Freiburger Mordfälle - keine Auswertung von DNA-Spuren für Fahndungszwecke möglich?

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 17.11.2016
Rechtsgebiete: StrafrechtKriminologieStrafverfahrensrecht30|14885 Aufrufe

Anlässlich von zwei in der Umgebung Freiburgs begangener - lt. Polizei wahrscheinlich nicht zusammen hängender - Verbrechen, nach der Spurenlage jeweils Vergewaltigung und anschließende Tötung, wurde seitens der Polizei das geltende Recht kritisiert. Nach diesem dürfe die DNA-Analyse an Spuren nur die Identität und (zusätzlich) das Geschlecht des Spurenlegers betreffen, nicht aber eventuelle weitere Merkmale (Augenfarbe, Haarfarbe, Herkunftsregion), die mit moderner Technik durchaus ermittelbar seien. Solche Merkmale seien aber für die Fahndung nach einem unbekannten Täter durchaus sinnvoll.

In der FAZ heißt es dazu etwa.

„Durch eine eng gefasste Regelung in der Strafprozessordnung (Paragraph 81g) ist die Verwertung von DNA-Spuren stark eingeschränkt - so dürfen Rückschlüsse auf eine ethnische Zugehörigkeit der Täter nicht gezogen werden. Wäre das möglich, könnte man den Täterkreis besser eingrenzen und andererseits auch mögliche voreilige Verdächtigungen gegen arabischstämmige Flüchtlinge ausräumen. „Bei der Untersuchung dürfen andere Feststellungen als diejenigen, die zur Ermittlung des DNA-Identifizierungsmusters sowie des Geschlechts erforderlich sind, nicht getroffen werden“, heißt es in der Strafprozessordnung. Gegner einer Ausweitung der Verwendungsmöglichkeiten sehen darin einen schweren Eingriff in die Grundrechte.“

Die Junge Freiheit vermutet dazu: „Politische Korrektheit kann tödlich sein“

In einem  Stern-Interview aus dem Jahr 2007 mit dem Rechtsmediziner Brinkmann heißt es:

„Warum untersucht man nicht auch die kodierenden Abschnitte der DNA, wenn man zum Beispiel mehr über einen Täter wissen will?

Da besteht wohl die Befürchtung, dass das, wenn man’s übertreibt, zu Diskriminierungen führen könnte. Deshalb ist man da sehr ängstlich. Aber wenn wir schon im nicht kodierenden Bereich aus der wahrscheinlichen Zugehörigkeit einer Person zu einer ethnischen Großgruppe auf deren wahrscheinliche Haar- und Augenfarbe schließen können, was spricht dagegen, diese Feststellungen durch Untersuchungen im kodierenden Bereich 99-prozentig zu treffen - und auch zu verwenden?

Doch wohl die Rechtslage.

Explizit nicht. Im Gesetz steht tatsächlich nur, dass die Untersuchung phänotypischer Merkmale nicht gewünscht ist.

Aber es passiert doch hin und wieder, oder?

Es gibt kaum ein Institut für Rechtsmedizin, dass nicht die Y-chromosomale Eigenschaft - also männlich oder weiblich - untersucht. Das machen auch die Landeskriminalämter. Da müssten wir uns blind stellen, wenn wir nicht sofort aus dem Muster lesen könnten, zu welcher ethnischen Großgruppe die Person gehört. Da kommt man gar nicht dran vorbei. Und wer A sagt, muss auch B sagen.

Das heißt: Sie wären durchaus in der Lage, Angaben zu ethnischer Herkunft und damit häufig automatisch zur Augen- und Haarfarbe zu machen, was aber nicht abgefragt wird.

Natürlich geht das. Aber es wird nicht danach gefragt, weil es nach dem Gesetz nicht gewünscht ist.“

Was ist dran an diesen Bemerkungen, was gilt tatsächlich?

Anders als die FAZ es darstellt, geht es nicht um § 81 g StPO, sondern um § 81 e StPO. Dessen Absatz 1 bezieht sich auf DNA, die einer bestimmten Person (Beschuldigter, Zeuge, Sonstige) entnommen wurde, bei der man also die  äußeren Merkmale regelmäßig ohnehin schon kennt. Absatz 2 bezieht sich auf Spurenmaterial, das aufgefunden und sichergestellt wurde, also etwa die auch im Freiburger Fall gefundenen Spuren, die man nach polizeilicher Vermutung dem noch unbekannten Täter zuordnen kann. Absatz 2 Satz 2 ordnet nun an, dass die Zulässigkeitsgrenzen der molekulargenetischen Untersuchung entsprechend auch für dieses Material gelten. D.h. bei derzeitiger Gesetzeslage dürfen auch bei aufgefundenem Spurenmaterial der (vermuteten) Täterperson nur Abstammung, Identifizierung und Geschlecht ermittelt werden (§ 81 e Abs.2 S.2 i. V. m. Abs.1 S. 3 StPO).

Anders als Brinkmann im Interview meint, geht es also nicht um einen bloßen „Wunsch“ des Gesetzes, sondern um ein klares Verbot.

