OLG Düsseldorf: 900 Euro zum 10ten Mal

von Prof. Dr. Thomas Hoeren, veröffentlicht am 05.04.2008

Das OLG Düsseldorf hat nunmehr zum 10ten Mal entschieden, daß der Streitwert für die Geltendmachung falscher Widerrufsbelehrungen im Internet auf 900 Euro zu reduzieren sei.  M.E. (auch wenn ich als richterliches Mitglied des entscheidenden Senats befangen bin, vollständig überzeugend. Oder nicht? Was meinen Sie? Sollte man nicht über den Streitwert den "Spaß" an Massenabmahnungen etwas bremsen?

Standardbegründung aus: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.11.2007 - I-20 U 107/07:

Der Streitwert war gem. § 63 Abs. 2 GKG für die Berufungsinstanz und zugleich in Abänderung der Festsetzung durch die erste Instanz gem. § 63 Abs. 3 GKG auf Euro 900 festzusetzen. Maßgeblich für die Festsetzung des Streitwerts ist das wirtschaftliche Interesse des Ast. daran, dass der Ag. nicht ohne die gesetzlich vorgeschriebene Widerrufsbelehrung Aloe-Vera-Produkte im Fernabsatz anbietet. Dieses Interesse ist derart gering, dass es nur eine Wertfestsetzung am unteren Rande der Gebührentabelle rechtfertigen kann. Maßgeblich für diese Einschätzung ist die Größe des Markts und die Vielzahl der Marktteilnehmer, die einen Versandhandel für Aloe-Vera-Produkte betreiben. Der fraglos grds. vorhandene Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch (§ 4 Nr. 11 UWG) dürfte sich im Verhältnis gerade der Parteien zueinander nur selten tatsächlich auswirken. Bei der Vielzahl von Angeboten solcher Produkte im Internet dürfte es eine Frage des nicht häufig vorkommenden Zufalls sein, dass ein Kaufinteressent sich wegen der fehlerhaften Belehrung des Ag. für dessen Angebot statt für dasjenige des Ast. entscheidet. Dessen wirtschaftliches Interesse, wegen der Belehrungsmängel keine Kunden an den Ag. zu verlieren, ist daher nur sehr gering einzuschätzen. ...Die Wertfestsetzung muss sich am Interesse des Ast. an dem Erlass des begehrten Titels orientieren. Sie hat nicht etwa poenalisierende Funktion. Eine solche würde sie aber bekommen, wenn man den Erwägungen des AntragsteIlervertreters folgen würde, die Gebühren müssten so hoch sein, dass sich eine Wettbewerbsverletzung nicht lohne. Der Senat weist ausdrücklich darauf hin, dass die Wertfestsetzung letztlich eine Frage des Einzelfalls ist. Der Streitwert mag in anderen, hier nicht zu entscheidenden Fällen, in denen etwa wegen der Art der Waren, der Personen der Mitbewerber oder eines hohen Umsatzes ein größeres Näheverhältnis anzunehmen wäre, deutlich höher anzusetzen sein. Derartige Umstände sind im vorliegenden Fall indes nicht ersichtlich (vgl. Senat, B. v. 29.1.2007 - I-20 W 6/07, B. v. 5.3.2007 - I-20 U 149/06; B. v. 19.4.2007 - I-20 W 13/07, B. v. 5.7.2007 - I-20 W 51/07 und B. v. 16.7.2007 - I-20 W 83/07). Aus diesem Grunde kann schließlich auch das vom Ast. hervorgehobene Interesse der Verbraucher nicht streitwertbestimmend sein, denn der Ast. nimmt nicht die Interessen der Verbraucher, sondern ausschließlich eigene Interessen wahr. Die Geltendmachung des gleichen Anspruchs durch einen Verbraucherverband ist daher nach völlig anderen Kriterien zu beurteilen, nämlich am Interesse der Verbraucher an der geforderten Unterlassung. ...

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22 Kommentare

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Überzeugend? M.E. Ja!
Warum von der hier rezietierten Argumentation nicht mehr Gebrauch gemacht wird... ??? Fragen!! Fern liegt sie doch jedenfalls nicht. Orientiert Sie sich angemessen am Tatsächlichen.

Jedenfalls "absteigende Tendenzen" zeigt ja nunmehr (selbst) das Hanseatisches OLG (Beschluss vom 24.01.2008 - Az. 3 W 7/08 - 2.500 EUR) während mich vom LG Hamburg in der Praxis erst kürzlich ein "4 Wochen statt einem Monat-Episödchen" erreichte. Jüngst nahm auch das OLG Stuttgart (Beschluss vom 04.02.2008 - Az. 2 U 71/07) je Belehrungsfehler "nur" 2.500 EUR an. Grundsätzlich begrüßenswerte Tendenzen?!

Die Differenzierung des OLG Düsseldorf, die auf das Interesse des Abmahnenden bei der Geltendmachnung von Unterlassungsansprüchen als Wettbewerber abstellt und diese gegenüber etwa den - der Tätigkeit eines Verbraucherverbandes - zugrundeliegenden "allgemeinen Vebraucherinteressen" im Verbandsprozess abhebt, hört man gern. Man liest sie aber in der/den Düsseldorfer Entscheidung/en in dieser Form wohl weitgehend "originär"?!

