BVerfG: Vizepräsident Winfried Hassemer scheidet aus dem Amt

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 06.05.2008
Rechtsgebiete: BundesverfassungsgerichtHassemerStrafrecht|3482 Aufrufe

Unter der Leitung von Hassemer verhandelte der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts viele Aufsehen erregende Fälle. Exemplarisch sei an dieser Stelle der Fall einer Sexualbeziehung zwischen zwei Geschwistern genannt, aus deren Verbindung auch Kinder hervorgingen. Die Entscheidung im Fall des Geschwisterinzests vom 26.02.2008 (NJW 2008, 1137) wurde in der Öffentlichkeit mit Spannung erwartet, ebenso eine Entscheidung von 2003, in der entschieden wurde, dass Eltern bei einer Strafvehandlung gegen ihr minderjähriges Kind ein Anwesenheitsrecht haben (FPR 2003, 266). Zu nennen sind außerdem die Herausgabe der Münchner St. Salvator Kirche an den Freistaat Bayern zwecks Übergabe an die „Metropolie von Deutschland“ 1998 (NJW 1999, 2430), die strafrechtliche Rehabilitierung eines von einem DDR-Militärgericht wegen Fahnenflucht Verurteilten im Jahr 1999 (JuS 2000, 502) und die Entscheidung über die genaue Definition des Begriffs Gefahr im Verzug bei einer Wohnungsdurchsuchung, mit der das Bundesverfassungsgericht 2001 den Ermittlungsbehörden strenge Maßgaben zu beachten aufgab (JuS 2001, 701). 2005 wurden die Zulässigkeitsanforderungen an revisionsrechtliche Verfahrensrügen (NJW-Spezial 2005, 328) genau untersucht, 2007 die Strafzumessungskompetenz des Revisionsgerichts genau definiert (NJW 2007, 2977).

Winfried Hassemer ist am 17.02.1940 in Gau-Algesheim am Rhein geboren. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft, das er 1963 mit dem Ersten Staatsexamen abschloss, war er von 1963 bis 1969 als Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Rechts- und Sozialphilosophie der Universität des Saarlandes tätig. Dort wurde er 1967 promoviert. Nach dem Zweiten Staatsexamen war Winfried Hassemer von 1970 bis 1972 als Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Rechtsphilosophie der Ludwig-Maximilian-Universität München tätig und schloss dort seine Habilitation ab. Seit 1973 ist Winfried Hassemer ordentlicher Professor für Rechtstheorie, Rechtssoziologie, Strafrecht und Strafverfahrensrecht an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Von 1991 bis 1996 war er Hessischer Datenschutzbeauftragter. Er erhielt die Ehrendoktorwürde durch die Universität Thessaloniki (1998), die Bundesuniversität Rio de Janeiro (2001), die Universität Lusiada in Lissabon (2004) und die Universität Pablo de Olavide in Sevilla (2005). 2005 wurde er Honorarprofessor der Renmin University of China.

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