Was ist der Grund dafür? Aufschlussreich dazu ist die Begründung des Gesetzentwurfs (Januar 2003, BT-Drs 15/350), zur letzten Änderung des § 81 e StPO, die die damalige (rot-grüne) Regierungskoalition veranlasste. Es ging damals darum, die Untersuchung auf das Merkmal „Geschlecht“ auszuweiten:

Demgegenüber ist jedoch ein ausdrücklicher Wille des Gesetzgebers, eine Geschlechtsbestimmung mittels molekulargenetischer Untersuchung verbieten zu wollen, nicht feststellbar. Ausgangspunkt für den Gesetzgeber war seinerzeit die von ihm in § 81e Abs. 1 StPO getroffene Regelung für den Fall, dass sich die Untersuchung auf Material bezieht, das dem – bekannten – Beschuldigten oder Verletzten entnommen worden ist. Im unmittelbaren Anwendungsbereich des Absatzes 1 ist ein Interesse an der molekulargenetischen Feststellung des – regelmäßig bereits bekannten – Geschlechts wie auch sonstiger äußerlich erkennbarer Merkmale des Beschuldigten oder Verletzten häufig nicht gegeben. Problematisch ist jedoch insbesondere, dass § 81e Abs. 2 StPO für die Untersuchung von aufgefundenem Spurenmaterial die Regelung des Absatzes 1 für entsprechend anwendbar erklärt. Denn bei aufgefundenem Spurenmaterial ist das Geschlecht des Spurenlegers oftmals nicht bekannt. Es liegt jedoch auf der Hand, dass sich aus der Kenntnis dieses Merkmals für die Strafverfolgungsbehörden gezieltere Ermittlungs- und Fahndungsansätze ergeben, die für eine effektive Strafverfolgung nicht nur äußerst hilfreich ist, sondern im Einzelfall auch der einzige Erfolg versprechende Ermittlungsansatz sein kann und daher von erheblicher Bedeutung ist. (…) Sinn und Zweck der Regelungen über die Beschränkung der Untersuchungsweite bei der DNA-Analyse ist es nicht, die Feststellung des auch äußerlich erkennbaren Merkmals des Geschlechts des Beschuldigten oder des Opfers durch genetische Untersuchungen zu verbieten. Ziel war es vielmehr, „die Ausforschung schutzbedürftiger genetischer Anlagen des Betroffenen und die Feststellung genetisch bedingter schutzbedürftiger Persönlichkeitsmerkmale einem ausdrücklichen Verbot“ zu unterstellen (…). Es sollte damit verhindert werden, dass im Rahmen der genetischen Untersuchung vom Sachverständigen auch Feststellungen getroffen und weitergegeben werden zu genetisch bedingten besonders schutzbedürftigen (psychischen, charakterbezogenen und krankheitsbezogenen) Persönlichkeitsmerkmalen, wie z. B. Erbanlagen, Charaktereigenschaften, Krankheiten und Krankheitsanlagen. Die Feststellung, ob eine Körperzelle von einem Mann oder einer Frau herrührt, berührt als äußerlich erkennbares Merkmal nicht den besonders schutzbedürftigen Kern der Persönlichkeit. Zwar ist das Geschlecht genetisch angelegt und ein personenbezogenes Merkmal, das als solches vom Recht auf informationelle Selbstbestimmung umfasst wird. Zugleich handelt es sich aber um ein regelmäßig von außen ohne weiteres – insbesondere auch ohne genetische Untersuchung – erkennbares Merkmal einer Person. Seine Feststellung kann daher nicht als Ausforschung schutzbedürftiger genetischer Anlagen des Betroffenen oder genetisch bedingter schutzbedürftiger Persönlichkeitsmerkmale begriffen werden. Dementsprechend hat es bislang auch keinem Zweifel unterlegen, dass etwa bei einer Tatortspur eines unbekannten Spurenlegers dessen Geschlecht anhand einer Blut- oder Speicheluntersuchung festgestellt werden darf (…).

Diese Erwägungen können allerdings nicht in gleicher Weise Geltung beanspruchen für die Feststellung der sonstigen äußerlich erkennbaren Merkmale eines Spurenverursachers, wie sie etwa im Rahmen erkennungsdienstlicher Maßnahmen ermittelt werden dürfen (Größe, Augen- und Haarfarbe etc.). Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erlaubt der Stand der rechtsmedizinischen Forschung zur DNA-Analyse insoweit noch keine verlässlichen Aussagen. Zudem würden entsprechende Feststellungen auf den so genannten codierten Bereich der Erbanlagen zugreifen und damit in die Gefahr der Ermittlung schutzbedürftiger Persönlichkeitsmerkmale geraten. Dazu besteht schon auf Grund des insoweit noch nicht hinreichend fortgeschrittenen Standes der Wissenschaft jedenfalls derzeit keine Notwendigkeit. Dementsprechend hat auch ein von Rheinland-Pfalz (…) eingebrachter Gesetzentwurf lediglich vorgeschlagen, eine klarstellende Regelung hinsichtlich der Geschlechtsbestimmung (…) zu treffen, in Ansehung sonstiger äußerlicher Merkmale jedoch die Entwicklung des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes weiter zu beobachten und erst zu gegebener Zeit über eine etwaige (weitere) Ergänzung der gesetzlichen Regelung nachzudenken.“

Nach der Gesetzesbegründung blieb es also beim Verbot einer erweiterten DNA-Analyse (jenseits der Geschlechtsbestimmung) bei Spurenmaterial nicht etwa aus „politischer Korrektheit“, sondern v.a. deshalb, weil man wissenschaftlich noch nicht so weit war. Man stellte 2003 sogar in den Raum, künftig eine weitere Ergänzung des Gesetzes zu erwägen.

Insbesondere sollte man m. E. erwägen, zwischen § 81e Abs.1 und Abs.2 StPO in der Rechtsfolge deutlicher zu unterscheiden, so dass Tatort-DNA-Spuren, insbesondere solche, die zur Fahndung nach Täterpersonen dienlich sein können, auch hinsichtlich weiterer äußerlich erkennbarere Merkmale ausgewertet werden dürften. Eine Suche nach anderen Persönlichkeitsmerkmalen oder Krankheiten sollte allerdings ausgeschlossen bleiben.

Was denken Sie? Ist eine entsprechende Gesetzesänderung angezeigt?

Ergänzung: In der Badischen Zeitung findet sich eine ausführliche Diskussion zu dieser Problematik, lesenswert.

