Ice Bucket Challenge als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung?
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Die „Ice Bucket Challenge“ war das Phänomen des Sommers in den Sozialen Netzwerken. Die nominierten Teilnehmer mussten sich hierbei entweder einen Eimer mit Eiswasser über den Kopf schütten oder zugunsten der Erforschung der Nervenkrankheit ALS spenden. Dies wurde gefilmt und auf Facebook eingestellt. Wer teilgenommen hatte, nominierte weitere Freunde und Bekannte, die nun an der Reihe waren. Auch viele Prominente und Politiker haben mitgemacht. Wie aber kann diese Spendenaktion zu einem kündigungsrechtlichen Fall werden? Das geht aus einer Pressemitteilung des ArbG Lübeck (Aktenzeichen: 4 Ca 2333/14) hervor: Eine Klinik im Kreis Ostholstein hat einer langjährig bei ihr beschäftigten OP-Leiterin gekündigt, weil diese sich Anfang September im OP-Bereich der Klinik einen Eimer mit Eiswasser über den Kopf hatte schütten lassen und das Video hierzu bei Facebook eingestellt hatte. Die Klinik wirft der Mitarbeiterin vor, überhaupt nicht an der „Ice Bucket Challenge“ teilgenommen zu haben, weil sie zu einer Spende zugunsten eines regionalen Tierheims aufgefordert habe. Sie habe mit der Aktion zudem gegen Hygienevorschriften verstoßen und sieht sie als Mitarbeiterin mit Führungsverantwortung nicht mehr tragbar. Die Klinik hat der ordentlich nicht mehr kündbaren Arbeitnehmerin zwar angeboten, das Arbeitsverhältnis als Krankenschwester fortzusetzen, worauf sich diese aber nicht eingelassen hat. Die Mitarbeiterin beruft sich in ihrer Kündigungsschutzklage darauf, dass der Operationssaal noch nicht endgereinigt gewesen sei und die an der Aktion beteiligten Reinigungskräfte die Folgen sofort beseitigt hätten. Auch habe sie sich über Facebook nur an ihre engsten Freunde und keineswegs an die Öffentlichkeit gewandt. Wie dieser ungewöhnliche Kündigungssachverhalt vom ArbG Lübeck bewertet worden wäre, wird man leider nicht mehr erfahren, da – wie sich einer weiteren Pressemitteilung entnehmen lässt - der anberaumte Gütertermin aufgrund außergerichtlicher Einigung aufgehoben worden ist. Der Rechtstreit hat sich dadurch erledigt. M.E. hätte die Kündigungsschutzklage schon recht gute Erfolgsaussichten gehabt. Die Teilnahme an der „Ice Bucket Challenge“ als solche – auch im Betrieb des Arbeitgebers - wird man nur schwerlich als Pflichtverletzung bewerten können. Wohl aber kommt ein Verstoß gegen Hygienevorschriften, zumal in einem Operationssaal, grundsätzlich als Kündigungsgrund in Betracht. Die aktuellen Vorkommnisse im Klinikum Mannheim zeigen, welch hoher Stellenwert heutzutage dem Hygienestandard in Krankenhäusern und insbesondere im Operationssaal beigemessen wird. Auf der anderen Seite wird man wohl zu berücksichtigen haben, dass es sich um eine einmalige Aktion gehandelt haben dürfte. Weder hat der Arbeitgeber einen finanziellen Schaden erlitten, noch ist sein Ruf beschädigt worden. Auf der Linie der üblichen Gerichtspraxis wäre zu erwarten gewesen, dass das ArbG Lübeck eine Abmahnung als milderes Mittel gefordert und der Kündigung die Wirksamkeit versagt hätte. Ob sich diese Einschätzung auch in dem geschlossenen Vergleich niedergeschlagen hat, ist nicht bekannt geworden.