Web 2.0 und „spickmich.de“: Beurteilung von Lehrern, Professoren - und bald auch für Richter ?

von Dr. Michael Karger, veröffentlicht am 28.01.2008

Heute soll beim Europäischen Datenschutztag in Nürnberg auch das Thema „Veröffentlichungen im Internet – Sind Lehrerbeurteilungen im Internet bei „spickmich.de“ wirklich rechtmäßig?“ erörtert werden. Im November 2007 hatte das OLG Köln in einem Verfügungsverfahren die Beurteilung von Lehrern im Internet durch ihre Schüler für rechtmäßig angesehen und u.a. einen Verstoß gegen Datenschutzrecht verneint (OLG Köln, Urteil vom 27.11.2007 - 15 U 142/07 - GRUR-RR 2008, 26). Demgegenüber gewichtet die Bayerische Datenschutzbehörde für den nicht-öffentlichen Bereich das Recht auf informationelle Selbstbestimmung höher als das Grundrecht auf Ausübung der Meinungsfreiheit und hält entsprechende Beurteilungen für rechtswidrig. Die Diskussion um Bewertungsplattformen wird also ihren Fortgang nehmen. Das Thema Bewertungen im Internet betrifft nicht nur die Lehrer. So stieß auch die Ranking-Website Meinprof.de auf erheblichen Unmut bei vielen dort bewerteten Hochschullehrern. Und es ist nur eine Frage der Zeit, wann es auch Internet-Beurteilungen für eine weitere Berufsgruppe geben wird, die sprichwörtlich über andere urteilt: Die Richter. Es dürfte einen großen Interessentenkreis für Informationen z.B. dazu geben, an welchen Entscheidungen ein Richter mitgewirkt hat und wie er die Verfahren führt. Entsprechende Informationen sind schon heute für das „Forum Shopping“ wichtig, gerade wenn es um ein Verfahren mit einem fliegenden Gerichtsstand geht. Wirklich interessant wird es also dann, wenn Richter über die Zulässigkeit von Bewertungen des eigenen Berufsstands entscheiden müssen.

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6 Kommentare

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Die Frage ist und bleibt falsch gestellt. Vielmehr muss man fragen, ob es zulässig ist, dass ein derartiges Scoring öffentlich durchgeführt werden darf. Dass es eine Auskunftei geben darf ist keine Frage. Dass die Noten (objektivierte Werturteile ähnelich Scoringwerten, die durchaus bei Stellenversetzungen oder Einstellungen von Interesse sein können) aber öffentlich für jeden zugänglich sind, das ist der Knackpunkt der juristisch bisher vollkommen ausser acht bleibt.

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Eine Privatperson wird sich auf den Datenschutz berufen können. Aber nach § 52 BBG dienen die Beamten - also auch Lehrer oder Richter - dem ganzen Volk. Und in diesem Zusammenhang sorgt ein Scoring des Amtsträgers für eine Transparenz gegenüber "dem Volk". Diesen Aspekt sollte man nicht vernachlässigen. Auch wenn sich die Rechtsprechung spätestens nach dem Start von "beUrteilMich.de" ändern wird.

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Ihre Argumentation hat zwei schwerwiegende Fehler:

1. Nicht jeder Lehrer ist verbeamtet, es gibt viele Lehrer auf Angestellten-Basis. Hier müsste man also unterschiedlich gewichten und Lehrer die "nur" angestellt sind hätten dann doch einen Anspruchauf Löschung. Ihr "Argument" läuft also schon hier ins Leere.

2. Mit dem Argument mache ich auch Scoring-Werte der Schufa von beamten im Internet frei für alle zugänglich - schliesslich ist es doch von Interesse, ob ein Staatsdiener überschuldet ist. So kann man auf ein erhöhtes Korruptionsrisiko schliessen. Am Ende finde ich für die Veröffentlichung aller Daten von beamten irgendwo ein "gutes" Argument, denn jeder menschlicher Makel beinhaltet Probleme - die sich mit einem möchtegern Beamten-Roboter nicht vereinen lassen.