Update 30.11.2016: Ein aktueller Artikel im Stern zum gleichen Thema

Update 6.12.2016: Badenwürttembergische Minister fordern Erweiterung der DNA-Auswertungsmöglichkeiten:

Auszug aus einem Artikel der Stuttgarter Zeitung:

Wenn es technisch möglich sei, weitere Erkenntnisse für die Ermittlungen zu gewinnen, „dann sollten wir diese Möglichkeit auch nutzen“, sagte Wolf unserer Zeitung. Gerade bei „solch schrecklichen Vorfällen“ wie den aktuellen Frauenmorden in Freiburg sollten die Behörden in der Lage sein, „alle verfassungsrechtlich zulässigen Ermittlungsansätze auch auszunutzen“. Die DNA-Auswertung sei vergleichbar mit einem Fall, in dem ein Straftäter zufällig gefilmt oder fotografiert werde; auch dieses Bildmaterial werde genutzt.

(...)

Die Behörde des Landesdatenschutzbeauftragten zeigte sich grundsätzlich offen für die angedachte Gesetzesänderung. Es spreche „manches dafür, dass sich eine solche Erweiterung noch im Rahmen des verfassungsmäßig Zulässigen halten dürfte“, sagte der amtierende Leiter Volker Broo. Entscheidend sei letztlich, wie neue Regeln in der Praxis angewendet würden. Grundsätzlich sei zu bedenken, dass Menschen mit jeder Lockerung „ein Stück weit gläserner“ würden.

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30 Kommentare

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Eine Gesetzesänderung wäre nach meinem Dafürhalten zu begrüßen.

Ein anderes Ergebnis wäre auch meiner Meinung nach kaum zu erklären.

Inwieweit "andere Persönlichkeitsmerkmale" überhaupt fahndungsrelevant sein sollten, kann ich gerade nicht nachvollziehen, daher ist dieses explizite Verbot wenn nicht unsinnig, so doch erklärungsbedürftig.

Warum muss man immer so heilig tun?

Dazu besteht schon auf Grund des insoweit noch nicht hinreichend fortgeschrittenen Standes der Wissenschaft jedenfalls derzeit keine Notwendigkeit. 

Zuerst müßte man klären, ob die Wissenschaft überhaupt schon zu verläßlichen eindeutigen Feststellungen in der Lage ist. Sonst führte auch das wieder nur zu hässlichen Fehlern.

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Kaum ein Beweismittel ist 100 % verlässlich und 100 % eindeutig, noch nicht einmal der Zeugenbeweis.

Außerdem geht es hier nicht nur um repressive Verurteilungen tragende hieb- und stichfeste Beweise, sondern auch um Hilfen für die ermittelnden Beamten bei der effektiven Organisation ihrer Arbeit und der Einkreisung in Frage kommender Verdächtiger, sowie auch um präventive Aspekte, wie sie auch bei der Erstellung von Steckbrief-Fahndungsbildern eine Rolle spielen.

Bei der Verfolgung so schwerer Straftaten wie Mord und Totschlag sollte auf kein Mittel welches bei der Ermittlungen behilflich sein kann verzichtet werden. Würde man darauf verzichten erschiene mir das nicht verantwortbar. Da die Polizei sich nicht über die geltenden Gesetze hinwegsetzen kann, ist also der Gesetzgeber gefordert das Gesetz nachzubessern.

 

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Wenn wir jetzt wieder ohne Hand und Fuß anfangen, anhand körperlicher Merkmale vorzuverurteilen "das war ein Jude, ein Zigeuner, ein Moslem, ein Nichtarier", dann sind wir nah dran an dem, was im 3. Reich an Gesichtsvermessung und Nasenkatalogen etc. "wissenschaftlich geleistet" wurde. Auf solche Art von "Wissenschaft" und Genetik bzw. Vererbungslehre kann ich b.a.w. gerne verzichten.

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@Gast
Diese Meinung gibt das genaue Gegenteil der Auswertungsmöglichkeiten von DNS-Spuren wieder. Der Ermittlungsansatz wäre, so zulässig, dass ein DNS-Spurenverursache aufgrund seiner genetischen Merkmale mit einer - sehr hohen - Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Ehnie zugeordnet werden kann und bei Zugehörigkeit entsprechende bestimmte körperliche Merkmale ausweist.

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Lieber Gast,

ihr Ansatz hinter der DNA Analyse im Rahmen der Strafverfolgung, welche sich auf die phänotypischen Merkmale bezieht, Rassismus zu vermuten ist ja schon sehr spektakulär...die DNA Analyse ersetzt sozusagen ein Phantombild ( ist dies in Ihren Augen auch rassistisch?), denn hier wird z.B. der nord-/südeuropäische Typ, der afrikanische, asiatische usw. unterschieden. Vom jüdischen, muslimischen oder "zigeunerischen" Typ habe ich noch nie gehört, ebenso ist es mir neu, dass Juden, Nichtarier, Christen, Buddhisten etc. spezielle DNA Strukturen besitzen, welche sie als diese identifizieren. Ich habe 2 Juden im Freundeskreis, der eine erinnert mich an einen Spanier und der andere an einen Iren (ich weiß, rote Haare, das absolute Klischee...oh oh ist das jetzt Rassismus? Sorry liebe Iren für das Vorurteil). Auf der Straße würde ich nun nicht sagen können, welcher Religion die beiden angehören, aber ich werde Ihnen mal einen Gentest vorschlagen, laut Ihrer Aussage müsste dabei ja erkennbar sein, dass sie Juden sind....ich freue mich schon auf das schallende Gelächter. Ich persönlich bin übrigens eine Mischung und würde mich dem "zigeunerischen" Typ zuordnen, mal schauen was mein Gentest sagt :))))))))

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Diese Meinung gibt das genaue Gegenteil der Auswertungsmöglichkeiten von DNS-Spuren wieder

Nein. Das ist Jacke wie Hose, jedenfalls bis zum genauen Beweis des Gegenteils. Diese Zuordnung zu "einer bestimmten Ehnie" ist keine "Wissenschaft" sondern Rassismus.

