ArbG Wuppertal: Engagement für den Betriebsrat ist keine Weltanschauung
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Die Klägerin begehrt Schadensersatz, Schmerzensgeld und Entschädigung in Höhe von insgesamt rund 440.000 Euro. Sie ist seit 2008 Vorsitzende des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats. Nachdem es bereits zuvor Auseinandersetzungen (Abmahnungen etc.) gegeben hatte, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis unter dem 02.11.2010 mit Zustimmung des Betriebsrats fristlos wegen des Vorliegens gravierender Pflichtverletzungen und erließ gegen die Klägerin ein Hausverbot für sämtliche Bereiche des Firmengeländes wegen massiver Beleidigungen und Bedrohungen von Betriebsratsmitgliedern. Mit Schreiben vom 12.11.2010, 16.12.2010 und 01.02.2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Zustimmung des Betriebsrats hilfsweise erneut außerordentlich fristlos. Die insoweit von der Klägerin jeweils erhobenen Kündigungsschutzklagen sind noch nicht rechtskräftig entschieden. Mehrere Betriebsratsmitglieder erstatteten am 04.11.2010 Strafanzeige gegen die Klägerin und stellten einen Strafantrag.
Strafanzeigen von Betriebsratsmitgliedern gegen die Vorsitzende
Die Klägerin fühlt sich durch verschiedene, namentlich benannte Mitarbeiter der Beklagten systematisch schikaniert und sieht diesen Vorwurf durch zahlreiche E-Mails und Schreiben bestätigt. Sie behauptet, über Jahre hinweg von der Beklagten wegen ihres Geschlechts und ihrer Weltanschauung diskriminiert worden zu sein. Sie sei einem Verhalten ausgesetzt gewesen, das sie als Mobbing bezeichnet.
Streben nach gleichberechtigter Vertretung der Arbeitnehmer ist keine Weltanschauung
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Tätigkeit als Betriebsrätin sei weder Ausdruck einer Religion noch einer Weltanschauung. Die Klägerin meint, ihre Weltanschauung bestehe darin, dass sie eine gleichberechtigte Vertretung der Arbeitnehmer und einen sozialen Ausgleich zwischen Beschäftigten und Arbeitgeber für erforderlich hält. Es sei ihre feste Überzeugung, einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Arbeitgebers auf freie Ausübung seines Wollens und dem Interesse des Arbeitnehmers auf Schutz vor Eingriffen in das Arbeitsverhältnis sicherzustellen. Insoweit handelt es sich nach Überzeugung des Gerichts aber eher um eine individuelle Wertehaltung bzw. um ein individuelles Verhaltensmuster der Klägerin. Ihr besonderes Engagement als Betriebsrätin stelle keine Weltanschauung dar. Auf § 15 Abs. 1 und 2 AGG könnten die Ansprüche der Klägerin daher ebenso wenig gestützt werden wie auf § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 12 AGG (ArbG Wuppertal, Urt. vom 01.03.2012 - 6 Ca 3382/11).