Natürlich macht auch ein Wettbewerber nicht lediglich die eigene, wettbewerbliche Betroffenheit geltend. Das Wettbewerbsrecht und § 8 UWG dienen auch zur "Selbstregulierung und -überwachung" der Mitbewerber untereinander. Praktisch die privatrechtliche Durchsetzung des UWG. Der Abmahnende Mitbewerber handelt jedenalls auch im Interesse der Mitbewerber, die sich rechtskonform verhalten.

ABER: Gerade im Internethandel und den hier meist betroffenen Absatzmärkten (Technik- und Computerartikel etc.) ist eine Differenzierung im besonderen Maße notwendig. Vielmehr mit mehr Gewicht auch auf die individuelle Betroffenheit des Abmahnenden abzustellen. Wo noch, als im Internethandel, wird mehr deutlich, dass sich nicht jeder Rechtsbruch auch faktisch bereits zum Nachteil des Mitbewerbers auswirken muss?

"Bei der Vielzahl von Angeboten solcher Produkte im Internet dürfte es eine Frage des nicht häufig vorkommenden Zufalls sein, dass ein Kaufinteressent sich wegen der fehlerhaften Belehrung des Ag. für dessen Angebot statt für dasjenige des Ast. entscheidet. Dessen wirtschaftliches Interesse, wegen der Belehrungsmängel keine Kunden an den Ag. zu verlieren, ist daher nur sehr gering einzuschätzen." Richtig. Denn nur durch die AUCH eigene Betroffenheit kann sich ein Mitbewerber eines Unterlassungsanspruchs berühmen.

Streitwertentscheidungen jedenfalls sind auch im Wettbewerbsprozess einzelfallbezogen und die Betroffenheit des Anspruchsinhabers mit (angemessen) wertbestimmend! Poenalisierungseffekte haben aber mit Streitwertbemessungen wohl nur recht wenig zu tun, oder?

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Sehr weise Entscheide des OLG, es ist sehr zu begrüßen, dass wieder etwas Vernunft im "Abmahnunwesen" einkehrt, auch die Regulierung über eine angemessene Streitwertbestimmung wie in den o.g. Fällen ist hier sehr sinnvoll.

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M.E. steckt hinter der Streitwertfrage ein tieferes Problem, an dem ich gerade forschungsmäßig knobele. Gerichte entscheiden auch unterschiedlich über die Höhe von Streitwerten aufgrund ökonomischer Überlegungen. Es fehlt Forschung im Hinblick auf eine ökonomische Analyse der Justiz. Hohe Streitwerte schützen einen Gerichtsstandort, bringen höhere Staatseinnahmen, zufriedenere Anwälte, die dann auch gerne wiederkommen. Dabei will ich nicht unterstellen, dass Richter bewußt so denken, aber latent schwingt so etwas bei jeder Streitwertentscheidung mit. Oder? Wie sind da Ihre Erfahrungen? Übertreibe ich?

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Ein interessanter Zusammenhang, den man als "Idealtist" zwar nicht direkt ins Auge fasst und der mit "Streitwertbemessung nach freiem Ermessen des Gerichts" nicht viel zu tun hat... ;))

Persönlich kann ich die Erfahrung allerdings (noch) nicht bestätigen oder mir direkte Einschätzungen aus der Praxis erlauben. Ich sehe die Problematik eher in der "Verklammerung" an etwas "vertstaubten Streitwertkatalogen", die ggf. auch zu undifferenziert und ohne Vergleich des Tatsächlichen und auch zu Grunde gelegter Gesamtzusammenhänge bei der Entscheidungsfindung angewandt werden (gewandelte Märkte, Wettbewerb damals und heute...). Kriterien unterliegen dem Wandelt - erst Recht im Rahmen einer "Ermessensentscheidung".

Nun: Aber was ist bei einem "ökonomischen Ansatz" dann die Folge: "Stärkere" Gerichtsstandorte bringen die "bedachteren" Streitwertentscheidungen? Schwächere solange nicht wie zu wenig "Umsatz" gemacht wird? Interessant wäre dann natürlich einmal die (Konjunktur-) Schwankungen festzustellen!

Gleichwohl: Wenn das das Problem der Streitwerthöhe im Kern erfassen würde.... Nun ja, keine schöne Vorstellung?!

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Hallo Professor Dr. Hoeren,

für den Bereich der Widerrufsbelehrung sind die Streitwertentscheidungen des OLG Düsseldorf vorbildlich. Ich glaube da besteht Einigkeit zwischen Unternehmern und der überwiegenden Wissenschaft. Mit der Betonung der Einzelfallentscheidung erhält man die ggf. erforderlichen Spielräume.
Ihre ökonomischen Überlegungen finde ich interessant, glaube aber, dass die Streitwerte lediglich mit den wettbewerbsrechtlichen Gepflogenheiten zusammenhängen.