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Natürlich sind Begehren, schlimme Haltungen (wie etwa Rassismus oder Sexismus) zu bekämpfen, ehrenwerte Belange.

Aber daß sich die ganze Welt in all ihren Details und Facetten ausschließlich nach Antirassistischen und antisexistischen Gesichtspunkten orden sollen muß, dürfte eine sehr scheuklappenartige und einseitige und zu beschränkte Sichtweise sein.

Schwerste Straftaten, wie etwa Raub mit Todesfolge, Vergewaltigung mit Todesfolge, Totschlag und Mord, zu verfolgen und zu bestrafen und zu verhindern, ist auch ein ehrenwerter Belang und auch ein schützenswertes Interesse, daß man als sachlicher und nüchterner und verantwortungsvoller und vernünftiger Mensch nicht einfach negieren oder beiseite wischen darf.

Nur einen einzigen Gesichtspunkt heranzuziehen und danach zu urteilen darf ein seriöse Sachwalter (sei es ein Justizminister oder ein Richter) meiner Meinung nach nicht machen, sondern es sind immer alle Gesichtspunkte und Belange zu beachten und gegeneinander abzuwägen.

Mit Reizworten wie "Sexismus" oder "Rassismus" kann man Demos zusammentrommeln oder Hysterie schüren oder Stimmungen anheizen, um bestimmte politischen Initiativen mehr Nachdruck zu verschaffen, aber sie taugen nicht um daraus (bzw. ganz alleine daraus) ein Weltbild oder angemessene und ausgewogene Problemlösungen zu zimmern.

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Diese Argumentation hat Schwierigkeiten zu verfangen:

Die Person, welche einen Grundrechtseingriff geltend machen könnte, ist der Täter.

Wollen Sie allen Ernstes behaupten, jemand finde Rechtsschutz mit der Begründung: "Ihr habt mich nur geschnappt, weil ihr wusstet, dass ich ein Pygmäe bin! Unfair!"

Es ist seine hochstpersönliche Spur. Vergleiche mit Racial Profiling oder VDS verbieten sich schlicht.  

Es ist auch Jacke wie Hose, ob sie dazu Ethnie sagen oder ich ihnen Sage, dass die Haarfarbe, die Augenfarbe, die Hautfarbe und andere Ethniendefinierende Merkmale bereits hinreichend durch die Wissenschaft bestimmbar sind. Also Jacke wie Hose, ob sie Sagen: "der unbekannte Spurenverursacher hatte eine sehr helle Hautfarbe, blaue AUgen, blonde Haare oder ob sie sagen, der Spurenverursacher war Nordeuropäer." Am Ende bedarfs es Persönlichkeitsmerkmale um den Täterkreis einzugrenzen und Unschuldige zu entlasten.

 

Rassismus. Blabla - wirklich ein objektives Argument in jeder Diskussion... Danke dafür.

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In diesem Punkt irren Sie leider: ​Es geht in dieser Frage n i c h t vordergründig um die Ethnik (Herkunftsabstammung) eines möglichen Straftäters oder um Zugehörigkeit religiöser Bekenntnisse, sondern schlichtweg um die Tatsache, dass man aus der ethnischen Zugehörigkeit gewisse wissenschaftlich begründete, psychologische und kriminologische Merkmale eruieren kann. Das bedeutet, jeder Mensch besitzt Handlungsemotionen mit durchaus unterschiedlichster Motivation, welche sich in der Hauptsache in seiner Mentalität widerspiegeln. Und eben diese wiederum zeichnet sich in der Herkunft eines Individuums aus. Somit erhält eine getätigte Ermittlung aus dieser zu beachtenden Sachlage und Sicht heraus eine gewisse Relevanz für mögliche Rückschlüsse. Mit einer Vorverurteilung im Sinne von Rassismus hat das ganze wenig zu tun. Deshalb dürfen Sie "Jacke & Hose" gern in ihrem Kleiderschrank belassen..., denn da gehören beide wohlbekannt hin.

Herr Dr. Kevin de Silva,

Sie schreiben:

Es geht in dieser Frage n i c h t vordergründig um die Ethnik (Herkunftsabstammung) eines möglichen Straftäters

Doich, darum geht es. In dem Verfahrensstadium (Fahndung nach unbekanntem Täter) geht es eigentlich nur darum, dessen Identität einzugrenzen, um die Fahndung effektiver zu machen. Mittels klassischer Polizeiarbeit werden Zeugen nach dem äußeren Erscheinungsbild gefragt (Geschlecht, Körpergröße und -umfang, Haartracht und -farbe, Hautfarbe, Gesichtsmerkmale (Phatombild),  Gang, Sprache (Dialekt, Soziolekt, Akzent), Kleidung). Manche solcher Merkmale stehen mit (groben) Herkunftsbezeichnungen in Verbindung, etwa eher Nord-oder Südeuropäer, Afrikaner etc. Solche Herkunftsbezeichnungen sind aber meist schon weniger konkret als konkrete Merkmale. Gibts keine (guten) Zeugen, dann lassen  sich möglicherweise aus Täter-DNA solche oder ähnliche ifentifizierungserleichternde Hinweise ermitteln. Ob dies zugelassen werden soll, ist die hiesige Fragestellung.

oder um Zugehörigkeit religiöser Bekenntnisse

lässt sich nicht durch DNA feststellen

, sondern schlichtweg um die Tatsache, dass man aus der ethnischen Zugehörigkeit gewisse wissenschaftlich begründete, psychologische und kriminologische Merkmale eruieren kann. Das bedeutet, jeder Mensch besitzt Handlungsemotionen mit durchaus unterschiedlichster Motivation, welche sich in der Hauptsache in seiner Mentalität widerspiegeln. 

das ist eine Verquickung von Herkunft mit "Mentalität" von Individuen und hat mit (moderner) Kriminologie nichts zu tun, solche Ansichten sind seit ca. 70 Jahren überholt.

