Jetzt geht`s ums Ganze – BVerfG verhandelt am 7. November 2012 über "Absprachen im Strafprozess"
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Nachdem der Gesetzgeber auf der Grundlage der BGH-Leitentscheidungen aus den Jahren 1997 und 2005 den "Deal" in § 257c StPO (aber auch in weiteren Bestimmungen der StPO) geregelt hat, übrigens: ohne einen schlüssigen rechtspolitischen oder rechtsdogmatischen Grund für die Neuregelung zu nennen, wird nunmehr das BVerfG am 7. November 2012 in einer mündlichen Verhandlung prüfen, ob Verständigungen im Strafprozess mit dem Grundgesetz vereinbar sind (Überblick über die drei mit Verfassungsbeschwerden angegriffenen Entscheidungen sowie zur Verhandlungsgliederung hier in der Pressemitteilung des Gerichts).
Das Aushandeln von Wahrheit und Strafe fügt sich nicht nahtlos in den deutsche Strafprozess ein. Dass insbesondere unter Berücksichtigung des Rechts des Angeklagten auf ein faires Verfahren, des Rechtsstaatsprinzips und einer funktionsfähigen Strafrechtspflege eine Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten in der Hauptverhandlung über Stand und Aussichten der Verhandlung in den Grenzen des Strafrechts grundsätzlich verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, hat das BVerfG bereits im Jahr 1987 entschieden. Die Grenze wird allerdings durch die richterliche Aufklärungspflicht, die rechtliche Subsumtion und die Grundsätze der Strafbemessung (schuldangemessene Strafe) sowie das Verbot der Beeinträchtigung der Willensfreiheit des Angeklagten gezogen. – Verhandelt werden wird also über Grundprinzipien des deutschen Strafprozesses: Schuldprinzip, Aufklärungspflicht und faires Verfahren.
Die Einigung im Schmiergeld-Verfahren gegen den Ex-MAN-Vorstand Anton Weinmann mit den damit zusammenhängenden rechtsstaatlichen Problemen von Absprachen im konkreten Fall kommentiert pointiert der Redakteur Jan Keuchel im Handelsblatt.