Ist Assange genau so ein Verschwörer wie die deutsche Exekutive?
Gespeichert von Prof. Dr. Henning Ernst Müller am
In den USA versucht man nun, gegen Assange den Vorwurf der Verschwörung zu erheben (Quelle). Aber die "Verschwörung", nach der jetzt gesucht wird, wäre nur eine solche zwischen Manning, dem Whistleblower, und Assange, dem Publizisten. "Verschwörung" klingt natürlich ganz schlimm, hinter dem us-amerikanischen Delikt "conspiracy" steckt aber einfach nur das, was in Deutschland (der Sache nach) in § 30 Abs.2 StGB geregelt ist, nämlich eine (von der Tat unabhängige) Verabredung zu Straftaten. Hier eine Definition von "conspiracy" aus einem US-Rechtsportal:
What is a conspiracy?
A conspiracy is an agreement between two or more people to commit a crime followed by any activity to carry out the agreement. The conspiracy itself is a separate crime. Therefore, the prosecutor can bring charges of conspiracy even if you did not complete the crime you intended to commit. Because conspiracy charges carry separate penalties, you can be convicted of both conspiracy and a crime that you or your fellow conspirators accomplished during the conspiracy (the "substantive" count). If you are convicted of both the crime and the conspiracy to commit the crime, then you will receive a sentence that covers both convictions.
Ob Manning tatsächlich mit Assange eine solche Vereinbarung getroffen hat, bevor er sich die offenbar nur lausig gesicherten Depeschen herunterlud und auf DVDs brannte, wissen wir nicht. Aber der analoge Zusammenhang, nämlich die Frage, inwieweit der Nutzer der Daten eventuell denjenigen, der sie ausspäht (neudeutsch "leakt"), dazu angestiftet hat, den haben wir hier Anfang des Jahres schon einmal diskutiert, nämlich bei den Steuerdaten-CDs. Diese illegal kopierten Daten wurden (und werden?) von unseren Finanzverwaltungen angekauft, um Steuerhinterziehern auf die Schliche zu kommen. Ein Unterschied, der in der rechtlichen/moralischen Bewertung durchaus eine Rolle spielt: Es ist unwahrscheinlich, dass Assange für die von Manning ausgespähten Daten Geld bezahlt hat. Wenn überhaupt, dann wären diejenigen Vertreter der deutschen Exekutive, die für die Steuerdaten-CDs Geld geboten haben und weiter bieten, eher als "Verschwörer" zu bezeichnen. Schöne neue Welt der Verschwörer.