BGH zur Erbunwürdigkeit eines Ehemannes
Gespeichert von Dr. Claus-Henrik Horn am
Ein tragischer Fall: Aus Mitleid durchtrennte der Ehemann den Schlauch zur Magensonde seiner Ehefrau, mit der seit Jahren eine verbale Kommunikation nicht mehr möglich war und die schon 15 Jahre an Alzheimer litt. Seit Jahren musste sie über eine PEG-Sonde ernährt werden; sie verließ das Krankenzimmer nicht mehr. Auch wenn das Pflegepersonal deswegen der Tod verhindern konnte, stellte der BGH die Erbunwürdigkeit des Ehemannes nach seiner kurz danach verstorbenen Ehefrau fest, sofern das Berufungsgericht die Schuldfähigkeit feststellen würde (Urteil vom 11.3.2015 – Az. IV ZR 400/14, BeckRS 2015, 5672).
Die Ehegatten hatten ein Berliner Testament errichtet, also sich gegenseitig zu Alleinerben und die drei Kinder zu Schlußerben eingesetzt. Der Sohn hatte zunächst von seinem Vater seinen Pflichtteil verlangt, stellte dann aber um und erhob gegen seinen Vater die Erbunwürdigkeitsklage. Ein zulässiger Abbruch von lebenserhaltenden Maßnahmen konnte mangels mündlicher oder schriftlicher Patientenverfügung nicht angenommen werden. Das gilt umso mehr, da weder die betreuungsgerichtliche Genehmigung vorlag oder stattdessen das Einvernehmen des behandelnden Arztes. Der Tatbestand der Erbunwürdigkeit sei lt. BGH selbst dann erfüllt, wenn der Ehemann aus anerkennenswerten Motiven gehandelt habe. Mangels Feststellungen zur Schuldfähigkeit des depressiven Ehemannes konnte der BGH nicht final entscheiden, so dass das Berufungsgericht dieser Frage nachgehen muss. Dabei stellte der BGH aber klar, dass bei der Erbunwürdigkeit die Schuldfähigkeit vorliegen müsste. Damit grenzte der BGH die Erbunwürdigkeit von der Pflichtteilsentziehung ab, bei der der Täter nicht schuldfähig sein muss (so BVerfGE 112, 332, 359).
Interessant: Der Sohn hatte anfangs die Alleinerbenstellung des Vaters anerkannt, indem er gegen ihn seinen Pflichtteil aufgrund seiner Enterbung geltend machte. Dennoch wurde ihm dies nicht zum Verhängnis, als er die Erbunwürdigkeit seines Vaters geltend machte.