Mit besten Grüßen aus Düsseldorf
Jörg Faustmann

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Sehr geehrter Professor Dr. Hoeren,

Ihre Streitwert-These würde ich ebenfalls teilen und als sehr realistischen Forschungsansatz bewerten wollen. Schaut man sich bspw. die Judikatur am LG Hamburg in Medien-Sachen und die dortige Streitwertpraxis an, so gäbe es sicher viele Grundlagendaten und Ansätze für ein Forschungsvorhaben. Dies sind einige Bsp.

- "20.000 Euro Streitwert pro mp3 - Hamburg macht die Anwälte reich"
http://www.gulli.com/news/20-000-euro-streitwert-pro-mp3-2007-09-15 ;
- "LG Hamburg bestätigt filesharing-Streitwerte in astronomischen Höhen"
http://www.jur-blog.de/abmahnungen/rechtsanwalt/2008-02/lg-hamburg-besta...
- "Streitwert bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung"
http://www.antiquariatsrecht.de/?p=30
- "Filesharing: LG Hamburg gibt Streitwertkatalog für Tauschbörsennutzer heraus"
http://www.wb-law.de/news/it-telekommunikationsrecht/286/filesharing-lg-...

Viel Erfolg und gutes Gelingen bei der hochinteressanten und sehr bedeutenden Forschung zu diesem Thema.

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Die Argumentation des OLG überzeugt m.E. schon deshalb nicht, weil sie für den betreffenden OLG-Bezirk in der Tat schon zur "Standardbegründung" geworden ist - und zwar mit der Folge, dass sich im OLG-Bezirk kein Richter mehr die Mühe macht, die jeweiligen Marktgegebenheiten im Einzelfall anzusehen.

Auch die - grundsätzlich natürlich zu Recht aufgeworfene und wohl absichtlich provokant gestellte - Frage "Sollte man nicht über den Streitwert den “Spaß” an Massenabmahnungen etwas bremsen?" zeigt doch, dass das Problem eigentlich ein anderes ist...

Die ersten Entscheidungen, die zu Belehrungsfehlern ergangen sind, wurden durch die diversen OLGe mit Streitwerten von bis zu sage und schreibe EURO 50.000,- erlassen - damals noch mit der "alten" Begründung, Verstöße im Internet hätten eine bundesweite Auswirkung.

Inzwischen hat sich die Streitwertpraxis freilich grundlegend geändert - dies liegt aber nicht an veränderten Marktgegebenheiten, sondern m.E. ausschließlich an externen Einflüssen, welche die Richter dazu bewegt haben, die Streitwerte nach unten zu ziehen.

Warum haben die Gerichte nicht schon damals erkannt, dass die Streitwerte unrealistisch sind, sondern kommen erst jetzt auf diese Argumentation? Soweit mir bekannt ist, verfolgt auch das OLG Düsseldorf die "neue" Rechtsprechung erst seit etwa 1,5 Jahren. Und davor??

Bei inzwischen überwiegend an dt. Gerichten praktizierten Streitwerten von EURO 2.000,- bis EURO 7.500,- pro Verstoß sehe ich das Argument der "ökonomischen Überlegungen" nicht wirklich. Dann wäre man an den streitwertfreundlichen Gerichten gleich bei den früher noch viel höheren Streitwerten geblieben.

Das OLG Düsseldorf geht davon aus, dass aufgrund der endlosen Weite des WWW kaum ein spürbarer Wettbewerb der Händler im eCommerce besteht. Tatsächlich sieht es doch aber ganz anders aus, oder nicht? Diejenigen Händler, die ihren Hauptumsatz im eCommerce erzielen kennen ihre Mitbewerber meistens sehr genau und selten sind es mehr als ein Dutzend, die auf Plattformen wie amazon oder ebay die wesentlichen Umsätze fahren. Natürlich gibt es daneben noch kleinere Händler, die kaum oder nur wenig ins Gewicht fallen. Eine solche Differenzierung scheint aber auch das OLG Düsseldorf nicht wirklich vorzunehmen, oder?

Positiv erwähnen möchte ich, dass sich das OLG Düsseldorf mit der Frage explizit auseinandersetzt. Andere Gerichte können oder wollen ihre Streitwertpraxis schon nicht erläutern. In der Beratung von Abmahnopfern ist das äußerst unbefriedigend: Keiner der "Geschädigten" versteht es, dass er in Berlin u.U. mit EURO 555,60 für eine berechtigte Abmahnung rechnen muss, während er bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung über die Höhe der Abmahnkosten in Düsseldorf mit nur EURO 101,40 zu rechnen hätte.

