Ausnahmen von Sperrfrist und Fahrverbot

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 27.05.2008

Immer wieder finden sich in (vor allem amtsgerichtlichen) Urteilen Fälle, in denen trotz eigentlich richtiger gänzlicher Fahrerlaubnisentziehung und Sperre (§§ 69, 69a StGB) oder üblicherweise alle Klassen umfassendem Fahrverbot (§§ 44 StGB oder 25 StVG) einzelne Fahrzeugarten ausgenommen werden.

Aktuell veröffentlicht ist etwa eine Entscheidung des AG Kiel v. 10.4.2007 - 35 C 554 Js 351/07 - 191/07 in SVR 2008, 146. Hier waren Fahrzeuge der Bundeswehr der Klassen B und CE mit Anhänger von der Sperre des § 69a StGB ausgenommen worden.

Beim Ausnehmen von der Sperre nach § 69a Abs. 2 StGB ist erforderlich, dass der Zweck der Maßregel nicht gefährdet wird (ähnlich ist dies für das Ermittlungsverfahren in § 111a StPO) übernommen. Beim Fahrverbot wird auf den Erziehungseffekt des nur beschränkten Fahrverbotes bzw. die Unverhältnismäßigkeit des vollumfassenden Fahrverbots abgestellt.   

Unabhängig von der Frage dieser Voraussetzungen für eine beschränkte Sperre/ein beschränktes Fahrverbot: Erscheint ein Ausnehmen/eine Beschränkung eigentlich für andere gleichermaßen Betroffene Fahrzeugführer "gerecht"? Bedarf es eines milden Richters, vielleicht auch eines besonders engagierten Richters, eines guten Verteidigers oder gar eines eigenen besonders "dramatischen" Auftritts des Betroffenen/Angeklagten in der Hauptverhandlung,  um eine derartige Ausnahme zu bekommen? Oder ist die Ausnahme/Beschränkung regelmäßig ein "Deal" im Straf- und OWi-Verfahren? Wie sind Ihre Erfahrungen hiermit? Oder: Wie sehen Sie dies?

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4 Kommentare

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Ich denke, dass eine Ausnahme wie die von Ihnen genannte bezüglich der Bundeswehrfahrzeuge, in Einzelfällen durchaus für sinnvoll. Es muss ja nicht immer gleich die Existenz durch ein Fahrverbot auch im beruflichen Bereich gefährdet werden, wenn der Erziehungseffekt durch ein Fahrverbot im privaten Bereich schon ausreicht. Hängt natürlich vom Einzelfall ab. Aber gebietet nicht schon das Verhältnismäßigkeitsprinzip, die Maßregel auf das mildest mögliche Mittel mit dem selben Effekt zu beschränken?

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...letztlich ist das natürlich genau das Argument was immer im Hintergrund steht. Wie sehen SIe es aber z.B. nach einer Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB), durch die sich der Beschuldigte ja gem. § 69 Abs. 2 StGB als ungeeignet erweist? Tritt da das Sicherungsbedürfnis der anderen Verkehrsteilnehmer vielleicht weiter in den Vordergrund?

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Letztendlich wird das natürlich immer eine Frage des Einzelfalls sein. In dem von Ihnen genannten (wie ich finde sehr schönen) Beispiel über eine Ausnahme für Bundeswehrfahrzeuge würde ich aus dem Bauch heraus argumentieren, dass bei der Bundeswehr über die allgemeinen verkehrsrechtlichen Vorschriften hinaus ja noch ein ziemlich strenger Disziplinierungsapparat dem Fahrer im Nacken sitzt. Das könnte zumindest Anlass dafür sein, dass eine Gefährung anderer Verkehrsteilnehmer durch Trunkenheit während Dienstfahrten nicht zu erwarten ist.

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ja, so wird ja auch immer argumentiert, wenn es um das Ausnehmen von Fahrzeugarten bei der Sperre (bzw. der beschränkten vorl. FE-Entziehung nach § 111a StPO) geht: Ist trotz der bestehenden Ungeeignetheit die Gefahr für den Maßregelzweck "abgeschirmt"?

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