DGB fordert Abschaffung der „Arbeit auf Abruf“

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 26.09.2016
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|3292 Aufrufe

Arbeit auf Abruf ist eine in gewissen Grenzen (vgl. § 12 TzBfG) legale Form der Arbeitszeitflexibilisierung. Bis zu 1,9 Millionen Arbeitnehmer gehen nach einem Bericht der „Saarbrücker Zeitung“ einer derartigen Beschäftigung nach, bei der ihr Einsatz vom jeweiligen Bedarf abhängt. Eine neue Studie des DGB stellt dieser Beschäftigungsform kein gutes Zeugnis aus. Bei vielen dieser Beschäftigungsverhältnisse würden arbeitsrechtliche Standards unterlaufen. "Bei Arbeit auf Abruf wird das wirtschaftliche Risiko der Betriebe voll auf die Beschäftigten verlagert. Damit muss Schluss sein", forderte Annelie Buntenbach, die im DGB-Vorstand für die Themen Arbeitsmarkt und Sozialpolitik zuständig ist. Verlässliche und planbare Arbeitszeiten müssten gerade auch bei Teilzeitarbeit möglich sein. "Alle Beschäftigten brauchen mehr Schutz vor einseitiger betriebsbedingter Flexibilisierung", sagte Buntenbach dem Blatt. Allein in der Gastronomie arbeiten laut DGB mindestens zwölf Prozent der Beschäftigten auf diese Weise. Die viertägige Ankündigungsfrist des § 12 Abs. 2 TzBfG werde vielfach unterlaufen. Laut DGB werde jeder Dritte erst am selben Tag kontaktiert und ein weiteres Drittel ein bis drei Tage im Voraus. Obendrein könnten sich die Betriebe der Entgeltfortzahlung bei Krankheit und Urlaub relativ leicht entziehen, "indem sie die Arbeit an diesen Tagen einfach nicht abrufen", heiße es in der Untersuchung. Zugleich müssten Betroffene mit schwankenden und damit wenig planbaren Einkommen leben.

Es ist in meinen Augen verdienstvoll, dass der DGB dieses Thema in das Blickfeld der Öffentlichkeit rückt, zumal das BAG dieser Beschäftigungsform keine nennenswerten Grenzen setzt. Im Urteil vom 24.9.2014 (NZA 2014, 1328 – ohne Auseinandersetzung mit der deutlich restriktiveren Entscheidung BAG 7.12.2005, NZA 2006, 423) zeigte es sich erstaunlich großzügig und billigte sogar eine Klausel im Arbeitsvertrag, die wie folgt formuliert war: „Es ist eine Festbeschäftigung mit flexibler Arbeitszeit nach den betrieblichen Erfordernissen vereinbart.“ Die komplette Streichung von § 12 TzBfG und die Abschaffung der Arbeit auf Abruf – wie sie jetzt der DGB fordern – schüttet das Kind hingegen mit dem Bade aus. Über Einschränkungen sollte hingegen sehr wohl nachgedacht werden. Zu den besonders problematischen Nullstunden-Verträgen zuletzt Forst NZA 2014, 998 und Bieder, RdA 2015, 388.

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