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Sehr geehrter Professor Dr. Hoeren,
nach einer Diskussion am Ende eines Ihrer Seminare zum Internetrecht, möchte ich zum Thema „Reduzierung der Streitwerte bei Abmahnungen“ auf ein weiteres Urteil hinweisen

Der andere Weg des LG Bonn

Das LG Bonn (Urteil vom 03.01.2008, Az. 12 O 157/07) hat jüngst in einem einstweiligen Verfügungsverfahren eine andere Lösung aus der Überlastung durch Abmahnungen gefunden. Dieser Weg öffnet sich jedoch nur für Online-Shops, die schon länger fehlerhafte AGB oder Widerrufsbelehrungen online gestellt haben. Nach Auffassung der Richter sei der Fall mit einem fehlerhaften Katalog vergleichbar. Sei ein solcher Katalog auch schon längere Zeit auf dem Markt, so habe – zu ergänzen: zumindest ein länger am Markt tätiger - Abmahner wegen fehlender Dringlichkeit bei Verstoß gegen seine Marktbeobachtungspflicht keinen Anspruch mehr. Jedenfalls eine weitere kreative Lösung, die eine gewisse Plausibilität hat, auch wenn Teil der Entscheidung nicht ganz überzeugen. Auch wenn der Anwendungsbereich deutlich reduziert ist: Das Ergebnis ist eine Vollständige Zurückweisung des Verfügungsantrags und Verweisung auf ein Hauptsacheverfahren.

Fundstelle: LG Bonn (Urteil vom 03.01.2008, Az. 12 O 157/07) http://www.jur-blog.de/abmahnungen/rechtsanwalt/2008-03/lg-bonn-missbrau...

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Lieber Herr Professor Hoeren,

ich finde diese Rechtsprechung des OLG Düsseldorf sehr richtig und überzeugend. Nur wenn die Gerichte die vorhandenen Mechanismen zur Verhinderung von Abmahnungsmissbrauch wirklich nutzen, können neue gesetzliche Vorschriften zum Schutz von Abmahnopfern langfristig vermieden werden.

Der Streitwert ist neben der Bagatellschwelle und § 8 Abs. 4 UWG ein gutes Mittel. Flankierdend sollte sich eine restriktivere Handhabung des fliegenden Gerichtsstandes bei Rechtsverstößen im Internet durchsetzen, denn leider entscheiden die Gerichte zu gleichen Themen immer noch sehr unterschiedlich, was in der Beratung das Gericht mit der ungünstigsten Ansicht zum Maß aller Dinge macht (siehe zum Streitwert bei fehlerhaften Widerrufsbelehrungen: http://www.shopbetreiber-blog.de/2007/12/12/fliegender-gerichtsstand-was...).

Dass die Höhe des Streitwertes auch mit Pensenschlüsseln zusammen hängt, erscheint mir plausibel und naheliegend. Ich bin sehr gespannt auf Ihre Forschungsergebnisse.

Beste Grüße aus Köln

Carsten Föhlisch

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Guten Abend!

Hier wird doch mal wieder das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. So sehr rechtspolitisch die Eindämmung des inzwischen absurde Maße angenommenen Abmahnungsmissbrauchs wünschenswert ist, existiert für die Begründung keinerlei sachliche und vor allem mit der ständigen Rechtsprechung in Wettbewerbssachen konsinstente Logik.

Wie hier schon beschrieben wurde: Jetzt soll der Streitwert nur noch 900,- EUR betragen, obgleich er vorher jahrelang im gleichen Gerichtsbezirk unproblematisch vier- oder fünfstellig war?
Und wie kommt man genau auf die 900.- EUR? Warum z.B. nicht 300,- EUR oder 1.500,- EUR?

Ich finde diese Argumentation insbesondere deswegen wenig überzeugend, weil sie sich nicht in das restliche Gefüge der Streitwert-Bestimmungen des Gewerblichen Rechtsschutzes passt. Exakt die gleiche Argumentation wie die vorliegende kann ich auf Dutzende von anderen Fällen anwenden.

Dass sich die Gerichte dieses Hilfsinstrument bedienen müssen, um den Abmahnungsmissbrauch ein wenig einzudämmen, zeigt lediglich die Inkompetenz des Gesetzgebers.

Hinsichtlich Praxis der Streitwertfestsetzung in Wettbewerbssachen: Da gibt es aus dem Jahre 1980 eine Untersuchung des MPI dazu (Kur, "Streitwert und Kosten in Verfahren wegen unlauteren Wettbewerbs: Abmahnung, einstweilige Verfügung, Hauptsacheklage, Streitwertbegünstigung", Köln 1980). Wenn man dort einmal hineinschaut, dann lässt sich traurigerweise eigentlich nur eines feststellen: Nämlich dass die Streitwerte - vorsichtig formuliert - extrem subjektiv festgelegt werden und u.a. das LG Hamburg neben dem LG München mit den Streitwerten stets im oberen Bereich liegt.

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Liebe Mitstreiter,

besten Dank für die vielfältigen und spannenden Rückmeldungen. Ich zweifele, lieber Herr Dr. Bahr, ob die Streitwertentscheidungen wirklich "extrem subjektiv" sind. Hinter der scheinbaren Subjektivität steckt m.E. Kalkül, das aber selten nach außen hin transparent gemacht wird. Das OLG Düsseldorf hat das jetzt mal versucht und kurz begründet, wieso nur 900 Euro. Ich suche nach diesen Kalkülüberlegungen und bin sicher, daß da auch Ökonomie eine Rolle spielt: Will man ein Thema häufiger in einem Gericht behandelt wissen? Oder schreckt man Anwälte durch niedrigere Streitwerte ab? Braucht der Gerichtsstandort mehr laufende Verfahren? Oder nicht?