Gleich wem Beamte dienen: Sie sind Menschen und hinter dem Status steht auch immer ein Privatmensch der zugleich betroffen ist. Es ist erschreckend, wie für viele Menschen mit der Verbeamtung scheinbar der mensch dahinter zu existiern aufhört. Ich stelle das übirgens als Student fest, der weder Verbeamtet ist, noch es jemals vorhat. Interessant ist dabei das doppelünige: Jedermann lacht über das "Beamtendeutsch" oder wie stur beamte angeblich immer sind - sobald sie aber menschlichkeit erhalten sollen, wert man sich, denn sie sind ja nur "Diener des Volkes".

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Mit Verlaub, Herr Ferner, ich finde Ihre Argumentation unzutreffend. Sie läuft nämlich darauf hinaus, dass man in der Öffentlichkeit nicht mehr negativ über jemanden seine Meinung äußern darf, weil er auch nur ein Mensch ist und seine Fehler daher nicht öffentlich gemacht werden dürften, weil ihn dies schließlich verletzen könnte. Ich finde, man muss zwei Punkte unterscheiden: Zunächst die Frage, ob sich jemand über einen Lehrer (oder auch sonstige Menschen, Richter, Anwälte etc.) in einem öffentlichen Forum äußern darf und dort auch dessen Verhalten dem Autor gegenüber bewerten darf. Diese Frage ist m.E. nach ohne Vorbehalt zu bejahen. Die andere Frage ist das "Wie", d.h. die Art und Weise der Äußerungen. Diese kann durchaus eine Persönlichkeitsverletzung darstellen. In diesem Kontext würde ich auch die Problematik der (pauschalen) Notenvergabe sehen. Die Frage ist also nicht, ob ich einen Menschen öffentlich negativ bewerten darf, sondern die Art und Weise, wie dies geschieht. Wird eine negative Wertung durch nachvollziehbare und wahrheitsgemäßte Behauptungen gestützt, so kann ich nicht sehen, warum dies auf irgendwelchen Bewertungsseiten anders gehandhabt werden sollte als in der sonstigen Presse. Es sei denn, sie wollten natürlich das in der Schule gesprochene Wort einen besonderen Vertraulichkeitscharakter zumessen, wofür ich aber keine Anhaltspunkte sehe.

Ich finde grundsätzlich jede Entwicklung zu mehr Transparenz von Leistungserbringern, ob Lehrern, Anwälten, Ärzten oder Richtern durchaus begrüßenwert. Davor scheint aber eine nicht zu unterschätzende Anzahl dieser Leute große Angst zu haben - zu Recht?

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Die Diskussion trennt in dieser Frage üblicherweise zwischen dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem normalen Datenschutzrecht. In Bezug auf das Allgemeine Persönlichkeitsrecht wäre dann zu fragen, ob eine negative - womöglich herabsetzend formulierte - Bewertung als Schmähkritik aufzufassen wäre; das OLG Köln hat diese Frage bei "Spickmich" (knapp) verneint.
In Bezug auf das "Scoring" stellt sich die Frage, ob es datenschutzrechtlich zulässig sein kann, Persönlichkeitsprofile aus öffentlichen Quellen zu erstellen und danach mit eigenen Daten anzureichern. Zumindest das OLG Köln hat sich zu dieser Frage nicht geäußert: Es zog sich pauschal auf die Argumentation zurück, alle erhobenen Daten stammten aus allgemein zugänglichen Quellen i.S.d. § 28 BDSG. Dass die eigentliche Bewertung von Schülern vorgenommen wurde, die sich ja gerade nicht im öffentlichen Raum bewegen, hat das Gericht nicht berücksichtigt.

Ich sehe insbesondere das zweite Problem, das "Scoring" von Individualpersonen, sehr kritisch. Auch ursprünglich allgemein zugängliche Daten i.S.d. § 28 BDSG können einen völlig anderen Aussagegehalt entwickeln, wenn sie mit anderen Daten zusammengeführt werden. Diese Daten können aus anderen öffentlichen Quellen stammen (so z.B. bei Yasni.de) oder wie bei Spickmich im Wege des "Crowdsourcing" von den Webseitenbenutzern eingegeben werden. In beiden Fällen bleibt der Vorgang problematisch.

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