BKA-Statistik: Jugendgewalt nimmt dramatisch ab!
Gespeichert von Prof. Dr. Henning Ernst Müller am
Anders als in den vergangenen Jahren müssen die Journalisten enttäuscht sein: Außer einem Anstieg von KfZ-Diebstählen (und einem wenig überraschenden Anstieg bei Computerdelikten - dazu mehr hier) gibt es praktisch keine schlechten Nachrichten in der PKS 2009: Seit sechs Jahren in Folge fällt die registrierte Gesamtdeliktszahl, im zweiten Jahr in Folge geht auch die Zahl der registrierten Gewaltdelikte zurück. Und weit und breit keine dramatische Zahl, die man zitieren könnte.
Nicht einmal mit einer peinlichen statistischen Ente, wie sie im letzten Jahr von allen "Journalisten" von Bild bis FAZ weitergemeldet wurde, ein angeblich gravierender Anstieg der Körperverletzungen auf Straßen, Wegen und Plätzen (siehe hier im Blog), können die BKA-Statistiker aufwarten. Eigentlich müssten die Schlagzeilen morgen lauten: Jugendkriminaliät nimmt dramatisch ab. Eine Überschrift, die wir nirgendwo lesen werden (siehe aber unten Kommentar #1!), würden sich doch die Leser verwundert die Augen reiben: Was schreibt ihr da eigentlich das ganze Jahr für einen Mist zusammen, wenn die Jugendgewalt doch sogar erheblich zurückgeht?
Doch es ist wahr - Zitat aus der Pressemitteilung des BKA: "Besonders signifikant ist - wie schon in den Vorjahren - der erneute Rückgang bei den jugendlichen Tatverdächtigen im Alter von 14 bis 18 Jahren. Zurückgegangen sind in dieser Altersgruppe insbesondere die Anzahl der Tatverdächtigen bei der Gewaltkriminalität um fast 9 Prozent (2008: 43.574; 2009: 39.722) sowie bei der in der Gewaltkriminalität enthaltenen gefährlichen und schweren Körperverletzung um 9,4 Prozent (2008: 35.384; 2009: 32.072). Die Zahl der jugendlichen Tatverdächtigen bei Körperverletzungsdelikten ist um 7,2 % von 66.719 Fällen im Jahr 2008 auf 61.940 im Jahr 2009 zurückgegangen. Bei Sachbeschädigungsdelikten ist die Zahl der jugendlichen Tatverdächtigen um 10,1 % von 47.730 Delikten im Jahr 2008 auf 42.907 Delikte im Jahr 2009 gesunken."
Wohlgemerkt, das sind die Zahlen aus dem Jahr 2009. Das Jahr, in dem man bei den Bürgern wegen der gewaltbereiten und immer gefährlicheren Jugendlichen mit "hard on crime"-Kriminalpolitik Wählerstimmen gewinnen wollte. Nun muss man (siehe hier) die Zahlen der Polizeistatistik natürlich äußerst skeptisch betrachten, will man aus ihnen Auskünfte über die Realität des Straftatengeschehens gewinnen. Es werden in der PKS im Wesentlichen nur die angezeigten Delikte aufgeführt. Aber dass gerade in einem Jahr, in dem die Anzeigebereitschaft bei Gewalttaten Jugendlicher sicher kaum abgenommen hat, 9% (das ist eine erstaunlich hohe Zahl!) weniger solcher Straftaten angezeigt wurden, weist auch auf einen Rückgang im Dunkelfeld hin. Dies wird durch die - auch von den BKA-Statistikern angeführten - Opferbefragungen bestätigt:
Zitat aus dem PKS-Kurzbericht:
"Im Unterschied zur Entwicklung im Hellfeld weisen Opferbefragungen schon seit einigen Jahren einen Rückgang der Gewaltkriminalität nach. Seit 2008 scheint sich dieser Trend nun auch im Hellfeld der Kriminalität zu manifestieren." (Quelle)