Der Hinweis auf die Studie von Kur ist richtig; die Studie ist allerdings überaltet und sehr positivistisch (ohne rechtstheoretische Hintergrundüberlegungen).

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Liebe Kollegen,

ich kann die Argumentation aus Düsseldorf ehrlich gesagt nicht ganz nachvollziehen. Im Vergleich zur sonst üblichen Wertfestsetzung im Wettbewerbsrecht sind 900,- EUR ein extrem auffälliger "Ausreißer" nach unten. Selbst kleinste Wettbewerbsverstöße werden nach meiner Erfahrung oft noch mit 10.000,- EUR angesetzt. Damit ist offensichtlich, dass - wie ja letztlich auch zugegeben wird - über das Instrument der Streitwertfestsetzung eine Steuerungswirkung beabsichtigt ist. Die Begründung des OLG Düsseldorf ist doch dafür nur das juristische "Deckmäntelchen". Und hier finde ich, stellt sich eine prinzipielle Frage: Ist es in Ordnung, dass Gerichte auf diese Weise die eklatanten Fehler des Gesetzgebers (Stichwort: Musterwiderrufsbelehrung) ausgleichen? Ich finde, hier kommen plötzlich Aspekte eines korrigierenden "gesunden Rechtsempfindens" ins Spiel, die in der Rechtsprechung eigentlich nichts zu suchen haben sollten.

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Wenn auch die Streitwerte bisher oftmals von anderen Gerichten unrealistisch hoch angesetzt wurden, so ist die Streitwertfestsetzung des OLG Düsseldorf von ausgezeichnet gesundem Menschenverstand und wachem Geist für die Realität geprägt, was vermutlich auch an der besonderen Fachkenntnis des Senats liegt. Denn eine mögliche Argumentation an anderen Gerichten "das haben wir schon immer so - und vielleicht auch falsch - gemacht", ohne Berücksichtigung aktueller Entwicklungen, würde gerade keinesfalls Platz greifen.

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Die deutliche Herabsetzung des Gegenstandswertes bei Bagatellverstößen wie falschen Widerrrufsbelehrungen, fehlenden Kundeninformationen etc. finde ich begrüßenswert. Beim Landgericht Berlin findet übrigens nunmehr ebenfalls ein Umdenken statt. Sind hier in der Vergangenheit teilweise Gegenstandswerte um EUR 30.000 angenommen worden, so will jedenfalls der Vorsitzende der 16. Kammer in Zukunft nur noch einen Wert iHv 1.500 EUR annehmen.

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Besten Dank, Herr Jüngst, für Ihre Rückmeldung.
Wäre es nicht mal Zeit, Streitwertentscheidungen besser zu dokumentieren? Viele Redaktionen bei Fachzeitschriften streichen bei der Veröffentlichung die kurzen Hinweise am Ende einer Entscheidung zu den Streitwerten. Dabei entscheidet gerade der Streitwert über die ökonomische Zukunft einer Streitkuktur und damit auch einer Rechtsfrage.

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Nun ja.

Aus der Sicht eines erstinstanzlichen Richters am Landgericht mag es durchaus Sinn haben, den Streitwert auf unter 5.000 Euro zu reduzieren... insbesondere dann, wenn man eine Reduzierung der monatlichen Eingänge anstrebt... Aus anwaltlicher Sicht ist im Rahmen der Beratung bei einer erheblichen Herabsetzung der Streitwerte zu bedenken, dass sich das Kostenrisiko des Klägers bei fehlender Durchsetzbarkeit des Kostenerstattungsbeschlusses erheblich vermindert; ich habe in den vergangenen Monaten Mandanten in Einzelfällen durchaus davon abgeraten, Unterlassungsansprüche gerichtlich durchzusetzen, wenn die Vermögenslosigkeit des Beklagten erkennbar war oder zumindest vermutet werden konnte. Die Entscheidung, gerichtlich nichts zu veranlassen, dürfte bei einer Streitwertherabsetzung in diesen Fällen anders ausgefallen sein.

