Iiih - Konkurrenzen! BGH zur natürlichen Handlungseinheit

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 12.02.2017
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht1|4403 Aufrufe

Konkurrenzfragen sind den meisten Strafrechtlern suspekt. Sie wuseln sich dann auch allzu oft mit Standardkommentaren und guten/gutgemeinten Kollegenratschlägen durch derartige Probleme. Ein typisches Beispiel hierfür aus der Praxis ist die Körperverletzung: Der Täter schlägt einmal, dann nochmal. Dann macht er Päuschen und dann schlägt er nochmal. Frage: Sind das nun 1, 2 oder gar 3 materiellrechtliche Taten? Nicht so einfach. In solchen Fällen wird stets die "natürliche Handlungseinheit" geprüft. Es kommt da auf den raumzeitlichen Zusammenhang an und auf die Vorstellung des Täters. Beides muss detailliert dargestellt werden, um dem Revisionsgericht eine Überprüfung zu ermöglichen:

Eine natürliche Handlungseinheit liegt grundsätzlich (zu abweichender
Beurteilung bei Angriffen gegen höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener
Opfer s. etwa Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., Vor § 52 Rn. 7 mwN) dann vor,
wenn mehrere strafrechtlich relevante Handlungen des Täters, die durch ein
gemeinsames subjektives Element verbunden sind, in unmittelbarem räumlichen
und zeitlichen Zusammenhang stehen und sein gesamtes Tätigwerden bei
natürlicher Betrachtungsweise auch für einen Dritten als einheitliches Tun erscheint
(BGH, Urteil vom 25. November 2004 – 4 StR 326/04, NStZ 2005, 263,
264; Beschluss vom 25. November 1992 – 3 StR 520/92, NStZ 1993, 234). Für
die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit hat ein das Gesamtgeschehen
insgesamt umfassender Tatentschluss zwar neben dem erforderlichen raumzeitlichen
Zusammenhang der Tathandlungen durchaus Bedeutung; insbesondere
vermag er in Fällen, in denen die raum-zeitliche Verknüpfung der Einzelakte
eher locker erscheint, maßgebliche Bedeutung für die Annahme einer natürlichen
Handlungseinheit zu gewinnen. Unverzichtbare Voraussetzung für deren
Vorliegen ist er indessen nicht. So stehen weder eine Änderung oder eine Er-
weiterung des Tatplanes noch auch eine kurzfristige Aufgabe des Tatentschlusses
der Annahme einer natürlichen Handlungseinheit notwendig entgegen,
wenn die Handlungen in dem vorausgesetzten engen räumlichen und zeitlichen
Zusammenhang stehen (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1973 – 1 StR
346/73, juris Rn. 18). Jedoch vermag die Zusammenfassung mehrerer für sich
strafrechtlich relevanter Einzelakte eines Gesamtgeschehens zu einer natürlichen
Handlungseinheit nicht die strafrechtliche Bewertung des jeweiligen Einzelaktes
zu modifizieren. Sie kann lediglich Folgen für deren konkurrenzrechtliche
Beurteilung haben.

BGH, Beschluss vom 17.11.2016 - 3 StR 402/16 

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Es wäre wohl ehrlicher, zu einer rechtlichen Bewertung von Geschehen ohne solche wortreichen Scheinbegründungen zu kommen. 

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