Eigenständige Bemühung um einvernehmliche Lösung = Befangenheit
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Die Eltern stritten sich heftig über das Sorgerecht und das Gericht beauftragte eine Sachverständige. Diese sollte sich gutachtlich zur Erziehungskompetenz der Eltern und dazu äußern, bei welchem Elternteil das Kind künftig besser bzw. am besten aufgehoben sei.
Der Vater lehnte die Sachverständige wegen Besorgnis der Befangenheit ab, da diese ohne Zustimmung des Gerichts den ihr erteilten Auftrag erweitert und versucht habe, die Angelegenheit durch nachhaltige Mediation einvernehmlich zu erledigen.
Die Sachverständige räumt unumwunden ein, einen vornehmlich lösungsorientierten Ansatz verfolgt zu haben und daher vor weiteren psychologischen Untersuchungen lösungsorientierte Elterngespräche mit den Beteiligten verabredet zu haben.
Der Befangenheitsantrag hatte bei dem OLG Naumburg Erfolg.
Ohne eine ausdrückliche Ermächtigung des Gerichts nach § 163 II FamFG
Das Gericht kann in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, anordnen, dass der Sachverständige bei der Erstellung des Gutachtenauftrags auch auf die Herstellung des Einvernehmens zwischen den Beteiligten hinwirken soll
dürfe der Sachverständige nicht in diesem Sinne tätig sein.
Tut er dies trotzdem, setze er sich der Besorgnis der Befangenheit aus.
OLG Naumburg v. 14.09.2011 – 4 WF 51/11 =BeckRS 2011, 27400
Bleibt zu hoffen, dass die Sachverständige das nächste Mal ausdrücklich bei Gericht nachfragt, ob sie (vernünftigerweise) nach § 163 II FamFG vorgehen darf. Oder der/die Kollege/in ordnet es gleich an.