Nach dem Amoklauf von Winnenden - Es rollt schon die nächste Killerspieldebatte auf uns zu
Gespeichert von Prof. Dr. Marc Liesching am
Ein Tag nach dem Amoklauf von Winnenden hat sich herausgestellt, dass der Täter im Besitz so genannter "Killerspiele" wie insbesondere "Counterstrike" gewesen ist und offenbar auch häufig gespielt haben soll. Da verwundert es freilich kaum, dass schon wieder Forderungen nach weiteren Verboten von Killerspielen laut werden. Dabei ist die letzte Verschärfung des Jugendschutzrechts mit zahlreichen neuen Tatbeständen bezüglich "gewaltbeherrschter Medien" noch nicht einmal ein Jahr in Kraft.
Aktuelle Auswirkungen der Verschärfungen haben sich zudem bislang nach den Erkenntnissen auf der Jahrestagung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien in der vergangenen Woche noch gar nicht gezeigt. Vor diesem Hintergrund erscheint es eher nicht glaubwürdig, wenn Politiker, die an der Jugendschutznovellierung über Bundestag und Bundesrat mitgewirkt haben, bereits wieder den Ruf nach strengeren gesetzlichen Restriktionen austoßen, oft in Unwissenheit über das bereits bestehende komplexe Jugendschutzsystem gerade im Hinblick auf die Klassifizierung gewaltbeinhaltender Medien.
Insgesamt können je nach Zählweise 6 bis 7 unterschiedliche gesetzliche Kategorisierungen von Gewaltmedien ausgemacht werden. Hierzu zählen die unterschiedlichen FSK/USK Altersfreigaben nach den Altersstufen 6, 12, 16 und 18 Jahren ebenso wie die Indizierung wegen Jugendgefährdung nach § 18 Abs. 1 JuSchG, die Tatbestände schwerer Jugendgefährdung nach § 15 Abs. 2 JuSchG und schließlich das bereits seit den 70er Jahren existente kriminalstrafrechtliche Gewaltdarstellungsverbot (§ 131 StGB). Die Differenzierung und randscharfe Abgrenzung der gesetzlichen Kategorien von Gewaltmedien fällt schon heute in der Praxis aufgrund der zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffe außerordentlich schwer. Die Schaffung einer achten Kategorie durch den Gesetzgeber erscheint da kaum der Heilsbringer zu sein, auch angesichts dessen, dass bereits heute kein anderer Staat der Welt ein derart restriktives und differenziertes Jugendschutzsystem wie das deutsche hat.
Die Debatte um Killerspiele soll und muss wohl auch erneut geführt werden. Sie einfach in neue Straf- und Jugendschutzverbote münden zu lassen, ist aber aus meiner Sicht verfehlt und führt in erster Linie dazu, dass sich das Recht weiter von der gelebten Praxis im Sinne faktisch einfacher Beschaffungsmöglichkeiten von so genannten "Gewaltspielen" entfernt.