Spanisches Gericht stoppt Betriebsstilllegung ohne vorherige Konsultation
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Der Automobilzulieferer Tenneco darf sein Werk im spanischen Gijon nicht schließen, bevor er den Europäischen Betriebsrat und die lokale Arbeitnehmervertretung ordnungsgemäß konsultiert hat (Art. 5 RL 2009/38/EG und darauf basierende nationale spanische Vorschriften). Das hat der Oberste Gerichtshof der nordspanischen Provinz Asturien in Oviedo entschieden (hier das Urteil in spanischer Sprache).
Konsultationsverfahren nach der Richtlinie über Europäische Betriebsräte (EBR-Richtlinie 2009/38/EG)
Die sog. EBR-Richtlinie sieht vor, dass ein Unternehmen (seine "zentrale Leitung") den Europäischen Betriebsrat über bestimmte Maßnahmen unterrichten und ihn anhören muss. "Die Modalitäten der Unterrichtung und Anhörung werden so festgelegt und angewandt, dass ihre Wirksamkeit gewährleistet ist und eine effiziente Beschlussfassung des Unternehmens oder der Unternehmensgruppe ermöglicht wird" (Art. 1 Abs. 2 Satz 2 RL 2009/38/EG). Zu bilden ist ein "besonderes Verhandlungsgremium" der betroffenen Arbeitnehmervertretungen, das mit der zentralen Leitung des Unternehmens zu einer Vereinbarung über die Betriebsänderung gelangen soll (Art. 6 RL 2009/38/EG).
Beschluss über die Werksstilllegung in der US-Konzernzentrale ohne vorherige Konsultation in Europa gefällt
Zur Überzeugung des Gerichtshofs war der Beschluss, das Tenneco-Werk in Gijon zu schließen, bereits im September 2013 in der Konzernzentrale des Unternehmens in den USA gefallen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Konsultation der europäischen Arbeitnehmervertreter noch nicht einmal begonnen. Später erklärte sich die Werksleitung zwar bereit, eine vom Betriebsrat vorgeschlagene Beratungsfirma hinzuzuziehen; Alternativen zur Schließung des Werkes wurden aber nicht ernsthaft diskutiert. Damit hatte Tenneco gegen das auf der EBR-Richtlinie basierende spanische Recht verstoßen. Ist der Stilllegungsbeschluss bereits endgültig und unwiderruflich gefasst, sind Konsultationen mit den Arbeitnehmervertretern sinnlos und damit unwirksam. Ohne eine wirksame Konsultation darf aber keine Entlassung stattfinden. Aus diesem Grund hat das Gericht angeordnet, dass bis spätestens 25.4.2014 die Produktion wieder aufzunehmen ist und für die Zeit seit dem Produktionsstopp am 23.12.2013 alle Löhne nachzuzahlen sind.
In einer gesonderten Entscheidung vom 21.4.2014 hat der Gerichtshof zudem den Abtransport von Maschinen und Anlagen aus dem Werk gestoppt.
Weitere interessante Informationen über Europäische Betriebsräte und ihre Aufgaben finden Sie hier. Den Hinweis auf das vorgestellte Urteil verdanke ich dem aktuellen Newsletter dieses Netzwerks.
Wenn ich die spanischen Zeitungsberichte richtig verstehe, hat Tenneco seine Entscheidung über die Stilllegung inzwischen revidiert und wird das Werk in Gijon - wenn auch mit verkleinerter Belegschaft - weiter fortführen.