Und eben diese wiederum zeichnet sich in der Herkunft eines Individuums aus

Nein.

Somit erhält eine getätigte Ermittlung aus dieser zu beachtenden Sachlage und Sicht heraus eine gewisse Relevanz für mögliche Rückschlüsse.

Nein. Hat man den Täter ermittelt, kann man seine Motivation individuell ermitteln, auf seine (sich in der DNA Herkunftsregion - bzw. die seiner Eltern/Großeltern)  kommt es dann nicht mehr an. Es ist unsinnig, aus Täter-DNA eines unbekannten Täters auf dessen individuelle Motivation schließen zu wollen - Kaffeesatzleserei. 

Mit einer Vorverurteilung im Sinne von Rassismus hat das ganze wenig zu tun.

Ich weiß nicht, was Sie unter Rassismus verstehen wollen, aber das, was Sie oben schreiben - nämlich die Abhängigkeit von "Handlungsemotionen mit unterschiedlichster Motivation" von Herkunftsmerkmalen kommt dem schon ziemlich nahe. 

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Aus einem Papier des Jahres 2011:

Erweiterung des Spektrums untersuchter Merkmale

Obwohl das Gesetz von 2005 ausdrücklich verbietet, aus einer DNA-Probe andere als die für die Identitätsfeststellung und die Feststellung des Geschlechtes notwendigen Informationen zu gewinnen, werden gelegentlich Untersuchungen von Tatortspuren richterlich angeordnet, die auf eine Feststellung weiterer Merkmale einer Person abzielen. Ein Beispiel sind Analysen zur „biogeografischen Herkunft“ eines unbekannten Spurenlegers. Sie sind zwar nicht vom Gesetz gedeckt, werden nach unseren Informationen dennoch gelegentlich richterlich angeordnet.

Bisher sind solche Überschreitungen gesetzlich festgelegter Grenzen der Informationsgewinnung auf Kapitalverbrechen beschränkt geblieben, für deren Aufklärung es wenig andere Ansätze gab. Dass aus DNA-Proben bisher nur in Ausnahmefällen zusätzliche Informationen gewonnen worden sind, sollte keinesfalls über die Gefahren dieser Entwicklung hinwegtäuschen. Die Einschränkung von Grundrechten kann sich auch in einem langsamen, kaum merklichen Prozess der Umformulierung und Differenzierung vollziehen. Spätestens dann, wenn ein Ermittlungserfolg mithilfe einer Analyse der Herkunft oder der Augenfarbe aus der DNA spektakulär in Szene gesetzt werden kann, wird die Diskussion über die Legitimität von Untersuchungen kodierender Bereiche der DNA auch im Hinblick auf Weiterungen gesetzlicher Grundlagen geführt werden.

http://fingerwegvonmeinerdna.blogsport.eu/files/2011/11/Hintergrundpapie...

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@OG

Leider enthält das "Hintergrundpapier" des Bio-Ethischen Netzwerks bis auf die Behauptung und "nach unseren Informationen" nicht einen einzigen Beleg oder eine Quelle für die angeblichen richterlichen Anordnungen. Von daher halte ich derzeit nicht viel von der Qualität dieses Papiers, zumal die Schwerpunkte des Netzwerk-Auftritts eher nicht im Bereich Justiz/Rechtsmedizin/DNA-Analyse zu liegen scheinen.

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Alles mit der Vorsilbe "Gen" löst ja inzwischen heftigste Reaktionen aus, ähnlich wie das Reizwort "Autobahn", jetzt endlich weiß ich auch, warum der "Gen"itiv so aus der Mode gekommen ist.

Muß ich mehr dazu sagen? Schon kamen die Zirkel und die Nasen wie bestellt.

Jedenfalls hat der Herr Prof. Dr. H.-E. Müller großen Mut bewiesen, dieses Thema wieder einmal zur Diskussion frei zu geben, ob es aber auch auf die Agenda noch gesetzt werden wird, das wird sich noch herausstellen.

Gründe? Siehe oben!

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Beim Heilbronner Phantom wurde eine vermutliche Herkunftsregion ermittelt:

"Eine am Institut für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck, dem Österreichischen DNA-Zentrallabor, vorgenommene Untersuchung der mitochondrialen DNA ergab, dass die DNA Charakteristika aufweist, die gehäuft in Osteuropa und im Gebiet der angrenzenden Russischen Föderation auftreten."

https://de.wikipedia.org/wiki/Heilbronner_Phantom

Zur Frage, ob solche Analysen erlaubt sein sollten: natürlich.

Wer das für diskriminierend oder rassistisch hält, hat m. E. etwas nicht verstanden. Genauere Analyse und Ermittlung wirkt gegen Rassismus, nicht dafür. Bevor man überhaupt Spuren gesammelt hat, hat man einfach den nächstbesten Fremden oder Sonderling aufgehängt - der wird's schon gewesen sein, und ansonsten halt ein anderer seiner Art. "Einfach alle in einen Sack stecken und draufkloppen, trifft schon den Richtigen." Erst durch saubere Ermittlung kommen wir überhaupt dazu, den wirklichen Täter zu ermitteln. Fortschritt ist gut, auch in diesem Bereich.