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Mir stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob nicht gerade vor dem Hintergrund der zwar noch nicht umgesetzten (gleichwohl seit längerem überfälligen) Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken eine Berücksichtigung sowohl der Verbraucherinteressen als auch des Abschreckungsgedankens gerade bei der Bestimmung der Höhe des Streitwerts in Betracht gezogen werden sollte.
Ziel der Richtlinie ist eine weitgehende Vollharmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken, welche die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher unmittelbar und dadurch die wirtschaftlichen Interessen der rechtmäßig handelnden Mitbewerber lediglich mittelbar schädigen. Vorrangigstes Ziel der Richtlinie ist mithin die Etablierung eines gleichmäßig hohen Verbraucherschutzniveaus im Bereich des Lauterkeitsrechts, wobei nach Art. 11 Abs. 1 Unterabsatz 1 auch und gerade die Mitbewerber aufgerufen sind, diesen unmittelbar angestrebten Verbraucherschutz (aufgrund ihrer mittelbaren Selbstbetroffenheit) wahrzunehmen und gegebenenfalls gerichtlich durchzusetzen. Soweit mithin der Anwendungsbereich der für die Mitgliedstaaten weitgehend zwingenden Richtlinie betroffen ist, ist die Annahme, ein Mitbewerber nehme nicht ausschließlich seine eigenen Interessen, sondern jedenfalls auch diejenigen der betroffenen Verbraucher wahr, meines Erachtens nicht so fernliegend.
Hinzu kommt, dass die Richtlinie die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, zur effektiven Durchsetzung des von der Richtlinie geregelten Bereichs und damit vor allem im Interesse eines effektiven Verbraucherschutzes Sanktionen bei Verstößen gegen die Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie bereitzustellen, die wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen.
Da sich in dem vorhandenen Sanktionssystem des geltenden Lauterkeitsrechts sowohl der Schadensersatzanspruch als auch der Gewinnabschöpfungsanspruch in aller Regel als äußerst stumpfe Schwerter im Kampf gegen unlauteres Wettbewerbsverhalten darstellen, kann die (meines Erachtens zu Recht) geforderte Abschreckungswirkung der Sanktionen bei einem isoliert geltend gemachten Unterlassungsanspruch nur im Rahmen der Streitwertbestimmung Berücksichtigung finden. Ein Verstoß gegen Vorgaben aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie sollte unabhängig davon, wer ihn gerichtlich geltend macht, bei einer Gesamtbetrachtung der rechtlichen Konsequenzen derart unattraktiv werden, dass sich seine Begehung aus wirtschaftlicher Sicht nach Möglichkeit nicht lohnt, um auf diesem Wege auch andere Mitbewerber von einer Nachahmung des Verstoßes abzuhalten bzw. zur Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs anzuhalten. Da nach dem derzeitigen Referentenentwurf zur Änderung des UWG keine Änderungen im Sanktionssystem des UWG geplant sind, stellt sich mir die Frage, wie die geforderte Abschreckungs- und damit die gleichzeitig intendierte Lenkungs- und Erziehungswirkung in Bezug auf die übrigen Marktteilnehmer bei einfachen Unterlassungsansprüchen ansonsten erreicht werden könnte?

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@ A. Hecker:

Grundsätzlich teile ich Ihre Einschätzung. Sicherlich macht es keinen Sinn, diejenigen zu belohnen, die grobe Fehler bzw. bewusste Einschränkungen von Verbraucherrechten in ihren Belehrungen haben.
Aber davon abgesehen, sind wir im Bereich der Widerrufsbelehrungen doch offensichtlich in einer Sondersituation. Schließlich weiß im Moment niemand genau, wie DIE richtige Widerrufsbelehrung aussieht. Jeder, der sich mit Materie befasst, wird schnell feststellen, dass die Gerichte im Detail sehr unterschiedliche Rechtsauffassungen haben und teilweise sogar hausintern (je nach Senat) unterschiedliche Meinungen vertreten werden. Ich meine, dies ist schon Sanktion genug.

Beste Grüße aus Düsseldorf

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Die gegenwärtig sich entwickelnde Streitwertdiskussion in Bezug auf wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche war m.E. längst überfällig. Die Orientierung an Regelwerten halte ich jedoch - unabhängig davon ob sie hoch oder niedrig sind - weiterhin für falsch. Sowohl § 3 ZPO als auch § 23 Abs. 3 S. 2 RVG erfordern eine Schätzung nach billigem Ermessen, wobei jeweils die konkreten Umstände maßgeblich sind. Für Regelstreitwerte ist insoweit kein Raum.

Ich zitiere mal aus einer kürzlich verfassten Streitwertbeschwerde:

"Der Streitwert der Unterlassungsklage entspricht dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin an der Verwirklichung des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs, kurz dem Unterlassungsinteresse oder Angriffsfaktor. Dieses bemisst sich wiederum nach der Umsatzeinbuße des Anspruchstellers, die infolge des gerügten wettbewerbswidrigen Verhaltens des Anspruchsgegners binnen eines Jahres zu befürchten ist (vgl. BGH, Beschl. v. 21.06.1995, Az.: XII ZR 91/95; OLG Bamberg, Beschl. v. 11.08.1998, Az.: 3 W 86/98 = OLGR Bamberg 1999, 246-247).

Maßgeblich ist jedenfalls allein das Interesse der Antragstellerin. Interessen Dritter oder der Allgemeinheit spielen keine Rolle(vgl. BGH GRUR 1977, 758 - Kaffee-Verlosung II; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 12 UWG Rdn. 5.6; Spätgens in Gloy/Loschelder, Handb. d. WettbR, 3. Aufl., § 80 Rdn. 2).

Das Unterlassungsinteresse/der Angriffsfaktor ist nach objektiven Maßstäben zu bestimmen und hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm a.a.O.; Spätgens a.a.O.).

