht es um die Urkundenfälschung durch Kennzeichenmaipulation. Genauer gesagt geht es um die Konkurrenzen hierbei - der BGH verlangt hier Darstellungen zur Vorstellung des das Kennzeichen fälschenden Täters im Hiblick auf die später anstehenden Taten:

Auch die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Fälle II. 4 und 5 der Urteilsgründe (Tatmehrheit) begegnet rechtlichen Bedenken. 

Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Angeklagte im Fall II. 4 der Urkundenfälschung in der Variante des Herstellens einer unechten (zusammengesetzten) Urkunde gemäß § 267 Abs. 1 1. Alt. StGB schuldig ist, weil er für ein anderes Fahrzeug ausgegebene amtliche Kennzeichen an dem von ihm genutzten nicht zugelassenen Pkw anbrachte (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2014 – 4 StR 528/13, NStZ 2014, 214; Urteil vom 7. September 1962 – 4 StR 266/62, BGHSt 18, 66, 70). Auch trifft es zu, dass der Angeklagte den Tatbestand des Gebrauchmachens von einer unechten Urkunde gemäß § 267 Abs. 1 3. Alt. StGB verwirklicht hat, indem er in den Fällen II. 4 und II. 5 das mit falschen amtlichen Kennzeichen versehene Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr nutzte und dadurch den anderen Verkehrsteilnehmern die unmittelbare Kenntnisnahme der am Fahrzeug angebrachten Kennzeichen ermöglichte (BGH, Beschluss vom 29. Januar 2014 – 4 StR 528/13, NStZ 2014, 214; vgl. Urteil vom 14. Dezember 1988 – 2 StR
613/88, BGHSt 36, 64, 65). Die Strafkammer hat jedoch nicht ausreichend bedacht, dass nur eine Urkundenfälschung vorliegt, wenn eine gefälschte Urkunde mehrfach gebraucht wird und dieser mehrfache Gebrauch dem schon bei der
Fälschung bestehenden konkreten Gesamtvorsatz des Täters entspricht (BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2008 – 3 StR 156/08, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Konkurrenzen 3; insoweit in BGHSt 53, 34 nicht abgedruckt; vgl. auch Beschluss
vom 7. Mai 2014 – 4 StR 95/14, wistra 2014, 349; Beschluss vom 29. Januar 2014 – 4 StR 528/13, NStZ 2014, 214). Danach hätte die Strafkammer prüfen müssen, ob neben der Nutzung des Fahrzeugs am 19. Dezember 2013 (Fall II. 4 der Urteilsgründe) auch die Fahrt am 26. Dezember 2013 (Fall II. 5) dem schon bei dem Anbringen der Kennzeichen bestehenden konkreten Gesamtvorsatz des Angeklagten entsprach. Dies hätte zur Folge, dass auch der mit der Fahrt am 26. Dezember 2013 verwirklichte Gebrauch einer unechten Urkunde und deren Herstellung als tatbestandliche Handlungseinheit eine Tat der Urkundenfälschung bildeten und damit auch die weiteren während der Fahrt am 26. Dezember 2013 begangenen Delikte hierzu in Tateinheit stünden. Dass die Fahrt vom 26. Dezember 2013 nach den Feststellungen „aufgrund eines neuen Tatentschlusses“ erfolgte, steht dem nicht zwingend entgegen

BGH, Beschluss vom 21.5.2015 - 4 StR 164/15 

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5 Kommentare

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also wenn ich meine Logik dagegen stelle weiß ich nicht was so geurteilt wird.

ein amtliches Kennzeichen wird an ein anderes Fahrzeug geschraubt

das kann keine Urkundenfälschung sein, weil es weder verfälscht noch eine unechte Urkunde ist,sondern,

lediglich Haftpflichtversicherung vortäuschen soll.

Das heißt,das Fahrzeug ist nicht versichert,also kommt höchstens ein Verstoß gegen das Haftpflichtversicherungsgesetz zum tragen-----das ganze bei mehreren Fällen eben durch Tatmehrheit weil es eben vorsätzlich begangen wurde zum Zweck von Überführungen zb--------Versicherungsbetrug eben----

Der Beklagte war im Fall eines Falles eigentlich jederzeit an Hand des Kennzeichens zu ermitteln ,denn die Urkunde ist ja nicht verändert wurden.Somit dürfte auch eine Rechtstäuschung nicht greifen

Das Gericht geht vielleicht davon aus das mit dem anschrauben der Urkunde das Fahrzeug und die Urkunde eine Einheit bilden die zu einer Verfälschung der Urkunde führen könnten.Wenn dem so sein sollte ist die Kausalität zwischen Urkunde und Fahrzeug ziemlich weit her geholt und nicht zu vereinbaren mit dem Sachenrecht,weil der Besitz der Urkunde nicht den tatsächlichen Sachgegenstand begründet,sondern lediglich den Betrieb der Sache ermöglicht

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Ich möchte zu dem Kommentar Stellung nehmen.

Für mich ist der Tatbestand der Urkundenfälschung plausibel. Man stelle sich vor, dass er zuvor fremde Kennzeichen entwendet und dann einen Pkw mit den Kennzeichen führt. Bei diesem Beispiel stellt sich die Urkundenfälschung klar dar. Davon abgesehen, dass er auch ein Vergehen hinsichtlich des Kraffahrsteuergesetzes begeht.

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Fahrzeug und amtliches Kennzeichen stellen eine zusammengesetzte dar. Ist weder strittig noch überraschend. Ihr Verweis auf das Sachenrecht ist nicht nachvollziehbar oder vertretbar, da beißt die Maus den Faden nicht ab. Mit dem "Haftpflichtversicherungsgesetz" (welches nicht existiert) hat der Sachverhalt nichts zu tun. 

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Es könnte auch der Tatbestand des § 22 StGB des Kennzeichenmissbrauch vorliegen.

§ 22 StVG Kennzeichenmissbrauch

(1) Wer in rechtswidriger Absicht
ein Kraftfahrzeug oder einen Kraftfahrzeuganhänger, für die ein amtliches Kennzeichen nicht ausgegeben oder zugelassen worden ist, mit einem Zeichen versieht, das geeignet ist, den Anschein amtlicher Kennzeichnung hervorzurufen,

ein Kraftfahrzeug oder einen Kraftfahrzeuganhänger mit einer anderen als der amtlich für das Fahrzeug ausgegebenen oder zugelassenen Kennzeichnung versieht,

das an einem Kraftfahrzeug oder einem Kraftfahrzeuganhänger angebrachte amtliche Kennzeichen verändert, beseitigt, verdeckt oder sonst in seiner Erkennbarkeit beeinträchtigt,
wird, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die gleiche Strafe trifft Personen, welche auf öffentlichen Wegen oder Plätzen von einem Kraftfahrzeug oder einem Kraftfahrzeuganhänger Gebrauch machen, von denen sie wissen, dass die Kennzeichnung in der in Absatz 1 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Art gefälscht, verfälscht oder unterdrückt worden ist.

 

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