Gen-Honig als Lebensmittel zulassungspflichtig - Ein Pyrrhussieg für Imker? -
Gespeichert von Dr. Kauch am
Liebhaberimkereien haben eine richtungweisende Entscheidung für den Lebensmittelbereich vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) erwirkt. Nachdem die Kläger in ihrem Honig bis zu 4,1% Genmais-Pollen nachwiesen, hatten sie beim Verwaltungsgericht Augsburg beantragt festzustellen, dass die betroffenen Imkereiprodukte durch das Vorhandensein der Pollen der Maissorte MON810 nicht mehr verkehrs- oder gebrauchsfähig und damit „wesentlich beeinträchtigt“(§ 36a GenTG) seien. Das Verwaltungsgericht Augsburg hat dem Antrag in 1. Instanz stattgegeben. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat auf die Berufung von Monsanto deshalb dem EuGH dezidierte Fragen zur Entscheidung vorgelegt.
Der EuGH (Urt. v. 06.09.2011 – Rs C-442/09 - ) traf jetzt folgende grundlegende Feststellungen für das Gentechnikrecht:
- Nicht vermehrungsfähige gentechnisch veränderte Maispollen in Honig sind keine gentechnisch veränderten Organismen (GVO).
- Gentechnisch veränderte Maispollen in Honig sind aber eine Zutat und deshalb einer lebensmittelrechtlichen Zulassung unterstellt.
- Für die Zulassung von Lebens- und Futtermittel gilt die 0,0% Grenze. Die Toleranzschwelle von 0,9% gilt für die Zulassung von Lebensmitteln nicht. Diese bezieht sich nur auf die Kennzeichnungspflicht.
- Die Zulassungspflicht besteht auch bei zufälligen Einträgen von GVO.
Vor diesem Hintergrund sind die Auswirkungen auf die Lebensmittel- und Futtermittelindustrie nicht absehbar. Zunächst wird es eine Welle von Analysen geben. Diese werden sich auf Honig, aber auch auf Lebensmittel, die Honig beinhalten, erstrecken. Auch Lebens- und Futtermittel, die ähnlich aufnahmefähig für GVO sind wie Honig, werden in die Analysen wegen der 0,0% Toleranzgrenze einbezogen werden müssen. Soweit vermutet wird, die Zahl der Zulassungsverfahren werde signifikant ansteigen, spricht dagegen, dass der Verbraucher in Deutschland nicht geneigt ist, Honig bzw. Lebensmittel mit der Aufschrift „gentechnisch verändert“ zu kaufen. Hier wird der Gesetzgeber das Problem zu lösen haben, dass Honig bei der geringsten Verunreinigung ein Zulassungsverfahren durchlaufen muss, der Verbraucher aber davon erst bei Überschreiten der 0,9% Grenze erfährt. Diese Diskrepanz schafft kein Vertrauen. Sicher ist, dass infolge der Entscheidung und der Ergebnisse der Analysen Schadensersatzansprüche auf unterschiedlichen Ebenen geprüft werden müssen. Dies gilt zum einen für die Lebens- und Futtermittelhersteller gegenüber den liefernden Imkern, aber auch im Verhältnis zwischen den Imker und den anbauenden bzw. freisetzenden Landwirten.
Ob sich insofern die Entscheidung des EuGH als Erfolg für die Imker dauerhaft herausstellt, ist fraglich. Für die honigbasierte Lebensmittelindustrie könnte sich der Erfolg als Pyrrhussieg erweisen, auch wenn die Klage der Liebhabereiimker gegen Monsanto - und mittelbar gegen die GVO anbauenden Landwirte - gerichtet war.