OLG Düsseldorf: 900 Euro zum 10ten Mal
Gespeichert von Prof. Dr. Thomas Hoeren am
Das OLG Düsseldorf hat nunmehr zum 10ten Mal entschieden, daß der Streitwert für die Geltendmachung falscher Widerrufsbelehrungen im Internet auf 900 Euro zu reduzieren sei. M.E. (auch wenn ich als richterliches Mitglied des entscheidenden Senats befangen bin, vollständig überzeugend. Oder nicht? Was meinen Sie? Sollte man nicht über den Streitwert den "Spaß" an Massenabmahnungen etwas bremsen?
Standardbegründung aus: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.11.2007 - I-20 U 107/07:
Der Streitwert war gem. § 63 Abs. 2 GKG für die Berufungsinstanz und zugleich in Abänderung der Festsetzung durch die erste Instanz gem. § 63 Abs. 3 GKG auf Euro 900 festzusetzen. Maßgeblich für die Festsetzung des Streitwerts ist das wirtschaftliche Interesse des Ast. daran, dass der Ag. nicht ohne die gesetzlich vorgeschriebene Widerrufsbelehrung Aloe-Vera-Produkte im Fernabsatz anbietet. Dieses Interesse ist derart gering, dass es nur eine Wertfestsetzung am unteren Rande der Gebührentabelle rechtfertigen kann. Maßgeblich für diese Einschätzung ist die Größe des Markts und die Vielzahl der Marktteilnehmer, die einen Versandhandel für Aloe-Vera-Produkte betreiben. Der fraglos grds. vorhandene Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch (§ 4 Nr. 11 UWG) dürfte sich im Verhältnis gerade der Parteien zueinander nur selten tatsächlich auswirken. Bei der Vielzahl von Angeboten solcher Produkte im Internet dürfte es eine Frage des nicht häufig vorkommenden Zufalls sein, dass ein Kaufinteressent sich wegen der fehlerhaften Belehrung des Ag. für dessen Angebot statt für dasjenige des Ast. entscheidet. Dessen wirtschaftliches Interesse, wegen der Belehrungsmängel keine Kunden an den Ag. zu verlieren, ist daher nur sehr gering einzuschätzen. ...Die Wertfestsetzung muss sich am Interesse des Ast. an dem Erlass des begehrten Titels orientieren. Sie hat nicht etwa poenalisierende Funktion. Eine solche würde sie aber bekommen, wenn man den Erwägungen des AntragsteIlervertreters folgen würde, die Gebühren müssten so hoch sein, dass sich eine Wettbewerbsverletzung nicht lohne. Der Senat weist ausdrücklich darauf hin, dass die Wertfestsetzung letztlich eine Frage des Einzelfalls ist. Der Streitwert mag in anderen, hier nicht zu entscheidenden Fällen, in denen etwa wegen der Art der Waren, der Personen der Mitbewerber oder eines hohen Umsatzes ein größeres Näheverhältnis anzunehmen wäre, deutlich höher anzusetzen sein. Derartige Umstände sind im vorliegenden Fall indes nicht ersichtlich (vgl. Senat, B. v. 29.1.2007 - I-20 W 6/07, B. v. 5.3.2007 - I-20 U 149/06; B. v. 19.4.2007 - I-20 W 13/07, B. v. 5.7.2007 - I-20 W 51/07 und B. v. 16.7.2007 - I-20 W 83/07). Aus diesem Grunde kann schließlich auch das vom Ast. hervorgehobene Interesse der Verbraucher nicht streitwertbestimmend sein, denn der Ast. nimmt nicht die Interessen der Verbraucher, sondern ausschließlich eigene Interessen wahr. Die Geltendmachung des gleichen Anspruchs durch einen Verbraucherverband ist daher nach völlig anderen Kriterien zu beurteilen, nämlich am Interesse der Verbraucher an der geforderten Unterlassung. ...