Einem geschenkten Gaul schaut man wohl ins Maul!

von Dr. Ulrike Unger, veröffentlicht am 14.05.2008
Rechtsgebiete: GeschenkeKorruptionRichtlinieCompliance1|3462 Aufrufe

Feste Wertgrenzen für Geschenke im unternehmerischen Verkehr?

Letzte Woche, auf einer unserer Mandantenseminare der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft München, zum Thema "Das geltende und das kommende Korruptionsstrafrecht  als Compliance-Herausforderung für Unternehmen"  wurde u.a. auch die Gestaltung von Mitarbeiterrichtlinien zum Umgang mit Geschenken behandelt (zu diesem Themenbereich siehe bereits meinen Beitrag im beck-blog vom 08.05.2008 "Risiko EM-Tickets?"). Nach der gesetzlichen Lage kann es keine feste Wertgrenze für die Annahme oder auch die Vergabe von Geschenken geben (vgl. auch den Fall Philips unter faz.net). So können in Extremfällen auch schon kleinste Beträge strafrechtlich relevant sein. Diese an sich eindeutige Feststellung, hatte eine lebhafte Diskussion ausgelöst. Offensichtlich besteht verbreitet die Auffassung, dass man in solchen Richtlinien Wertgrenzen von EUR 30,00 bis EUR 50,00, bis zu denen Geschenke angenommen oder angeboten werden können, bedenkenlos ansetzen kann. Tatsächlich enthalten viele Richtlinien von Unternehmen solche starren Wertgrenzen. Es wird dann darauf verwiesen, dass aus Praktikabilitätsgründen Wertgrenzen zwingend erforderlich seien. Meiner Ansicht zeigt dies wieder einmal, wie wichtig die sorgfältige Formulierung solcher Richtlinien ist und dass diese unbedingt mit Mitarbeiterschulungen gepaart werden müssen. Mich würden hierzu Ihre Erfahrungen und Meinungen interessieren.

 

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Nachfolgendes ist meine persönliche Meinung und kein juristischer Expertenbeitrag!

Sehr geehrte Frau Dr. Unger,

leider ist kürzlich versucht worden, in meine Wohnung einzubrechen. Den zwei Kriminalbeamten, die nach Spuren suchten, bot ich ein Getränk (Tasse Kaffee) an. Beide lehnten dankend ab. Dieses Verhalten befremdete mich erst, - nach dem Motto: Ein Getränk anzubieten kann doch keine Korruption sein, sondern ist Zeichen von Höflichkeit! - gefiel mir schließlich als Innenrevisor sehr. Die Beamten berichteten, dass diese Ablehnungen gerade bei Bewohnern mit Migrationshintergrund Verwirrung hervorruft und teilweise als sehr unhöflich empfunden wird.

Trotzdem halte ich dieses Verhalten für sehr gut.

Warum sollte jemand, den ich nicht noch einmal sehe, mir ein Geschenk zukommen lassen? Sicherlich gibt es Fälle, in denen dies aus Dankbarkeit passiert (eine nicht erwartete schnelle Bearbeitung, eine gelungene Operation). Trotzdem sollte es ein kategorisches Verbot geben (um dem Anschein entgegenzuwirken, dass man eine schnelle Bearbeitung erreichen kann, wenn man bei diesem bearbeiter kleine Präsente überreicht). Statt der Annahme von "kleinen" Geschenken, kann es zur Regel werden, dass der Beschäftigte antwortet: "Vielen Dank, aber wir dürfen keine Geschenke annehmen. Wenn Sie unbedingt etwas Gutes tun wollen, dann können Sie den Betrag einem gemeinnützigen Verein spenden" (ohne einen konkreten zu benennen).

Hinzu kommt das Problem (was meines Erachtens menschlich ist), dass bei demjenigen, der das Geschenk für die schnelle Bearbeitung erhalten hat, ein Anspruchsdenken entsteht bzw. entstehen kann. Es können bewusst oder unbewusst Fragen entstehen: Warum erhalte ich denn von dem neuen Antragsteller kein Geschenk, wo ich doch dieses Mal noch schneller den Antrag bearbeitet habe? Ist der geizig?!
Und wer kann schon den Kaufpreis für einen Kugelschreiber genau einschätzen? Selbst eine vorgezeigte Quittung kann verwechselt worden sein und es stellt sich später heraus, dass der Preis für den Kugelschreiber doch die Wertgrenze überschritten hat. Und dann? Formal - ich bin kein Jurist - hätte der Beschäftigte sich nun also korrumpieren lassen?! Auf jeden Fall für alle eine unangenehme Situation.

Also: Meinerseits ein klares Nein zu Wertgrenzen und ein klares Verbot für die Annahme von Geschenken.

Wenn ich prüfe und die angebotene Tasse Kaffee getrunken habe,
bezahle ich diese mit 0,50 EUR (am Automaten hätte ich auch etwas bezahlen müssen). Mit einem blinzenden Auge: Ich hoffe, dass dies nicht zu viel und nicht zu wenig ist ...

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