Eine genaue Analyse verbieten zu wollen, ist political correctness in der vernagelten Form, die Erkenntnisgewinn und Gerechtigkeit verhindert, statt sie zu fördern.

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Das Problem steckt nicht allein in der isoliert betrachteten ordentlichen Aufklärung von schweren Straftaten. Die teilweise erschreckenden Tatsachen zu deren Qualität und den Folgen sind ein großes Problem, wenn auch nicht das Einzige. Statt diese Qualität zu verbessern und zu sichern, wird die Sammlung von überzeugungsschwangeren Daten für Mutmaßungen gesteigert, häufiger auch skandalisierend und populistisch in die Öffentlichkeit getragen. Vorverurteilung und Masse statt Klasse, scheint auch bei Ermittlungen in Strafsachen das Motto der Neuzeit zu sein. Eine "sinnvolle" Verbindung bekommt ein solche unstrukturierte Sammelwut erst mit Data Mining, das die lückenlose Durchleuchtung und prospektive Zuweisung bereits vor einer Herausbildung von Absichten für eine Tat zukünftig ermöglichen soll. Dafür müssen Viele durchleuchtet werden, am besten Alle in allen Lebenslagen. Da ist man ja bekanntlich im Verbund Staat und Infrastrukturunternehmen dran. Tat ist dann nicht nur eine schwere Straftat, sondern auch möglicherweise mangelhafte Angaben im Hartz IV-Antrag, der Aufenthalt an einem bestimmten Ort, Bekanntschaften, Meinungen, Interessen und so weiter. Niedrigschwelliger Zugang zu Daten für jeden Zweck ist letztlich das Begehren. Wer sich mit den meist auf Statistik basierenden Methoden der Deutung mal grundsätzlich auseinandergesetzt hat, weiß um das kaum lösbare Dilemma der false positives / false negatives. Diese systematische Fehlerträchtigkeit wird von angelernten Anwendern i.d.R. ignoriert und den gefühlt wasserdichten Ergebnissen absolute Deutungskraft zugeschrieben. Also warum dann nicht auch prospektiv handeln und potenzielle Täter ergreifen, wenn die Daten in Richtung Tätertyp zeigen?

Selbst habe ich ein Verfahren erlebt, bei dem über 4 Jahre sensible Daten an allen möglichen Stellen abgerufen und gesammelt wurden, obwohl die bereits am Anfang vorliegenden Daten die Sache geklärt hätten. Eine Vorratsdatensammlung mit welchem Motiv? Man hatte nämlich neben dem Sammeln und Akten abstauben / umstapeln nie Zeit für die Prüfung der Tatsachen, so dass mit dem 4 Jahre alten ungeprüften Stand sogar noch die Hauptverhandlung eröffnet wurde. 4 Jahre Datensammlung, 8 Stunden Anfahrt und nach 1/2 Stunde die gemeinsame Erkenntnis, dass an der Anklage nichts Belastbares dran ist. Letztlich war ich für die nicht selbstverständliche Fähigkeit zur späten Selbstkontrolle dann irgendwie doch dankbar.    

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...da haben Sie, werter Herr Lippke zurecht ihren Finger in die Wunde gelegt: genau Derartiges widerspricht Sinn und Zweck einer durchaus notwendigen Analytik. Und eben diese sollte und darf nur von wissenschaftlich und fachlich auf Eignung geprüften Personen übertragen und im Ermittlungswesen und der Rechtsmedizin ausgeübt werden dürfen. Nicht "Masse" sondern "Klasse" ist das angestrebte Ziel. (Wenn es denn irgendwann mal begriffen wurde!!) Falsche Ergebnisse können verheerende Folgen für den/die Betroffenen nach sich ziehen und u.U. sogar existenzvernichtend wirken. Vorratsdatenspeicherung kann Vor-und Nachteile bewirken; es kommt dabei stets auf das Maß aller Dinge an. Nämlich: WER und zu welchem Zweck dies tun darf. Wichtig vor allem ist hierbei der Faktor "behördliche Vernetzung"; nicht J E D E R Behörde (z.B. auf kommunaler Ebene) sollte und darf nicht zwangsautomatisch Zugang zu sensiblen, sicherheitsrelevanten Strukturen der Zugang ermöglicht und erlaubt sein dürfen. Ihrer Anführung bgl. "HartzIV"-Anträge kann ich nur bedingt folgen. Leider hat die Vergangenheit häufig gerade in diesem spektralen Bereich durch gezielte, auf bereits zuvor erhobene Datensätze durch andere Behörden, maßgebliche Betrügereien offensichtlich werden lassen und konnten so erfolgreich bekämpft werden. Und das betraf nicht nur in der Hauptsache ausländische Mitbürger. Im Bereich der anderen von ihnen beschriebenen Verhältnisse jedoch stimme ich zu. (Wenn es sich ausschließlich um das normale Miteinander der Menschen handelt.) Bei "Bekanntschaften" allerdings sollte man selbst immer sein eigenes "Argus-Auge" walten lassen. Denken Sie an den "Wolf & die 7 Geislein". (Zu dieser Zeit war der Sammelbegriff "Terrorismus" noch nicht geboren; trotz alledem. Und Cyberaktivitäten gewisser Zeitgeister noch völlig unbekannt.) Ich meine, Datensammeln kann Sinn machen, aber, wie in ihrem Fall, auch zur Farce mutieren; es sollte nicht das Maß aller Dinge oder Weisheiten sein. Bestenfalls ein Hilfsmittel mit geeigneter Kontrollfunktion durch neutrale Gremien bleiben.   