Zu berücksichtigen sind insbesondere folgende Gesichtspunkte:

- Die Unternehmensverhältnisse beim Verletzer und beim Verletzten;
- Umsätze, Größe, Wirtschaftskraft und Marktstellung der Unternehmen;
- Intensität des Wettbewerbs zum Verletzten in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht;
- Ausmaß, Intensität, Häufigkeit und Auswirkungen möglicher künftiger Verletzungshandlungen;
- Intensität der Wiederholungsgefahr;

Wichtigster Anknüpfungspunkt für die Streitwertschätzung ist demnach der relevante Umsatz des Anspruchstellers, also der bei störungsfreiem Wettbewerb zu erwartende Umsatz im von der gerügten Wettbewerbsverletzung betroffenen Geschäftsbereich. Davon ausgehend sind dann konkrete Schätzungen über die zu erwartenden Einbußen anhand der vorgenannten Kriterien vorzunehmen.

Wenn die Streitwertschätzung des Anspruchstellers dem Gericht plausibel erscheint und diese vom Anspruchsgegner nicht bezweifelt wird, kann - wie bisher - auf die Schätzung des Anspruchstellers zurückgegriffen werden. Erscheint die Streitwertschätzung jedoch aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung oder aufgrund des Vortrags der Parteien als zu hoch oder zu niedrig, obliegt es m.E. dem Anspruchsteller, den relevanten Umsatz konkret zu beziffern, da anderenfalls eine Streitwertschätzung des Gerichts nach pflichtgemäßem Ermessen kaum möglich ist.

Ich hoffe, dass die Gerichte die Streitparteien insoweit zukünftig stärker in die Pflicht nehmen, und das sie gleichzeitig ihre eigenen Bemühungen um einzelfallbezogene Streitwertfestsetzungen intensivieren.

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Die Begründung der Streitwertentscheidung ist nach den zu Grunde
liegenden Kriterien sicherlich nicht angreifbar. Denn dass sich
der Streitwert nach dem Interesse des Antragstellers an der Unterlassung
bemisst, ist nicht neu und wird soweit ersichtlich nicht angegriffen.
Bedenklich ist aber die auch in der Einleitung genannte Motivation
"den Spaß an der Abmahnung" zu verderben. Denn darin liegt bereits die
Unterstellung, die Abmahnung sei mißbräuchlich und es gehe nicht
um die Beseitigungs des Wettbewerbsverstosses sondern um die Erzielung
der Anwaltsgebühren.

Der vom Gericht gewählte Ansatz, den Streitwert in bestimmten Fällen
zu reduzieren, ist grundsätzlich zu befürworten. Diese dem bestehenden
System innewohnende Möglichkeit ist den Bestrebungen des Gesetzgebers
nach einer gesonderten Gebührenbestimmung auf 50 Euro vorzuziehen.
Die praktische Ausübung der Streitwertbestimmung ist im vorliegenden
Fall aber nicht überzeugend gelungen. Denn die Begründung ist formelhaft
und tatsächlich hinsichtlich der zu Grunde liegenden Feststellungen spekulativ.
Sie wird im Ergebnis dazu führen dass die Instanzgerichte sie eins zu eins
übernehmen und ohne konkretze Erhebungen im EInzelfall genau so
spekulativ bestimmte Interessen unterstellen.

Richtiger wäre es, relationsmäßig vorzugehen. Bei der Bestimmung des
Interesses ist grundsätzlich vom Vortrag des Antragstellers und seiner
Wertbestimmung auszugehen. Abweichungen sind diesbezüglich nur angebracht,
wenn ein notwendiges und hinreichendes Bestreiten des Antragsgegners
vorliegt. Gegebenefalls sollte auch diesbezüglich Beweis zu erheben sein.

Leider sieht die Wirklichkeit so aus, dass die Gerichte bei der Bestimmung
des Streitwerts allzuoft mit spekulationen an statt mit Fakten argumentieren.

@RA Exner:
Die Entscheidung des LG Bonn zeigt noch deutlicher die Missbräuchlichkeit
der richterlichen Einstellung. Massenabmahnungen sind für sich genommen nicht
missbräuchlich. Ein Richter, der in einen Fall mit der Einstellung geht,
einem abstrakten "Abmahnwesen" durch manipulation des EInzelfalls beizukommen
begründet bereits die Besorgnis der Befangenheit.

Neben der Sache, dürfte wohl auch die Argumentation sein,
ein Marktteilnehmer habe seine Marktbeobachtungspflicht verletzt, weil ihm
ein Wettbewerbsverstoss erst zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Kenntnis
gelangt ist. Bei der vielzahl an Marktteilnehmern ist es praktisch
unmöglich zeitnah alle Handlungen seiner Mitbewerber zur kenntnis zu nehmen
und diese auch noch juristisch korrekt zu bewerten.

Ebenso abwegig ist die daraus gezogene Konsequenz, der
Marktteilnehmer verliere seinen Verfügungsanspruch. Diesen kann er erst
bei Kenntnis des Wettbewerbsverstosses verlieren, wenn er untätig bleibt.

