Kostenentscheidung in Strafsachen: Ausschließliche Haftung eines Mitangeklagten nach § 466 StPO ist erst im Kostenansatz zu prüfen!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 26.10.2016
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|3952 Aufrufe

Mal etwas Kostenrecht aus dem Strafprozess. Es geht um § 466 StPO, den sicher auch viele eingefleischte Strafrechtler nicht eben so drauf haben. Daher hier der Gesetzestext:

§ 466
Haftung Mitverurteilter für Auslagen als Gesamtschuldner

Mitangeklagte, gegen die in bezug auf dieselbe Tat auf Strafe erkannt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird, haften für die Auslagen als Gesamtschuldner. Dies gilt nicht für die durch die Tätigkeit eines bestellten Verteidigers oder eines Dolmetschers und die durch die Vollstreckung, die einstweilige Unterbringung oder die Untersuchungshaft entstandenen Kosten sowie für Auslagen, die durch Untersuchungshandlungen, die ausschließlich gegen einen Mitangeklagten gerichtet waren, entstanden sind.

Also: Grundsätzlich haften mehrere verurteilte Mitangeklagte wegen derselben Tat für die Auslagen als Gesamtschuldner. Ausnahmsweise ist das anders, wenn die Auslagen echt nur einen betreffen.

Das OLG Hamm musste sich jetzt damit befassen. Ein Mitangeklagter hatte Kostenbeschwerde eingelegt. Das OLG:

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift vom 01.08.2016 zu der sofortigen Beschwerde des Angeklagten vom 23.06.2016 gegen die Kostenentscheidung des Urteils der 9. Großen Strafkammer des Landgerichts Münster vom 20.06.2016 Folgendes ausgeführt:

„I.

Das Landgericht Münster hat den Angeklagten I sowie die Mitangeklagten T und E durch Urteil vom 20.06.2016 (Bl. 400-405R d.A.) wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung verurteilt und gegen den Angeklagten I eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist; zudem hat es den drei Angeklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Gegen die in Anwesenheit des Angeklagten I und seiner Verteidigerin verkündete Kostenentscheidung des Landgerichts Münster vom 20.06.2016 (Bl. 391, 394 d.A.) hat der Angeklagte I mit am 24.06.2016 (Bl. 384 d.A.) eingegangenem Schreiben seiner Verteidigerin vom 23.06.2016 (Bl. 384-385 d.A.) sofortige Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet.

II.

Die gem. § 464 Abs. 3 Satz 1 StPO statthafte, form- (§ 306 Abs. 1 StPO) und fristgerecht (§ 311 Abs. 2 StPO) eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Die Kostenentscheidung des Landgerichts entspricht dem Gesetz(§ 465 Abs. 1 StPO). Für die vom Angeklagten I angestrebte Kostenregelung gibt es keine Rechtsgrundlage. Soweit eine ausschließliche Haftung einzelner Mitangeklagter gem. § 466 StPO in Betracht kommt, ist diese erst im Kostenansatzverfahren zu berücksichtigen (zu vgl. BGH, NStZ 1986, 210; Hilger, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 466 Rdnr. 11; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 466 Rdnr. 3 jeweils m.w.N.).

Die sofortige Beschwerde kann daher in der Sache keinen Erfolg haben.“

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an.

Ergänzend bemerkt der Senat, dass im Übrigen ein etwaiger Gesamtschuldnerausgleich zwischen den gesamtschuldnerisch für Auslagen der Staatskasse (§ 466 StPO) haftenden Angeklagten zivilrechtlich durchgesetzt werden müsste.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

OLG Hamm, Beschl. v. 1.9.2016 - 4 Ws 253/16

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