Natürlich ist es richtig, dass die Untersuchungsorgane der Polizei als Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaften (und somit zwangsläufig als Erfüller judikativer Maßnahmen) alle denkbaren Mittel zur Aufklärung rechtswidriger Verhaltensweisen (im Besonderen bei schweren und schwersten Straftaten, sprich: u.a. bei Kapitalverbrechen) EINSETZEN und auch anwenden sollten (...dürfen!). Freilich müssen hierbei auch besonders schützenswerte Bereiche in der Gen-Analytik berücksichtigt werden. Ohne jedes Zweifels. Herr Prof. Müller hat es ja bereits klar und deutlich formuliert. Hierbei nun mit "Schlag-Mich-Tod" Argumantationen zu agieren dürfte genau der falsche Ansatz sein. Es geht in der Sache nicht um Fragen etwaiger Diskriminierung bestimmter ethnischer in Deutschland ansässiger Einzel-oder Personengruppen, sondern um gezielten Einsatz wissenschaftlich begründeter Methoden, zur möglichst 99%igen Feststellung von Deliquenten. Und hierbei legt die StPO nun mal klare Grenzen fest. Ob man den augenblicklichen Stand des rechtlichen Sinns nun anerkennen mag oder nicht. Und die Vermengung mit politisch gefärbten Resentiments in die eine oder andere Richtung ist hierbei wenig hilfreich. Sicherlich wird es in der Zukunft, nach weiterer wissenschaftlicher Forschungsarbeit, auch möglicherweise eine gesetzlich begründete Novellierung geben können und müssen. Natürlich werden auch in Zukunft sich, selbst bei genauerster Analyseergebnisse von DNA, Fehler nicht gänzlich ausschließen lassen. Das hat die Praxis längst bewiesen. Was widerum aber nicht bedeuten kann und darf, dass deshalb man auf diese Methodik einschränkend einwirkt. Die Grundrechte des Menschen sind "unantastbar"; das gilt gleichermaßen für Opfer und Täter; für letztere(n) aber insoweit nur eingeschränkt, da er/sie sich durch sein/ihr strafbares Handeln (falls es ohne jeden Zweifel festgestellt werden kann oder konnte !!) selbst dieses seines/ihres Schutzbedürfnisses disqualifiziert ha(t)en. Naturgemäß hieße das in praxi, auch seine artspezifischen Merkmale und Besonderheiten (wie z.B. Charakterwesen u.ä.) sollten deshalb in der/die genetische(n) Analyse einfließen dürfen; auch evt. Hinweise auf/über psychopathalogische Merkmale, falls in dieser Hinsicht bereits Einschlägiges bekannt ist/war. Hier sollte der Gesetzgeber unbedingt nachbessern.     

P. S.:

Am praktischen Beispiel: Wenn bei NSU-Taten Täter-DNA und ausgewertet worden wäre, hätte das die Annahme, dass die Taten durch türkische Mafiosi ausgeführt worden seien, früher und deutlicher in Frage gestellt.

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Drehen wir den Spieß doch einmal um, so vor jedem konkreten Reformvorschlag, der dann selbstverständlich die verfassungsgemäßen Hürden nehmen muss:

Sollten wir den status quo lassen?

Einen status quo, in den ein Täter davon profitiert, sich zu vermummen, da er dann kaum durch ein Phantombild gesucht werden kann.

Einen status quo, bei dem ausgerechnet derjenige Täter nicht aktiv gesucht werden kann, der das Opfer tötet.

Einen status quo, in dem wir so weit als möglich ein Phantombild erstellen auf der Erinnerung von Zeugen und Opfer. So genau wie möglich, aber eben auch wenn die Erinnerung trügt. Wie viele gerieten schon aufgrund eines ungenauen Phantombildes in eine Ermittlung?

Welche Nachteile stehen dem gegenüber? Dass alle braun- oder blauäugigen, blond- oder rothaarigen Männer oder Frauen unter Generalverdaxht stehen würden? Wirklich, würden sie?

Oder wäre das doch nur dasselbe wie heute schon jeder mittelalte Mann im Dunkeln einer vorlaufenden Frau Angst Einlagen mag, oder am Spielplatz Zeitung lesend den Eltern?

Ich finde: Chance nutzen. Jedenfalls bei Kapitalverbrechen. Man mag das DNA-Profil ja als Ermittlungsmethode erlauben. Es muss (und sollte) ja nicht gleich ein Urteil darauf gestützt werden können, lediglich eine Ermittlung!

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Die Spurenkommission, das wissenschaftliche Gremium der gerichtsmedizinischen und kriminaltechnischen Institute in Deutschland, hat am 14.12.2016 eine Presseerklärung zu ihrer befürwortenden Stellungnahme zu den "Möglichkeiten und Grenzen der DNA-gestützten Vorhersage äußerer Körpermerkmale, der biogeographischen Herkunft und des Alters unbekannter Personen anhand von Tatortspuren im Rahmen polizeilicher Ermittlungen" vorgelegt. Gerade die Möglichkeit, das Alter eines Tatverdächtigen einschätzen zu können, besitzt erhebliches Material für die Ermittlungsarbeit nach der Einschätzung des Vorsitzenden der Spurenkommission Prof. Dr. Peter M. Schneider.

Als Freiburger Professorin (Science and Technology Studies) habe ich die öffentliche Diskussion gemeinsam mit KollegInnen aus Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien genau mitverfolgt und einen Offenen Brief verfaßt: https://stsfreiburg.wordpress.com/. Wir sind eine Gruppe von Experten, die aus verschiedenen Perspektiven zu DNA-Datenbanken und -Analysen arbeitet. Die Möglichkeiten der Erweiterten Methoden werden von den meisten Kommentatoren überschätzt, die Risiken unterschätzt. Wir werden auf der angegebenen Seite in den kommenden Wochen noch mehr zu diesem Thema publizieren und vor allem eine Liste mit hervorragenden Publikationen von KollegInnen aus dem Ausland zusammenstellen. Eine differenzierte Debatte, die sämtliche Perspektiven miteinbezieht, gibt es in Deutschland bislang noch nicht - wäre aber dringend nötig.

