LAG Hamburg: Flugbegleiter bundesweit versetzbar

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 17.10.2016
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht2|4438 Aufrufe

Arbeitnehmer können bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung und betrieblicher Notwendigkeit im gesamten Bundesgebiet allein aufgrund des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts (§ 106 GewO) versetzt werden. Einer Änderungskündigung, die auf ihre soziale Rechtfertigung hin zu kontrollieren wäre (§ 2 KSchG), bedarf es nicht. Das ergibt sich aus einem aktuellen Urteil des LAG Hamburg.

Die Klägerin ist als Flugbegleiterin bei der Lufthansa beschäftigt. Ihr Wohn- und Einsatzort war bislang Hamburg. Im Herbst 2012 beschloss die Lufthansa, zum Flugplanwechsel 2014 innerdeutsche Flüge nur noch von Frankfurt und München aus durchzuführen. Alle anderen Flughäfen sollten künftig von Germanwings bedient werden. Dort sollte auch kein Flugpersonal der Lufthansa mehr stationiert werden.

Aufgrund einer Schlichtungsempfehlung wurden durch Änderungs- und Ergänzungstarifvertrag sowie Interessenausgleich und Sozialplan folgende Wahlmöglichkeiten für die Flugbegleiter der dezentralen Stationierungsstandorte vereinbart:

  • Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung,
  • der direkte Einsatz aus Frankfurt am Main oder München, verbunden mit Auslagenpauschalen und befristeten Ersatzleistungen,
  • Arbeitnehmerüberlassung an Germanwings,
  • der sofortige Arbeitgeberwechsel zur Germanwings GmbH unter Wahrung des bei der Lufthansa erworbenen Besitzstandes
  • der mit einer Versetzung nach Frankfurt am Main oder München einhergehende, auf zwei Jahre befristete virtuelle Verbleib am bisherigen Stationierungsort, verbunden mit reduzierten Auslagenpauschalen.

Die Klägerin entschied sich für einen Wechsel nach Frankfurt mit befristeten Ersatzleistungen (fünfjährige Reiseregelung). Gleichwohl wehrt sie sich gerichtlich gegen die Versetzung und beantragt u.a., sie zu den bisherigen Bedingungen als Flugbegleiterin vom Flughafen Hamburg aus weiter zu beschäftigen. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Ihre Berufung beim LAG Hamburg blieb ohne Erfolg. Das Gericht stellte lediglich klar, dass die Änderungskündigung unwirksam ist, da die Versetzung bereits aufgrund des Direktionsrechts erfolgte.

1. Gewährt der Arbeitgeber bei der Schließung eines Standorts im Rahmen eines Sozialplans u.a. die Möglichkeit, den Versetzungszeitpunkt hinauszuschieben, wird dadurch die Erforderlichkeit der Maßnahme nicht in Frage gestellt.

2. Die Arbeitsgerichte haben eine Entscheidung des Arbeitgebers im Rahmen von § 106 GewO nur daraufhin zu überprüfen, ob sie im Ergebnis billigem Ermessen entspricht. Es ist nicht zu prüfen, ob der Arbeitgeber methodisch korrekt vorgegangen ist.

Die Revision wurde zugelassen.

LAG Hamburg, Urteil vom 19.05.2016 – 8 Sa 20/15, BeckRS 2016, 73093

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2 Kommentare

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Meiner Meinung nach ist die Schlichtungsvereinbarung durchaus akzeptabel und sollte jedem Arbeitnehmer die Möglichkeit geben eine Lösung für sich zu finden, mit der er vernünftig leben kann.

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