Letztlich sollte man in der Diskussion nicht verdrängen, dass es in all
diesen Fällen um eine wettbewerbswidrige Handlung des Abgemahnten geht, der
infolge dessen nicht schutzbedürftig ist. Er hätte sein diesbezügliches
Handlen von vornherein vermeiden müssen. Die Gerichte sind auch nicht dazu
berufen, ihre Arbeitsbelastung durch Kreativität nahe der Rechtsbeugung
zu minimieren. Letztlich ist es die Aufgabe des Staates auch massenhaft
auftretendes wettbewerbswidriges Verhalten zu bekämpfen. Die Abmahnungen
entlasten außerdem die Gerichte, weil sie den Abgemahnten außergerichtlich
auf sein fehlerhaftes Verhalten hinweisen.
Wenn der Abgemahnte die dafür angefallenen Kosten nicht erstatten will und
hierüber dann prozessiert wird, ist dies kein schuldhaftes Verhalten des
Abmahnenden sondern eine Selbstverständlichkeit, die von der Richterschaft
(ohne Zähneknirschen) hinzunehmen ist.

Die Gerichte existieren im übrigen ausschließlich zur Gewährung
von Rechtsschutz. Rechtsstreitigkeiten sind somit die Existenzberechtigung
der Gerichte. Es ist angesichts dessen schon als Perversion zu bezeichnen,
wenn in unsererm Rechtsstaat die Gedanken (so scheint es) nur noch darum kreisen,
wie man den Zugang zu den Gerichten möglichst unbequem gestalten kann.
Äußerst wohlfeil und rechtlich unzulässig ist dabei auch die vielerorts
angestellte Untescheidung zwischen wichtigen und angeblich weniger wichtigen
Fällen. Denn vor dem Gesetz sind alle Fälle gleich wichtig. Eine
Differenzierung am Streitwert ist lediglich beim Zugang zum Instanzenzug
erlaubt, weil das BVerfG der Auffassung ist, dass dieser verfassungsrechtlich
nicht geboten ist. Aus dieser Fakultativität ist folglich auch der Zugang zum
Instanzenzug beschränkbar über den Streitwert. Aber eben nicht eine
grundsätzliche Wichtigkeitseinteilung oder daran anknüpfende juristische
Kunstgriffe.

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Ist die gängige Praxis des LG München bekannt? Mir liegt eine Abmahnung eines Münchner Kollegen wegen fehlender Widerrufsbelehrung eines Händlers bei Amazon vor. Der Kollege meint, das LG München würde (noch immer) EUR 10.000 als Gegenstandswert ansetzen.

Freue mich über Rückmeldungen!

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Mit Interresse habe ich als Nichtjurist die Beiträge hier gelesen.

Prinzipiell habe ich nichts gegen das UWG, sowie die Möglichkeit des Sanktionierens der Verstöße durch Wettbewerber.Aber solange die gesetzlichen Regelungen nicht eindeutig und klar sind und sich eine einheitliche Rechtssprechung als Utopie herausstellt kann von den Händlern nicht erwartet werden das sie sich immer zu 100 % rechtskonform verhalten.

Allein die Diskussion um die WRB zeigt, das dies schier unmöglich ist.

Hauptanliegen eines gewerblichen Händlers ist es in aller Regel seine Kundschaft zufrieden zu stellen um diesen an sich zu binden. Dies ist gerade im Internet nur durch Service und preiswerte ( nicht zu verwechseln mit billiger ) Ware zu bewerkstellen. Preis & Qualität sowie der Service müssen stimmen, dann kommt der Kunde auch wieder. Dazu gehört auch, das in der Praxis Reklamationen und Widerrufe viel unkomplizierter abgehandelt werden als es im Gesetz steht. Wenn ich dann sehe welche Wellen an Abmahnungen zu diesem Thema durch Internet gehen, dann frage ich mich warum das so ist.

Weil die Rahmenbedingungen nicht stimmen.

Hier ist der Gesetzgeber gefordert, den das jetztige Konstrukt des UWG, der fliegende Gerichtsstand und der Kostenerstattungsanspruch wird von einigen schwarzen Schafen der Rechtsanwaltschaft als Gelddruckmaschine mißbraucht.

Wie ein Händler mit 3000 € Umsatz mit > 200 Abmahnungen wettbewerbsrechtliche Nachteile von 200 * 15000 € geltend machen kann entzieht sich meiner Logik.

Wenn Richter den Hinweis auf die Rechtsmissbräuchlichkeit gar nicht näher prüfen, bzw durch "substantiierte" Angaben des Klägers, die der Beklagte natürlich nicht zu sehen bekommt als nicht gegeben erachten, ja dann hätte sich der Gesetzgeber in seiner unendlichen Güte und Weisheit den §8 Abs 4 UWG sparen können. Wie soll denn der Rechtsmissbrauch denn nachgewiesen werden ??

Allein diese Art der Rechtssprechung sollte mal im Hinblick auf Artikel 3 Abs. 1 des GG geprüft werden.

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich...

Nachsatz des juristischen Laien : Kommt drauf an wo sie verklagt werden.

In diesem Sinne einen schönen Abend noch

 

 

 

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