Rudelbildung

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 18.01.2017
Rechtsgebiete: Familienrecht2|2817 Aufrufe

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat entschieden, dass Hunde, welche als Haustiere für das Zusammenleben von Ehegatten bestimmt waren, gemäß § 1361a Abs. 2 BGB im Rahmen der Hausratsverteilung nach Billigkeitsgesichtspunkten einem Ehegatten zuzuweisen sind, wobei die Wertung des § 90a BGB, wonach Tiere keine Sachen sind, zu berücksichtigen ist.

Die Beteiligten sind getrennt lebende Eheleute, welche in ihrem gemeinsamen Hausstand zuletzt sechs Hunde hielten. Diese Hunde holte die Ehefrau kurz nach ihrem Auszug aus dem ehelichen Anwesen zu sich und kümmerte sich in der Folgezeit um sie; zwei der Hunde verstarben zeitnah nach dem Auszug. Der Ehemann beantragte beim Amtsgericht im Rahmen des dort wegen der Hausratsteilung geführten Verfahrens die Herausgabe von zwei Hunden und deren Zuweisung als Haushaltsgegenstand an ihn. Das Amtsgericht lehnte diesen Antrag ab und entschied, dass alle Hunde bei der Ehefrau verbleiben sollten. Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller Beschwerde zum Oberlandesgericht Nürnberg eingelegt.

Der 10. Familiensenat des Oberlandesgerichts Nürnberg hat die Beschwerde des Ehemannes zurückgewiesen. Der Senat führt aus, dass Hunde, auch wenn es sich um Lebewesen handelt, Haushaltsgegenstände im Sinne des § 1361a BGB sind. Die Zuweisung müsse daher, da die Tiere nicht im Alleineigentum eines Ehegatten standen, nach Billigkeitsgesichtspunkten gemäß § 1361a Abs. 2 BGB erfolgen.

Bei dieser Entscheidung seien mehrere Kriterien zu berücksichtigen, welche der Senat im Einzelnen darlegt. Insbesondere könne auch das Affektionsinteresse eine Rolle spielen. Das Oberlandesgericht konnte jedoch nicht feststellen, dass einer der Eheleute ein größeres Interesse gehabt hätte.

Nachdem vorrangige Entscheidungskriterien nicht zu einem eindeutigen Ergebnis geführt hatten, waren Gesichtspunkte des Tierschutzes maßgeblich. Dabei ließ der Senat die Wertung des § 90a BGB miteinfließen, wonach Tiere keine Sachen sind, da der Gesetzgeber sich hier zum ethisch fundierten Tierschutz bekannt habe.

Der Senat stellte zunächst fest, dass das körperliche Wohl der Hunde weder bei der Zuweisung an den Ehemann noch bei der Zuweisung an die Ehefrau gefährdet wäre, weil beide sich gleichermaßen um die Hunde kümmern könnten. Die Ehefrau erfahre hierbei Unterstützung durch ihren neuen Lebensgefährten und dessen Mutter. Für nicht – auch nicht analog – anwendbar hielt der Senat kindschaftsrechtliche Erwägungen über die Fremdbetreuung von Kindern.

Maßgeblich für die Entscheidung war letztlich, dass bei einer Zuweisung von zwei Hunden an den Ehemann das Rudel erneut auseinandergerissen würde. Die Hunde hatten sich in den vergangenen Monaten durch den Auszug aus dem ehelichen An-wesen, den Tod eines Teils der Tiere, den Verlust des Ehemanns als „Rudelmitglied“ und das Kennenlernen des Lebensgefährten der Ehefrau an zahlreiche neue Umstände gewöhnen müssen. Ein erneuter Umgebungswechsel und die Trennung von der seit einem dreiviertel Jahr maßgeblichen Bezugsperson ist den Hunden nach Auffassung des Familiensenats nicht zumutbar.

(Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 07.12.2016, Az. 10 UF 1429/16, PM)

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2 Kommentare

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Na, ja. So viel Hundeverständnis muss man nicht unbedingt aufbringen. Ich fürchte, da saßen wohl ausgewiesene Hundefans am Richtertisch. Ob das auch bei Goldfischen gilt?

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Ich find´s gut, dass auch die Bedürfnisse von Tieren den letzten Ausschlag geben können. Einem Goldfisch wird es ziemlich egal sein wo sein Aquarium steht, ein Hund ist aber in der Tat ein Rudeltier und dem ist es nicht egal, ob er aus seiner Gruppe herausgerissen wird.

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