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Es mag ja sein, dass die Möglichkeiten der erweiterten DNA-Analyse (mit Vorhersage von Haarfarbe, Alter, Ethnie etc.) zumindest heute noch kritisch zu sehen ist. Aber die braucht es gar nicht. Es muss jetzt nur ein Ruck durch die Bevölkerung gehen, dass einfach jeder, der zu uns kommt und Asyl beantragt (ob nun mit oder ohne Papiere, ist egal) schlichtweg Fingerabruck und DNA-Probe an der Grenze abzugeben hat. Persönlichkeitsrechte hin oder her, wenn so viele hunderttausende junger Männer fast anonym zu uns kommen, ist das Risiko für die Innere Sicherheit einfach zu hoch. So kann es nicht weitergehen. Und wenn man wirklich verfolgt ist oder einem Bürgerkrieg entfliehen will, so ist das bisschen Speichel doch wirklich nicht der Rede wert.

Am besten wäre es natürlich, wenn nunmehr auch die "einheimische Bevölkerung" mit 12 oder 14 Jahren oder anlässlich des ersten richtigen Personalausweises einfach sämtliche biometrischen Daten einschließlich Fingerabdruck und DNA abzugeben hätte.

Dann bräuchte es in den meisten Fällen keine erweiterten DNA-Analysemethoden mehr, sondern nur noch einen einfachen Abgleich mit der Datenbank. Das hätte auch beim Freiburger Mord ungemein geholfen, ebenso wie beim Attentat in Berlin. Eine solche Datenbank sollte natürlich später auch auf EU-Ebene geführt werden, damit möglichst wenige unregistrierte Täter in Deutschland ihre Verbrechen begehen können.

 

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Wie kommen Sie darauf? Der vermutliche Täter Amri war vollständig erfasst und bis kurz vor dem Anschlag von Dutzenden Sicherheitsexperten unter Beobachtung und Thema beim Terrorabwehrzentrum. Alle gesetzlichen Möglichkeiten einer Beschränkung seiner Mobilität wurden vollständig unterlassen. Es gibt hier Kommentare, die massive Probleme beim Vollzug von Gesetzen und den bereits gesetzlich vorgesehenen Datenübermittlungen in der Praxis darstellen. Wie soll diesen Defiziten mit noch mehr anlasslosem Datensammeln begegnet werden? Haben Sie zum Umgang mit Fingerabdrücken und DNA-Proben irgendeinen Schimmer oder schreiben Sie hier dem Weihnachtsmann Ihren Datensammler-Wunschzettel für Ende 2017? Heißen Sie zufällig Rainer Wendt?   

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Wenn man jetzt noch jedem Baby und jedem Einwanderer einen GPS-Chip implantiert, braucht nie wieder jemand Angst vor Kriminalität haben. Goldene Zukunft? Ich glaube, über sowas hat mal jemand ein Buch geschrieben...

Glaubt denn irgendjemand wirklich, dass solch enormes Wissen wirklich nur zur Strafverfolgung genutzt würde? Und Unschuldige sich keine Sorgen machen müssten? Folgendes Szenario: in vier Jahren wird in den USA um die Präsidentschaft gekämpft. Jetzt geschieht ein Mord in einem Bordell, wo DNS-Spuren eines verheirateten parteiinternen Konkurrenten des designierten Präsidenten gefunden werden, der für die Tat aber ein Alibi hat. Wird der jetzige Präsident Skrupel haben, den Konkurrenten mit diesem Wissen politisch und sozial zu erledigen? Würde die Polizei dem Präsidenten das Wissen nicht zur Verfügung stellen? Ich habe Zweifel. Kann in Deutschland nicht passieren? Auch da habe ich Zweifel bei einigen Politikern. Kann sich noch jemand an die glühenden Zusagen erinnern, dass die an den Mautstellen gewonnenen Daten nie, nie, nie für andere Zwecke genützt würden. Und jetzt siehe den Parallel-Thread. Oder man stelle sich vor, über die Auswertung könnte möglicherweise ein Entführungsopfer gerettet werden. Was wäre wohl die Entscheidung (auch ich hätte da wohl Schwierigkeiten mit dem Dilemma)?

Der Punkt ist: Wo so viel Wissen angehäuft wird, ist ein Missbrauch immer möglich. Und es ist immer eine Gefahr, dass errichtete Hürden zunächst ganz sanft und gutwillig geschliffen werden, bis irgendwann nix mehr davon da ist.

Noch einmal: Mann kann über all das reden, aber man muss eben vorher auch reden. Panik ist oft ein schlechter Ratgeber.

@T. Obermann:

Die DNA-Analyse gibt es ja schon seit ein paar Jahrzehnten. Von daher wäre Ihr  "Bordellmord"-Komplott schon seit langem möglich, in den 1960ern bis  1980ern hätte man halt etwas Blut/Haare/Bekleidungsfasern/Gegenstand mit Fingerabdruck , um eine solche Inszenierung zu kreieren.

Was Ihr Beitrag  also mit dem Blogthema erweiterte DNA_Auswertemöglichkeiten (Eingrenzung auf bestimmte Ethnie und Geschlecht) zu tun haben soll, erschließt sich nicht so ganz, denn erweiterte Möglichkeiten, falsche Spuren zu legen, ergeben sich ja durch eine lediglich erweiterte Analyse einer vorhandenen Spur nicht.

 

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Sehr geehrte IhreMeinung, ich muss leider zugeben: wenig! Mein Kommentar sollte eine Antwort auf die von Hast angeregte Massenspeicherung von DNS-Profilen sein. Verrutscht.

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