BVerfG: Kein Familienzuschlag für Beamte in homosexueller Lebenspartnerschaft

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 03.06.2008

Das BVerfG hat mit einem heute veröffentlichten Beschluss vom 3.5.2008 (2 BvR 1830/06) die Verfassungsbeschwerde eines homosexuellen Beamten zurückgewiesen, mit der er die besoldungsrechtliche Gleichstellung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe erreichen wollte. Das Besoldungsrecht des Bundes und der meisten Länder sieht nur für verheiratete, nicht aber für in einer Lebenspartnerschaft lebende Beamte die Zahlung eines Verheiratetenzuschlages vor. Mit Urteil vom 1.4.2008 hatte der EuGH in der Rechtssache Tadao Maruko (C-267/06) eine mittelbare Diskriminierung wegen der sexuellen Identität darin gesehen, dass nach der zu beurteilenden Versorgungsordnung Hinterbliebenenrente nur an Ehepartner des Verstorbenen, nicht aber an dessen Lebenspartner gezahlt wurde.

An dieses Urteil knüpft das BVerfG jetzt an und hält die mittelbare Benachteiligung für sachlich gerechtfertigt: Nach der Entscheidung des EuGH komme es darauf an, ob sich die Lebenspartner in einer Situation befänden, die in Bezug auf den Familienzuschlag mit der Situation von Ehegatten vergleichbar wäre. Dies sei zu verneinen. In Anknüpfung an die verfassungsrechtliche Wertung in Art. 6 Abs. 1 GG berücksichtige § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG den in der Lebenswirklichkeit anzutreffenden typischen Befund, dass in der Ehe ein Ehegatte namentlich wegen der Aufgabe der Kindererziehung und hierdurch bedingter Einschränkungen bei der eigenen Erwerbstätigkeit tatsächlich Unterhalt vom Ehegatten erhalte und so ein erweiterter Alimentationsbedarf entstehe. Demgegenüber habe der Gesetzgeber bei der eingetragenen Lebenspartnerschaft in der Lebenswirklichkeit keinen typischerweise bestehenden Unterhaltsbedarf gesehen, der eine rechtliche Gleichstellung nahe legen könnte. Auch wenn die Lebenspartnerschaft der Ehe bezüglich der gegenseitigen Unterhaltspflichten der Partner grundsätzlich entspreche, bestehe daher keine Gleichstellung bei den typisierenden Vereinfachungen im Bereich des Familienzuschlags.

Der Beschluss vermag kaum zu überzeugen. Der Familienzuschlag wird nämlich (wenn auch nur je zur Hälfte) sogar dann gewährt, wenn beide Ehegatten in einem Beamtenverhältnis stehen (§ 40 Abs. 4 BBesG). Dies belegt, dass der Gesetzgeber den Zuschlag nicht von der typischen Bedarfssituation eines allein verdienenden und seiner Familie allein zum Unterhalt verpflichteten Beamten abhängig gemacht hat.

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5 Kommentare

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Angesichts des heute veröffentlichten Beschluss des BVerfG vom 7.7. 2009 - 1 BvR 1164/07, abrufbar unter http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20090707_1bvr116...,

dürfte nun wohl ein grundlegender Rechtsprechungswandel angelegt sein, zumal  das Gericht von der Kammerentscheidung vom 6. Mai 2008 (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 1830/06 -, NJW 2008, S. 2325 zum beamtenrechtlichen Familienzuschlag) eine deutliche Absage erteilt (Rz. 112). Es ist daher zu erwarten, dass auch die Rechtsprechung zum Familienzuschlag bei Beamten damit gekippt wird.

Vgl. zum Widerstand gegen diese Rechtsprechung durch untere Instanzen etwa Greve/Schärdel, DVBl. 2009, 962 ff.

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Da es sich nicht um eine Familie im evolutinär biologischen Sinne handelt, gibt es auch keinen Familienzuschlag, ganz logische Subsumtion.

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Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 die Situation der Ehe und der Lebenspartnerschaft der Lebenswirklichkeit angepasst:

