BMJ stellt neue Straftatbestände zur Verfolgung der Vorbereitung terroristischer Straftaten vor

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 29.04.2008

Sanktionierung der Vorbereitung einer Straftat durch Einzeltäter

Außerhalb des von § 129a StGB und § 129b StGB erfassten Bereichs der terroristischen (mindestens drei Mitglieder umfassenden) Vereinigung ist nach geltendem Recht - abgesehen von den Fällen des § 30 StGB, insbesondere der versuchten Anstiftung und der Verbrechensverabredung - die Vorbereitung von schweren Gewalttaten lediglich dann strafbar, wenn die geplante Tat wenigstens in das Versuchsstadium gelangt ist. Der Referentenentwurf zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren Gewalttaten (GVVG) will die Strafbarkeit von organisatorisch nicht gebundenen Gewalttätern "vorverlagern". Insbesondere bei "Selbstmordattentaten" sei die Phase zwischen Vorbereitung, Versuch und Vollendung außerordentlich kurz : "Es wäre nicht hinnehmbar, wenn Strafverfolgungsbehörden wegen fehlender Strafbarkeit von Vorbereitungshandlungen die Festnahme des Täters sachwidrig hinauszögerten, um so den Eintritt in das Versuchsstadium und damit eine Strafverfolgung zu ermöglichen."

Der Entwurf des neuen § 89a StGB (Vorbereitung einer schweren Gewalttat) definiert Im Einzelnen abschließend strafbare Vorbereitungshandlungen. Dazu zählen die Ausbildung und das Sich-Ausbilden-Lassen, um eine schwere Gewalttat zu begehen, die Herstellung, das Sich-Verschaffen, Überlassen oder Verwahren von Waffen, bestimmten Stoffen (zum Beispiel Viren, Giften, radioaktiven Stoffen, Sprengstoffen) oder besonderen zur Ausführung der vorbereiteten Tat erforderlichen Vorrichtungen (beispielsweise von Zündern sowie das Sich-Verschaffen oder Verwahren von erforderlichen wesentlichen Gegenständen oder «Grundstoffen», um diese Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen herzustellen. Schließlich listet der Entwurf noch die Finanzierung eines terroristischen Anschlags. Der Strafahmen sieht Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorgesehen.

 

Verbreiten und Sich-Verschaffen von terroristischen "Anleitungen"

Der neue § 91 StGB-E erfasst in Absatz 1 das Verbreiten oder das Anpreisen von terroristischen «Anleitungen» - beispielsweise im Internet - und bedroht diese Verhaltensweisen mit bis zu drei Jahren Haft, wenn die Anleitung nach den Umständen ihrer Verbreitung geeignet ist, die Bereitschaft anderer zu fördern oder zu wecken, eine schwere Gewalttat zu begehen. Entscheidende Neuerung in § 91 StGB sei, dass eine solche Anleitung vom Täter nicht mehr dazu «bestimmt» sein müsse, eine bestimmte Gefährdung eintreten zu lassen. Dieses Tatbestandsmerkmal habe den Strafverfolgern in der Vergangenheit die Arbeit wesentlich erschwert, da es wegen seines subjektiven Gehalts schwierig nachzuweisen sei. Ebenfalls bestraft werden soll, wer sich eine solche Anleitung (zum Beispiel durch Herunterladen aus dem Internet) zur Begehung einer solchen Gewalttat verschafft. Ausgenommen von der Strafbarkeit sind solche Handlungen, die ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger beruflicher oder dienstlicher Pflichten oder der Forschung, Wissenschaft oder Lehre dienen.

 

Die Aufnahme von Beziehungen zwecks Ausbildung in einem "Terrorcamp"

Der zweite Absatz der Vorschrift soll es nach Auskunft des Ministeriums ermöglichen, mit strafrechtlichen Mitteln gegen Personen vorzugehen, die sich beispielsweise in so genannten terroristischen Ausbildungslagern die zur Begehung einer schweren Gewalttat erforderlichen Fertigkeiten aneignen wollen. Erfahrungsgemäß gehe dem Aufenthalt in so genannten Terrorcamps die Vermittlung durch Personen voraus, die terroristischen Vereinigungen zugerechnet werden könnten. Die Bundesregierung will hier die zielgerichtete Kontaktaufnahme als Anknüpfungspunkt der Strafbarkeit nehmen. Wer Beziehungen zu einer terroristischen Vereinigung mit dem Ziel aufnehme oder unterhalte, sich in der Begehung einer schweren Gewalttat unterweisen zu lassen, begründe schon zu diesem Zeitpunkt eine abstrakte Gefahr für Leib oder Leben potenzieller Opfer, so das Justizministerium. Dies rechtfertige eine Strafbewehrung eines solchen Verhaltens.

 

Ergänzende Begleitregelungen im Verfahrensrecht

Verfahrensrechtlich werden die beiden neuen Tatbestände durch Begleitregelungen ergänzt. Die Strafverfolgungsbehörden sollen auf die Ermittlungsmaßnahmen zurückgreifen können, die bereits nachgeltendem Recht für die Terrorismusbekämpfung zur Verfügung stehen. Eine Änderung des GVG soll dem Generalbundesanwalt die Möglichkeit eröffnen, bei Straftaten nach § 89a StGB-E die Strafverfolgung zu übernehmen, wenn es sich um einen Fall mit besonderer Bedeutung handele.

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