Ein Grund für die Unterscheidung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft kann nicht mit dem Bundesgerichtshof darin gesehen werden, dass typischerweise bei Eheleuten wegen Lücken in der Erwerbsbiographie aufgrund von Kindererziehung ein anderer Versorgungsbedarf bestünde als bei Lebenspartnern (so aber auch: BVerwGE 129, 129 ; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 1830/06 -, NJW 2008, S. 2325 zum beamtenrechtlichen Familienzuschlag). Nicht in jeder Ehe gibt es Kinder. Es ist auch nicht jede Ehe auf Kinder ausgerichtet. Ebenso wenig kann unterstellt werden, dass in Ehen eine Rollenverteilung besteht, bei der einer der beiden Ehegatten deutlich weniger berufsorientiert wäre. Bei der Hinterbliebenenversorgung aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat das Bundesverfassungsgericht die Orientierung an einer typisierten Normalehe mit einem Versorger und einem Haushälter schon im Jahr 1975 im Zweiten Witwerrentenurteil (BVerfGE 39, 169 ) für nicht mehr mit Art. 3 Abs. 2 GG vereinbar gehalten. Das in der gesellschaftlichen Realität nicht mehr typusprägende Bild der „Versorgerehe“, in der der eine Ehepartner den anderen unterhält, kann demzufolge nicht mehr als Maßstab der Zuweisung von Hinterbliebenenleistungen dienen. Die Ehe kann nicht mehr auf eine bestimmte Rollenverteilung festgelegt werden. Vielmehr entspricht es dem Recht der Ehegatten aus Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 GG, über die Art und Weise ihres ehelichen Zusammenlebens in gleichberechtigter Weise selbst zu entscheiden (vgl. BVerfGE 99, 216 ; 105, 313 ).
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Umgekehrt ist in eingetragenen Lebenspartnerschaften eine Rollenverteilung dergestalt, dass der eine Teil eher auf den Beruf und der andere eher auf den häuslichen Bereich einschließlich der Kinderbetreuung ausgerichtet ist, ebenfalls nicht auszuschließen. In zahlreichen eingetragenen Lebenspartnerschaften leben Kinder, insbesondere in solchen von Frauen. Darauf hat die Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule und Lesbische Paare e.V. in ihrer Stellungnahme hingewiesen. Nach einer Studie des Staatsinstituts für Familienforschung an der Universität Bamberg leben geschätzt etwa 2.200 Kinder in Deutschland, die in den derzeit rund 13.000 eingetragenen Lebenspartnerschaften aufwachsen (Rupp/Bergold, in: Rupp, Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, 2009, S. 282). Dieser tatsächliche Befund ist unabhängig von der bisher auf die Stiefkindadoption beschränkten Möglichkeit einer gemeinsamen rechtlichen Elternschaft. Damit liegt der Kinderanteil bei eingetragenen Lebenspartnerschaften zwar weit unter dem von Ehepaaren, ist jedoch keineswegs vernachlässigbar. Der Gesetzgeber hat dieser Realität durch die verschiedenen in § 9 LPartG enthaltenen Regelungen in Bezug auf Kinder eines Lebenspartners Rechnung getragen (vgl. auch BAG, Urteil vom 14. Januar 2009 - 3 AZR 20/07 -, NZA 2009, S. 489 ). Vergleichbar zur Ehe können auch in Lebenspartnerschaften Ausgestaltungen der Gemeinschaftsbeziehung gelebt werden, die bei einem Partner einen erhöhten Versorgungsbedarf bedingen. Eine Ausgestaltung der Hinterbliebenenrente, die Lebenspartner ausschließt, lässt dies außer Acht. Die Ungleichbehandlung von Ehe- und Lebenspartnern bei der Hinterbliebenenversorgung trifft deshalb gerade diejenigen überlebenden Partner einer Lebenspartnerschaft besonders hart, die - zum Beispiel wegen Kindererziehung oder weil der verstorbene Partner den Hauptteil der Kosten in der Versorgungsgemeinschaft bestritten hat - in einer vergleichbaren Situation sind wie Ehegatten mit einem erhöhten Versorgungsbedarf.
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Die Privilegierung der Ehe in der Hinterbliebenenrente wegen vermuteter Rücksicht auf einen typischerweise hier in besonderem Maße aus Gründen der Kindererziehung auftretenden Versorgungsbedarf ist auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil etwaige Kindererziehungszeiten oder ein sonstiger individueller Versorgungsbedarf unabhängig vom Familienstand konkreter berücksichtigt werden können, wie es sowohl im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung als auch in der Satzung der VBL bereits erfolgt ist.

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@3 Ganz einfach, eine Familie kann evolutionär biologisch bei Homosexuellen nicht gezeugt und gegründet werden, der Arterhalt spielt bei diesen keine Rolle. Doch gerade Familien und die Nachwuchszeugung sollen und müssen heute mehr denn je gefördert werden. Somit keinen Zuschlag für solche Konstellationen, ob nun als "hedonistische Lustgemeinschaften" oder als Lebenspartnerschaften, ist nur logisch. Familienförderung sieht eben schon aus evolutionärer Verantwortung anders aus, da kann man sich auch nicht mit bloß zeitgeistigen Bestrebungen entgegenstellen.

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